Klassische Konzerte sind immer ein Ereignis, schon bevor was gespielt wird. Das Wandeln im Foyer der architektonisch meist interessanten Gebäude bis zum Klingeln, das Gemurmel im Saal, der Kammerton, der durch den Saal schwingt und signalisiert: Jetzt geht es los. Herrlich!
Doch dann: Hustenalarm! Ich weiß, das Thema ist schon x-mal behandelt worden, zahllose Expert:innen wurden befragt, warum der Hustenreiz bei Mozart stärker ist als bei Helene Fischer oder im Kino. Trockene Raumluft, der Zwang zum Schweigen und Stillsitzen, der unbewusste Wunsch nach Kommunikation mit dem Huster auf dem ersten Rang durch Echohusten, die Lust am Mitsingen, die sich auf etwas verquere Weise äußert – alles Erklärungsversuche, die aber nicht wirklich das Problem lösen. Für die Menschen auf der Bühne ist es das auf jeden Fall, denn sie sind ja meist in höchster Anspannung. Vom Meister Alfred Brendel wird ja berichtet, dass er Hustende streng von seinem Flügel aus fixierte, bis sie still waren – oder sich vor Scham auflösten.
Seitdem ich das weiß, nehme ich Lutschware mit zum Kulturgenuss und achte darauf, dass sie nicht in knisterndes Papier eingewickelt ist. Ich trinke vor dem Konzert und in den Pausen. Ich versuche, bei aufkommendem Hustenreiz nicht in Panik zu geraten, sondern ruhig durch die Nase zu atmen, alle Feuchtigkeit im Mund zu sammeln und dann den Hustenreiz wegzuschlucken. Und ich rufe mir zur Entspannung einen wunderbaren Sketch von Loriot vor Augen, in dem er als Dirigent „Ases Tod“ aus Peer Gynt von Edvard Grieg anstimmt und immer wieder Husteneinsätze an im Saal verteilte „Solisten“ gibt. Wenn Sie ihn noch nicht kennen, schauen Sie mal bei YouTube nach. Und vielleicht können sie beim nächsten Konzertbesuch die Hust-Arien mit Humor nehmen. Aber Lachen bitte erst beim Schlussapplaus!
Stephan Kosch
Stephan Kosch ist Redakteur der "zeitzeichen" und beobachtet intensiv alle Themen des nachhaltigen Wirtschaftens. Zudem ist er zuständig für den Online-Auftritt und die Social-Media-Angebote von "zeitzeichen".