Alte Meister im Gartenreich

Die Anhaltische Gemäldegalerie in Dessau prunkt mit vorreformatorischer Cranach-Kunst
Seine Herkunft ist unbekannt. Erst seit 1817 lässt sich der so genannte Fürstenaltar (1510) von Lucas Cranach dem Älteren im Gotischen Haus in Wörlitz nachweisen.
Foto: Kathrin Jütte
Seine Herkunft ist unbekannt. Erst seit 1817 lässt sich der so genannte Fürstenaltar (1510) von Lucas Cranach dem Älteren im Gotischen Haus in Wörlitz nachweisen.

Die drei Männer sind gleichzeitig in Wittenberg tätig und kennen sich auch untereinander: der Maler Lukas Cranach der Ältere (1442–1553) und Friedrich der Weise mit seinem Bruder Johann dem Beständigen, zwei Kurfürsten von Sachsen. Weil ausgezeichnete Fachkräfte auch im 16. Jahrhundert begehrt sind, zieht es den Maler 1505 in die sächsische Residenz nach Wittenberg; er lässt sich dorthin berufen, wo er beinahe 50 Jahre für die Kurfürsten arbeiten wird, sie als Porträts vervielfältigt, sie auf Gemälde und Altäre bannt. Wie auch auf das so genannte Fürstenaltarbild aus dem Jahr 1509/1510. Doch das findet sich nicht in Wittenberg, sondern in der ehemaligen anhaltischen Residenzstadt Dessau, genauer in der Gemäldegalerie im Schloss Georgium. Einem klassizistischen Schloss, in dem eine erlesene Gemäldegalerie untergebracht ist. Selbst ein Haus mit Geschichte, das über Jahrhunderte lebt, sich verändert und seine Zeit überliefert.

Wie das heutige Prunkstück der Anhaltischen Gemäldegalerie, vierzig Kilometer von Wittenberg entfernt, nach Dessau gekommen ist, vermag Direktor Ruben Rebmann nicht zu klären. Er leitet seit fünf Jahren die Gemäldegalerie und weiß, das Hauptwerk seiner Dessauer Cranach-Sammlung ist erst seit 1817 im Gotischen Haus in Wörlitz nachweisbar. Noch weitere Gemälde Lukas Cranachs d. Ä. reihen sich im oberen Geschoss, doch der Fürstenaltar sticht hervor.

Jesus mit Apfel

Für wen das Triptychon auf Lindenholz gemalt wurde, ist kein Geheimnis, denn die beiden sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise und sein Bruder Johann der Beständige wurden als Stifter prominent in ewiger Anbetung auf den beiden Seitentafeln kniend ins Bild gesetzt.

Im Obergeschoss trifft der Besucher mittig auf Maria, flankiert von den Heiligen Katharina und Barbara. Auffällig ist ihre Mode des 16. Jahrhunderts, die beide tragen. Auf Marias Schoß sitzt das Jesuskind, das in der linken Hand einen Apfel hält, den Blick auf den Stifter gerichtet: Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen. Der rechte Flügel zeigt seinen Bruder, Johann den Beständigen. Hinter ihnen wachen ihre Schutzpatrone, die Heiligen Bartholomäus und Jakobus. Mit den beiden Heiligen des Hauptbildes bilden die Stifter ein Dreieck, an dessen Spitze die Gottesmutter Maria mit ihrem gnädigen Blick steht.

Einer Schatzkammer gleich

Jener Flügelaltar zählt zu den bedeutendsten Werken Lucas Cranach des Älteren. Er ist vor der Reformation entstanden, wahrscheinlich aus des Meisters eigener Hand, bemerkt der Kunsthistoriker Rebmann. Das Bild muss ursprünglich in einer Schlosskapelle oder in einer Kirche platziert worden sein, der Ort ist unbekannt. Nur eines der vielen unvermuteten Details, welche der aufmerksame Besucher beim Rundgang durch die reiche Präsentation altdeutscher und niederländischer Malerei hier im Georgium entdecken kann.

Gleich einer Schatzkammer begegnet man Werken von Dürer, Rubens, Breughel, Tischbein, Krüger, die man dort kaum vermutet. Die Gemäldegalerie geht zurück auf die Sammlung der Prinzessin Henriette Amalie von Anhalt-Dessau, die schon 1793 in Dessau eine erste öffentliche Kunstsammlung eröffnete. Viele Werke sind im 20. Jahrhundert in die Anhaltische Gemäldegalerie gelangt.

Am Ausgang dieses Kleinods eröffnet sich dem Besucher ein zweiter Ausflug in den Landschaftspark Georgengarten. Es erschließt sich ein weitläufiges Gartenreich im UNESCO-Weltkulturerbe, das sich hinaus bis zur Elbe zieht. In jedem Fall lohnt sich der Weg abseits ausgetretener Museumspfade mit großem Finale in die Natur nach englischem Vorbild.

Informationen
Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Puschkinallee 100,  06846 Dessau-Roßlau. 
Öffnungszeiten täglich von 10 bis 18 Uhr, dienstags geschlossen. Telefon: 0340 / 61 38 74
gemaeldegalerie.dessau-rosslau.de

 

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.

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