Der Mann mit der Goldhaube

Auf den Spuren von Jakob Fugger dem Reichen durch Augsburg
Blick in die katholische Fuggerkapelle der evangelischen Kirche St. Anna.
Foto: Veit-Mario Thiede
Blick in die katholische Fuggerkapelle der evangelischen Kirche St. Anna.

Der am vorletzten Tag des Jahres 1525 gestorbene Montanunternehmer und Großbankier Jakob Fugger erhielt wegen seines enormen Geschäftserfolgs den Beinamen „der Reiche“. Sein Reichtum ermöglichte es ihm, in Augsburg, wo er 1459 zur Welt kam, sehenswerte Stiftungen ins Leben zu rufen. An die 220 000 Besucherinnen und Besucher begrüßt heute alljährlich die Fuggerei. Mit dem Bau der ältesten noch bestehenden Sozialsiedlung der Welt begann Jakob Fugger 1516. Jede Wohnung der ockerfarben verputzten und mit grünen Fensterläden ausgestatteten einstöckigen Reihenhäuser hat einen eigenen Eingang. Jakob Fugger stiftete die Sozialsiedlung auch im Namen seiner bereits verstorbenen Brüder Georg und Ulrich für arbeitsame, aber bedürftige Augsburger Tagelöhner und Handwerker sowie deren Familien. Als Gegenleistung sollten sie die Jahresmiete von einem Gulden zahlen und täglich ein Vaterunser, ein Ave Maria sowie ein Glaubensbekenntnis für das Seelenheil Jakob Fuggers und seiner Familie beten. Bei den Gebeten ist es bis heute geblieben. Statt des Guldens sind 88 Cent Jahreskaltmiete zu bezahlen.

Heute leben rund 150 Menschen in der Fuggerei, die sich aus den Einnahmen der Stiftungswälder, Eintrittsgeldern und Spenden finanziert. Die Einzugsberechtigten müssen drei Bedingungen erfüllen: seit mindestens zwei Jahren in Augsburg leben, bedürftig und katholisch sein. Beim Einzug bekommt jeder Mieter ein gerahmtes Bild Jakob Fuggers. Was er damit gemacht hat, ist eines der Themen der ab 19. September in der Fuggerei laufenden Sonderausstellung „Kult und Kommerz. Jakob Fugger im kollektiven Gedächtnis“. Vorlage für die an die Bewohner ausgegebenen Fugger-Porträts ist das von Albrecht Dürer 1518 ausgeführte Bildnis, das Fugger mit venezianischer Goldhaube präsentiert. Seitdem gilt: kein Bildnis Jakob Fuggers ohne Goldhaube. Dürers Fugger-Porträt wird ab 12. Dezember in der Sonderschau „Der Reichtum der Kunst – Jakob Fugger und sein Erbe“ zu sehen sein, die im Schaezlerpalais laufen wird.

Mit 39 Jahren heiratete Jakob Fugger die 19 Jahre alte Sibylla Artzt. Die Ehe blieb kinderlos. Die von Jakob Fugger 1521 ausgestellte Stiftungsurkunde für die Fuggerei, die Fuggerkapelle in der Kirche St. Anna sowie die Prädikaturstiftung für St. Moritz unterschrieben und besiegelten daher neben ihm die ältesten Söhne seiner beiden verstorbenen Brüder. Die bis heute bestehende Prädikaturstiftung besagt, dass die Fugger einen Prediger der Moritzkirche bestimmen dürfen.

Wie seine Brüder Ulrich und Georg ist Jakob in der 1518 geweihten, bis heute katholischen Fuggerkapelle der gleichwohl schon lange evangelischen Annakirche bestattet. Dürer lieferte die Entwürfe der Epitaphe für Ulrich und Georg, deren Reliefs die Auferstehung Christi sowie den Kampf Simsons gegen die Philister zeigen. An Jakob Fugger erinnern gleich zwei Epitaphe. Beide weisen das mit zwei Lilien ausgestattete Wappen der Fugger auf. Den Mann mit der Goldhaube kann man auf dem von Jörg Breu dem Älteren bemalten rechten Flügel der großen Orgel als Beobachter der Himmelfahrt Christi ausmachen.

Beobachter der Himmelfahrt

Nicht weit von der Moritzkirche entfernt erstrecken sich die ab 1515 errichteten Fuggerhäuser. Hier verweigerte Luther 1518 dem päpstlichen Legaten Cajetan den Widerruf seiner Thesen. Die Fuggerhäuser erlitten wie auch die Fuggerei sowie die genannten Kirchen im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden und wurden in den 1950er-Jahren wiederaufgebaut. Die Fuggerei originalgetreu, die Fuggerhäuser vereinfacht.

Im Domviertel ist den Handelsfamilien der Fugger und Welser ein Museum eingerichtet. Jakob Fugger wird als führender Montanunternehmer und Darlehensgeber der Kaiser Maximilian I. und Karl V. vorgestellt. Für die Päpste transferierte er die Erlöse aus dem Ablasshandel über sein Netz von Handelsniederlassungen nach Rom. Wiederholt lädt die Ausstellung zum Aktivieren digitaler Bildangebote ein. So kann man etwa Albrecht Dürer und Jakob Fugger beim Gespräch über den Nutzen der Kunst belauschen.

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