Neue Kompositionen für Paul Gerhardt

Jazziger Barock für den Kirchentag mit dem Knabenchor Hannover
Im Raum verteilt klingt „Nun ruhen alle Wälder“.
Foto: Nils Ole Peters
Im Raum verteilt klingt „Nun ruhen alle Wälder“.

Bald öffnet der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover seine Pforten. Motto: mutig – stark – beherzt. Diesen Dreiklang hat der Knabenchor Hannover bereits verinnerlicht und kürzlich zwei wunderbare Generalprobenkonzerte für seinen Auftritt beim großen Glaubensfestival an der Leine hingelegt. Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten, und genauso lange dauert auch das „Paul-Gerhardt-Projekt“, das der Knabenchor jüngst gleich zweimal hintereinander zelebrierte.

Von der ersten Minute an reißen der Chor, das Alte-Musik-Ensemble la festa musicale und die Combo new eyes on baroque mit dem bekannten Jazzposaunisten Nils Landgren die Hundertschaften des begeisterten Publikums in der Galerie Herrenhausen mit. Alle Klassiker des nach Martin Luther wohl bekanntesten evangelischen Lieddichters Paul Gerhardt sind dabei: Fröhlich soll mein Herze springen, Kommt und lasst uns Christum ehren, Geh aus, mein Herz, und suche Freud und so weiter und so fort. Aber nicht nur die frohen Lieder, sondern auch die elegischen, wie Befiehl du deine Wege oder der Passionschoral O Welt, sieh hier dein Leben

Das Besondere ist: Die bekannten Weisen erklingen großteils in neuen Arrangements und Kompositionen, die extra für dieses Event und das Kirchentagskonzert am 3. Mai erstellt wurden. Fünf Komponisten der jüngeren Generation haben originelle, aber dabei nicht übermäßig avantgardistische Arrangements zu den zeitlosen Paul-Gerhardt-Liedern geschaffen, so zum Beispiel eine Kurzkantate zu Warum sollt ich mich denn grämen von Johannes Kohlmann und eine sehr stimmungsvolle Chormotette über das berühmte Abendlied Nun ruhen alle Wälder, zu dem sich der Knabenchor im ganzen Raum verteilt (Bild unten), oder die beeindruckende Chorbearbeitung eines Orgelwerkes von Johannes Brahms über Ich bin ein Gast auf Erden – beides Kompositionen von Andreas L. Beraldo.

In der zweiten Hälfte des besonderen Musikevents wird es dann jazziger, denn dann greifen Nils Landgren und seine Combo ein. Besonders berührend sind dann die Stücke, in denen der Knaben­chor, das Ensemble mit historischen In­strumenten und die Jazzer zusammenwirken, so zum Beispiel in einem beeindruckend smoothigen Chorsatz von Dominik Dietterle zu Lobet den Herren oder im enthusiastischen Schlussstück Nun danket all und bringet Ehr im Satz von Matthias Bucher.

Idee auf Radtour entstanden

Die Idee zu dieser besonderen Paul-Gerhardt-Revue kam Jörg Breiding, dem Leiter des Knabenchors, als er im vergangenen Sommer alleine eine Radtour von Hamburg nach Hannover unternahm. Erster Anlass ist das 75-jährige Bestehen des Knabenchors Hannover in diesem Jahr, zu dem es mehrere besondere Konzerte gibt. Für den Auftritt auf dem Kirchentag suchte er einen Roten Faden und fand – Paul Gerhardts Texte. Da war Breiding noch gar nicht bewusst, dass 2026, im nächsten Jahr, ein besonderes Paul-Gerhardt-Gedenkjahr anlässlich des 350. Todestags ansteht. Breiding stellte auch fest, dass es gar nicht so viele Kantaten oder Motetten zu den berühmten Texten gibt, und ließ seine Kontakte zu den Komponisten spielen. Die deutsche Kirchenmusikszene wird es ihm am Vorabend des Gedenkjahres danken – hoffentlich erscheinen die Noten rechtzeitig, das wäre wichtig!

Zunächst aber dürfen sich Breiding, der Knabenchor und beide Combos auf die Krönung ihres Projekts freuen: das große Konzert am Kirchentagssamstag in Hannover. Es sei wärmstens empfohlen! 

 

Informationen

Das Paul-Gerhardt-Projekt des Knabenchors Hannover ist am Samstag, 3. Mai um 20 Uhr im Rahmen des Kirchentags in der Halle 4 auf dem Messegelände zu hören.

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