Entschlossen

Neu: Bonhoeffers „Nachfolge“

"Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche. Unser Kampf heute geht um die teure Gnade. Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament.“ Es bleibt faszinierend, Dietrich Bonhoeffer im Original zu lesen. Denn das konnte der Theologe und Widerstandskämpfer gegen die NS-Diktatur, der wegen seines Einsatzes für die Freiheit in Deutschland von den Nazis, in diesen Tagen vor 80 Jahren, hingerichtet wurde. Bonhoeffer konnte schreiben. Er hatte die seltene Gabe, Dinge auf den Punkt zu bringen, und das ohne theologisches Wortgeklingel.

Nun ist Bonhoeffers wohl bekanntestes Buch Nachfolge neu aufgelegt worden. Das 1937 erstmals erschienene Werk hatte noch zu Bonhoeffers Lebzeiten zumindest in kirchlichen Kreisen eine große Wirkung, in diesem Werk konnte er noch alles selbst gestalten. Spätere, ähnlich starke Texte von ihm sind erst post mortem erschienen, manches schrieb er noch in seiner Kerkerzelle.

Doch schon die Nachfolge ist ein radikales Buch Bonhoeffers. Es ist geprägt von einem unmittelbaren, sehr persönlichen Glauben des Theologen an Christus und an die handlungsleitende Kraft seiner Bergpredigt. Beides wirkt noch heute furios. Da schrieb kein abgehobener, akademisch vorsichtig argumentierender Theologe, sondern ein Mann, der von Christus und seiner wohl wichtigsten Predigt, so sie denn im Kern richtig überliefert wurde, regelrecht in Flammen war. Und dies, obwohl er sowohl den Messias wie seine Botschaft natürlich seit seiner Kindheit schon tausendmal durchdacht hatte.

Bekannt ist die Aussage Bonhoeffers, die eine entscheidende Grundlage für die Nachfolge war, nämlich eine Art Erweckungs- oder Befreiungserlebnis während eines Aufenthalts in Gemeinden schwarzer Christen Anfang der 1930er-Jahre in New York. Rückblickend schrieb Bonhoeffer in einem Brief darüber: „Dann kam etwas anderes, etwas, was mein Leben bis heute verändert hat und herumgeworfen hat. Ich kam zum ersten Mal zur Bibel … Ich hatte auch nie oder doch sehr wenig gebetet. Ich war bei aller Verlassenheit ganz froh an mir selbst. Daraus hat mich die Bibel befreit und insbesondere die Bergpredigt. Seitdem ist alles ganz anders geworden.“

Bonhoeffer gab für Vikare der Bekennenden Kirche ab 1935 im illegalen Predigerseminar Finkenwalde fünf Halbjahreskurse zum Thema „Nachfolge“ – und was „Nachfolge“ für diese insgesamt 184 Vikare bedeuten konnte, war so hart wie klar: Verhöre durch Nazischergen, wahrscheinlich Zeiten der Haft und mindestens eine unsichere Zukunft als Pfarrer, da es unklar blieb, ob sie je eine feste Stelle finden würden. In Bonhoeffers Nachfolge spiegelt sich zwischen den Zeilen diese existenzielle Not und Entschlossenheit etwa in dem Satz: „Nur der Glaubende ist gehorsam, und nur der Gehorsame glaubt.“

Später distanziert sich Bonhoeffer sanft von der Nachfolge. In einem Brief aus der Haft notierte er am 21. Juli 1944, einen Tag nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler: „Ich dachte, ich könnte glauben lernen, indem ich selbst so etwas wie ein heiliges Leben zu führen versuchte. Als das Ende dieses Weges schrieb ich wohl die ‚Nachfolge‘. Heute sehe ich die Gefahren dieses Buches, zu dem ich allerdings nach wie vor stehe, deutlich. Später erfuhr ich und ich erfahre es bis zur Stunde, daß man erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben lernt.“

Dennoch, die Nachfolge heute zu lesen oder wieder zu lesen, bleibt ein immenser Gewinn. Es ist dem Bonhoeffer-Experten und Leipziger Theologen Peter Zimmerling als Herausgeber zu danken, dass er diesen Schatz erneut gehoben hat. Zimmerlings Einführung bringt Bonhoeffers Werk von 1937 zusätzlich zum Strahlen. Hoffentlich auch für eine neue Generation von Christenmenschen.

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