Frühlings-Funkeln

Momente der Extraklasse

Fühlen Sie solche inneren Bilder von zart, aber bestimmt einfliegendem Frühling – schwebend, aber als ein klares, unmissverständlich spürbares Signal? Das ist der Klang der Oboe. Xenia Löffler schenkt mit diesem Instrument und ihrer sublim beseelten Art, es zu spielen, solche Momente zuhauf – auch wieder auf dieser neuen CD, die, strahlend wie viele ihrer Schwestern vorher, diese Momente vergegenwärtigt klingender Wiederbelebung an einem Besonderen exerziert: Johann Sebastian Bach, dem Großmeister der Vermessung von Himmel und Erde. Faktisch besonders an dieser Aufnahme ist, dass alle ausgewählten Werke von Bach ursprünglich gar nicht für die Oboe vorgesehen waren – wie etwa die Sonate h-Moll, BWV 1030, Highlight der barocken Literatur für Traversflöte und obligates Cembalo. Die hier eingespielten Fassung Zwei basiert auf einer Abschrift, die erst nach dem Tode Bachs angefertigt wurde und so tief liegt, dass sie für die Oboe besser spielbar ist als für die Flöte dieser Zeit. Diesen Steilpass nimmt Xenia Löffler auf und zelebriert eine ungemein leuchtende Fassung, deren weite Bögen einem den Atem verschlagen. Überzeugend entschlackt sie das träumerische Siciliano von romantisierender Verzuckerung und beweist im abschließenden Presto nicht nur technische Bravour, sondern vor allem einen tänzerischen Habitus, mit dem sie über Wasser läuft.

Bravouröse Partnerin am Cembalo ist Flóra Fábri, die es versteht, Begleiterin und Führerin zugleich zu sein. Ihr Spiel ist geistreich in allen Facetten: con discrezione und pulsierend vital, womit sie in ein selten schönes Wechselspiel mit Xenia Löffler geht, das den Gestus der Sonate wesentlich trägt. Neben der g-Moll-Sonate finden sich außerdem die Sonata E-Dur BWV 1031, die Trio-Sonate e-Moll BWV 528 und die jede Stunde zu einem Fest werden lassende Trio-Sonate C-Dur BWV 529, die Bach eigentlich für die Orgel geschrieben, wohl aber (schon in Köthen) ursprünglich kammermusikalisch konzipiert hat. Hier gesellt sich Daniel Deuter an der Violine dazu. Sein Bogen geht mit viel Verve über die Saiten, bleibt aber immer samtig im Ton, nimmt jedes zugespielte Motiv, jede Parallelbewegung behänd auf und erweist sich als wunderbar wacher (Mit)spieler.

Das Schönste an dieser CD sind aber die Zäsuren zwischen den konzertanten Werken. Eine steht in der besonderen Besetzung und ihrem maigrün-weichen Timbre für sich: die Canzona BWV 588, ebenfalls ursprünglich für Orgel, arrangiert für ein Oboe-Fagott-Quartett, das Xenia Löffler und Michael Bosch an den Oboen sowie Györgyi Farkas und Großmeister Christian Beuse am Fagott in der fugalen Struktur hingebungsvoll musizieren. Und dann gibt es da diese drei wundervollen Orgelbüchlein-Adaptionen „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ (BWV 639), „Herr Gott, nun schleuß den Himmel auf“ (BWV 617) und „Wenn wir in höchsten Nöthen sein“ (BWV 641). Die funkeln am hellsten.

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