Es gibt Gefahren, die drohen nur Religionsredakteuren – es müssen, natürlich, exquisite sein. In eine solche geriet ich neulich in der Kathedrale Sankt Hedwig in Berlin-Mitte, deren Umbau mir übrigens gefällt (www.zeitzeichen.net/node/11499).
Als ich am Wochenende der Einweihung zufällig gegen Mitternacht am Gotteshaus vorbeiradelte (zuvor hatte ich, ungelogen, den Kinofilm „Konklave“ gesehen und von einem Bekannten die Geschichte seines Buchmanuskripts über Jesus gehört), sah ich noch Licht. Aus Neugier versuchte ich hineinzukommen. Und alle Türen waren offen! So stand ich plötzlich ganz allein im weißen Sakralraum. Spektakulär! Allein im Hause des Herrn. Nach etwa zehn Minuten wollte ich hinaus. Aber die Kirchentüren waren nun: zu! Ich war eingeschlossen!
Alles kein Drama, im Vorraum der Kirche war es warm, es gab Licht, ich hatte ein Handy. Aber was tun? Nach langem Grübeln rief ich den armen Pressesprecher des Erzbistums an, dessen Nummer ich habe. Er ging nicht ran, verständlich. Ich überlegte weiter, fand aber am Ende keine andere Lösung als den Notruf der Polizei. Die kam nach einer halben Stunde. Ein Polizist telefonierte vor der Tür viel, erwog, so erklärte er mir durch Rufen, den Einsatz der Feuerwehr. Aber das geht doch nicht: Man kann doch nicht die ganz neuen Türen für meine Rettung schon wieder demolieren!
Der Polizist rief mir zu, es komme wohl auch in etwa einer Stunde jemand, der die Türen öffnen könne. Nur Geduld. Doch plötzlich sah ich die Lichtkegel der Taschenlampen von zwei anderen Polizisten, die über die Krypta herauf in den Vorraum kamen. In der Unterkirche gab es noch einen Zugang über eine schlecht abgeschlossene Baustelle. Danke den säumigen Bauarbeitern! Sie waren so etwas wie meine Schutzengel in dieser Nacht. Und dies war mein kleines Wunder im Hause meines Herrn.
Philipp Gessler
Philipp Gessler ist Redakteur der "zeitzeichen". Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Ökumene.