Diese Geschichte zeigt, im Jahr 1971 ist der Bauer noch ein Mann, hinter dem die Familie steht, der Pfarrer ist für die Gemeinde da und seine Frau auch, ob sie will oder nicht. Dazu ein kleines Dorf, darin nicht nur zwei Leben, sondern gleich zwei Lebenswelten.
Roberta, die Bauerntochter, kommt aus der Stadt zurück, wo sie eine Schneiderlehre machte, sie träumt von Paris und Haute Couture. Gertrud, die Pfarrersfrau, ist vor Jahrzehnten im Dorf hängen geblieben und träumt von Hamburg, der Großstadt, aus der sie stammt. Zwischen Pflicht und Traum bewegen sich beide Frauen, was sie verbindet, ist der Pfarrerssohn Wilhelm, den Roberta leidenschaftlich liebt.
Es gibt Menschen rundum, ihren Opa, der mit Geschichten aus seinem Leben überrascht, ihre einfach gestrickten Eltern, ihr homosexueller Bruder und Robertas Neigung, sich ihr Leben schön zu reden. Das schafft Gertrud, die ältere Frau, nicht, der man in die Erzählung hineinrufen möchte: Geh oder bleib, hör auf zu klagen! Nun, sie geht, und zwar mit ihrem Bruder in einen längeren Urlaub, geht auch fremd, kommt zurück und ändert nichts. Der Autor, Ewald Arenz, schildert das alte Dorfleben präzise, führt lange in die Landschaft ein, was anfangs beim Zuhören etwas ermüdend wirkt. Dazu sehr viel Idylle, Naturverbundenheit und nostalgische Schilderungen der Landwirtschaft, von der Sprecherin Ulrike Kapfer mit warmer Stimme erzählt. Und wenn da nicht die Wende in der Mitte der Erzählung wäre, hätte man sich beinah einlullen lassen vom Idyll. Plötzlich nimmt die Geschichte Fahrt auf, es gibt allerlei Tragisches, ein Unglück, und am Ende Trauriges. Alles anzuhören in gut zehn Stunden.
Angelika Hornig
Angelika Hornig ist Journalistin und beschäftigt sich vor allem mit kulturellen Themen. Sie lebt und arbeitet in Minden.