Heilsam ohne Worte

Edler Universalklang à trois

Der klingende Einstieg in das neue Jahr ist ein meditierendes, wortloses, gleichzeitig unbeirrt beredtes Wandern zwischen Zeit und Ewigkeit. Schon das Cover dieser universell eingehausten CD öffnet mit den drei Granitfelsen, den „Türmen des blauen Himmels“ im chilenischen Torres del Paine, die Schatzkammer der Assoziationen. Steinerne, von der Zeit unangetastete Urgewalt wird zum Symbol für … – ja: Wofür? Für das Ziel der Reise? Oder für die unerschütterliche Basis, von der aus die Reise beginnt?

Die drei Pilger dieser den Sternenhimmel der Zeit öffnenden CD – Gitarrist Arne Jansen, Kontrabassist Anders Jormin und Saxophonist Uwe Steinmetz – sind allesamt erprobte und erfolgreiche Wanderer im Klangraum von Klassik, Jazz und Weltmusik. Sie haben alles durchmessen und gezeigt, was ihre Instrumente und ihr Spiel so besonders und einzig macht, haben ihre Fingerfertigkeit ebenso unter Beweis gestellt wie ihre Wandlungsfähigkeit, ihre handwerkliche Raffinesse auf der Klaviatur der Stile wie ihren künstlerischen Kraftquell. Was und wie sie sich hier nun offenbaren, ist ein Bloßlegen, ein Entschlacken bis auf den nackten, stummen Stein – aber der spricht, der stammelt, ohne zu stottern, die Urlaute des Seins in aller Wesentlichkeit: drei in eins und immer einer gehalten durch die anderen, sodass jeder Klang ganz in seiner Kraft ist, sich im Zusammenspiel alle mit tänzerischer Leichtigkeit aufeinander zubewegen und daraus ein Ganzes und Gemeinsames von tragfähiger Schönheit wird.

Der Aufschlag, Ariel Ramírez’, „La Peregrinación“ im Arrangement von Anders Jormin, gibt weise die Richtung der CD an: Leichtfüßig wandert Anders Jormin über Stock und Stein, schwebend reiht sich Arne Jansen ein – und wenn sich Uwe Steinmetz dazugesellt, nehmen ihn die beiden anderen fraglos selbstverständlich in ihre Mitte – und nehmen den Weg ohne Gleichschritt, aber im gleichen Takt. Im Nebeneinander wissen sie ein Miteinander zu kreieren, das von tiefem gegenseitigem Verständnis, von hörender Balance geprägt ist, die keiner weiteren Verständigung bedarf als eines großen Vertrauens ineinander – und in ein Größeres. 

Davon erzählt gleich das nächste Stück, Arne Jansens staunend schönes „He who counts the stars“, das mit seinem traumwandlerischen Motiv in seiner rituellen Schlichtheit eine zweite Grundweisheit dieses außergewöhnlich kontemplativ-kreativen Opus’ aufscheinen lässt: Nichts muss, alles kann. Im Weniger klingt mehr. Am Ende alles Wissens und Könnens dreht sich das Rad wieder auf Anfang, führt der Weg zurück ins Spiel mit der Einfachheit des Klaren, dem Uwe Steinmetz mit „The Promise“ eben dieses Versprechen gibt: aller Eitelkeit zu entsagen und sich dem Wesentlichen zuzuwenden in der ihm innewohnenden individuellen Gestalt. Die CD ist eine Einladung zu einer Wegstunde voll innerem Leuchten und Lächeln. Heilsam ohne Worte.

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