Ein netter Vormittag

Die Mitglieder der UEK-Vollkonferenz versammelten sich in Würzburg
Teppich aus dem maritim-Hotel Würzburg, November 2024
Foto: privat
Teppich im Saal Barbarossa im Maritimhotel Würzburg, November 2024

Auch die Synodalen aus den Gliedkirchen der UEK, dem Verbund der unierten Landeskirchen, trafen sich im Rahmen der verbundenen Synodentagung in Würzburg. Aber sie taten es in besonderer Weise freiwillig, denn gremial gibt es auf dieser Ebene momentan nichts Zwingendes mehr zu regeln. Impressionen eines entspannten Vormittags.

Der 11. November ist ein Tag, an dem Heiterkeit durchaus ihren Raum haben kann. So auch zum Beginn des Treffens der Synodalen aus den unierten Gliedkirchen aus dem Raum der UEK am gestrigen Montag, denn es ging in der die „UEK-Versammlung“ eröffnenden Andacht zunächst um die verschiedenen Teppichmuster des Tagungsortes, der Würzburger Maritim-Hotels. Dann aber bog die Synodale Isabel Schneider-Wölfinger doch in ernsthaftere Teppichregionen ab, indem sie über ein Kunstwerk in Form eines Teppichs nachsann, der im Bendlerblock in Berlin zu sehen ist, dass einem Luftbild des zerstörten Berlins von 1945 nachgeformt ist.

Des Namensaufrufs aber, etwaiger Abstimmungen oder ähnlicher Prozeduren ist die UEK seit zwei Jahren ledig, hat sie doch bei der Versammlung der Vollkonferenz der UEK 2022 in Magdeburg mit großer Mehrheit beschlossen, dass man für den Rest der Amtsperiode eigentlich nicht mehr eine offizielle, synodenähnliche Tagung der Vollkonferenz abhalten müsse, sondern die diesbezüglichen Aufgaben des Jahresgeschäftes dem Präsidium und in großen Teilen sogar auf den vierköpfigen Vorstand zu übertragen. Insofern solle die Vollkonferenz dann nur noch tagen, „wenn es das Präsidium“ für notwendig erachtet. 2027 soll auf jeden Fall nochmal offiziell eine Vollkonferenz einberufen werden, die dann beschließen könnte, diesen Modus fortzusetzen oder gegebenenfalls sogar noch weitere organisatorische Einleibungen in die EKD vorzunehmen. Aber bis dahin: Alles ad libitum.

Schon 2023 in Ulm erachtete es das Präsidium aber für billig und heilsam, am Montagvormittag ein Programmangebot für die inmitten der EKD ja sowieso anwesenden Mitglieder der Vollkonferenz vorzuhalten (siehe dazu ausführlicher hier). Ansonsten hätten die UEK-Mitglieder, die ja alle auch in Personalunion EKD-Synodale sind, einen freien Vormittag, den sie zu einem Einkaufsbummel in Würzburg hätten nutzen können – auch schön, was aber Neidreflexe bei den nebenan Gesetze verabschiedenden EKD-Kolleg:innen mit VELKD-Kennung hätte hervorrufen können. So hatte man sich  nach den ermutigenden Erfahrungen von 2023 entschieden, wieder im Format der regelfreien „UEK-Versammlung“ zusammenzukommen, um ökumenische und theologische Arbeit zu präsentieren und selbst zu leisten.

Letzte mündliche Einführung

In seinem letzten mündliche Einführung in den Bericht des UEK-Präsidiums schilderte der scheidende UEK-Vorsitzende, der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung, die Entwicklungen im Bezug auf das bisher in UEK-Trägerschaft befindliche Predigerseminar in Lutherstadt Wittenberg. Der Auslöser, so Jung, sei allerdings kein erfreulicher, nämlich der Ausstieg der sächsischen Landeskirche aus der dortigen Ausbildungsgemeinschaft mit drei UEK-Kirchen aus Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Diese verbleibenden Ausbildungskirchen aber werden das Seminar in eigener Rechtsträgerschaft weiterführen. Aber immerhin haben Kirchenkonferenz und Rat der EKD jüngst beschlossen, die Präsenz der EKD in Wittenberg zu erhalten und dort dauerhaft Verantwortung für die Erhaltung und Pflege des reformatorischen Erbes am Ursprungsort der Reformation wahrzunehmen. Jung: „Damit werden viele Zuständigkeiten, die jetzt noch bei der UEK liegen, auf die EKD übergehen.“ Prima, wieder was UEK-mäßiges geschafft!

Jung nutzte auch dieses Jahr die Gelegenheit, die Absichten bezüglich des Aggregatzustandes der Entität UEK (in ganzen Worten: Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland) zu formulieren. So habe man gegenüber dem Präsidium der lutherischen Gliedkirchen im Raum der VELKD nochmal verdeutlicht, „dass es uns bei der Integration nicht um eine Auflösung der UEK geht, die sie zum Verschwinden bringt, sondern um eine Integration, bei der die UEK innerhalb und als Teil der EKD existent, sichtbar und handlungsfähig bleibt.“ Aber schon gar nicht ginge es, wie von manchen in der VELKD vermutet oder auch befürchtet war, um eine „UEK-dominierte EKD“, sondern: „Uns liegt daran, die konfessionelle und konfessionskulturelle Vielfalt im deutschen Protestantismus zu erhalten und nach dem Modell der Leuenberger Konkordie zu leben und auch zur Wirkung zu bringen.“ Selbstverständlich, so Jung, sei die VELKD eingeladen, „für sich zu prüfen, ob und wie sie diesen Weg mitgehen möchte“. 

Neben Jung gab seine designierte Nachfolgerin im kirchenleitenden Amt in der EKHN, Christiane Tietz, in ihrer (Noch-)Eigenschaft als Vorsitzende des Theologischen Ausschusses ein kurzes Update – ebenso wie Pfarrer Carsten Haeske, der Vorsitzende des Liturgischen Ausschusses der UEK. Haeske berichtete, man habe vor dem Hintergrund der ForuM-Studie das Thema „Trauma- Sensibilität gottesdienstlicher Vollzüge“ diskutiert habe. So sei es wichtig, in der liturgischen Arbeit auf die Anwesenheit von Betroffenen in Gottesdiensten zu achten. Haeske: „Aspekte wie die liturgische Sündenfreisprechung, die Vergebungsbitte im Vaterunser, körperliche Berührungen beim Friedensgruß oder das Hinknieen bei Segenshandlungen können als sehr problematisch wahrgenommen werden.“ Dies müsse auch Folgen für die Gestaltung und Überarbeitung von Liturgien haben, so der Vorsitzende. Nun, man darf gespannt sein. 

„Was fehlt, wenn Gott fehlt?“

Ebenfalls gespannt sein darf man auf die neue Veröffentlichungen des theologische Ausschuss der UEK die den Titel „Was fehlt, wenn Gott fehlt“ trägt und die im Jahr 2026 erscheinen soll. Tietz, die bis Anfang 2025 noch als Professorin für Systematische Theologie in Zürich wirkt, teilte unter anderem ihre Beobachtung mit, dass ein interreligiöses Gespräch immer dann „besonders herausfordernd“ sei, wenn man durch die „aufmerksame Wahrnehmung der anderen Religion“ besser kennen- und verstehen gelernt habe und „zugleich auf einen Aspekt der eigenen Religionen anders aufmerksam wird". 

In diesem Zusammenhang berichtete Tietz von einem Besuch des muslimischen Religionsphilosophen Ahmad Milad Karimi im Ausschuss. Für islamisches Denken sei wichtig: „Der Mensch genügt sich selbst nicht. Gott ist die „Sehnsucht der Schöpfung“. Und Mensch ist, wer in und aus der Sehnsucht nach Gott lebt. Der Mensch braucht aus islamischer Sicht Gott, um das zu werden, was er werden soll.“ An Karimis Vortrag so Tietz, sei deutlich geworden: „Bei der Sehnsucht nach Gott, beim Fehlen Gottes geht es nicht zwingend um ein Defizit. Denn auch Gott ist in seiner Sehnsucht nach dem Menschen, wenn ihm der Mensch fehlt, nicht als solcher defizitär. Wohl aber fehlt Gott diese erwiderte, gegenseitige Beziehung mit uns. Wir fehlen Gott, ohne dass Gott ohne uns defizitär wäre. Umgekehrt kann man sagen: Wenn uns Gott fehlt, dann muss das nicht defizitär sein; aber Gott fehlt eben.“ Ein Satz, mit dem so schnell nicht fertig wird …

Highlight aus der Ökumene

Als Highlight konnte die UEK dann einen prominenten Gast aus der Ökumene begrüßen, nämlich Kirchenpräsidentin Karen Georgia Thompson von der United Church of Christ, der Partnerkirche aus den USA. Sie hielt einen Vortrag, in dem sie zum einen zum einen Grunddaten ihrer Kirche vorstellte und zum anderen eindrucksvolle eigene theopoetische Texte entfaltete, zum Beispiel eine Meditation über Hesekiel 3 unter dem Titel „Blooming Bones“ (siehe hier Facebookeintrag). Und natürlich sprach sie auch zur Situation nach dem Wahlsieg Donald Trumps und ließ inmitten ihres Vortrags Ihre Ansprache am Morgen nach der Wahl Trumps aus der vergangenen Woche der UEK-Versammlung vorführen (Video siehe hier). Welch eindrucksvoll klare Analyse!

Mit einem Vortrag samt Gruppenarbeit zum Schwerpunktthema der verbundenen Tagung „Migration, Flucht und Menschenrechte“ unter Leitung des Alttestamentlers Thomas Naumann von der Universität Siegen ging dann der knapp vierstündige UEK-Treff am Synodenmontag zuende. Was bleibt aus der Perspektive des Beobachters: Eigentlich ein netter Vormittag! Und wer von der UEK künftig trotzdem lieber shoppen oder nächstes Jahr den Wellnessbereich des Maritim besuchen will – der/die kann es ja tun. Keine Anwesenheitsliste wird es dokumentieren, oder anders ausgedrückt: Die UEK als Sitzungsgruppe ist ein freibleibendes Angebot.

PS: Natürlich gab es ein paar Wortmeldungen Unerbittlicher, denen selbst diese entschlackte Form des Zusammenseins im Rahmen der UEK auf die Kette ging und die weitere sicht- und fühlbare Einleibung in die Strukturen der EKD forderten und die sich daran stießen, dass das Schwerpunktthema an drei verschiedenen Orten behandelt würde. O-Ton eines Synodalen: „Als ich die Tagesordnung gesehen habe: „Absurd!“ Und eines anderen: „Wir brauchen mehr Theologie im Raum der EKD“. Die badische Landesbischöfin Heike Springhart regte ob des Genöles an, man könne doch zusammen mit den Anderen (also den VELKD-gelesenen EKD-Synodalen) künftig am Eröffnungsfreitag einen gemeinsamen Studientag veranstalten. Demgegenüber gab Volker Jung zu bedenken, dass der dann vielleicht nicht so gut besucht sei, weil dann alle erst abends anreisen würden. Eine Gedanke, der (leider) plausibel klang.

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