Ein Film zum Frohlocken

Die Geschichte von Bachs Weihnachtsoratorium als ARD-Fernsehfilm
Das Weihnachtsoratorium muss fertig werden! Familie Bach im Stress. In der Mitte: Anna Magdalena Bach (Verena Altenberger).
Foto: ARD
Das Weihnachtsoratorium muss fertig werden! Familie Bach im Stress. In der Mitte: Anna Magdalena Bach (Verena Altenberger).

Am 18. Dezember sendet das ARD zur Primetime um 20:15 Uhr einen Spielfilm rund um die Uraufführung von Bachs „Weihnachtsoratorium“ im Jahr 1734. zeitzeichen-Chefredakteur Reinhard Mawick konnte den Film, der unter Federführung der EIKON Media GmbH entstand, vorab sehen. Er ist begeistert von einem herzrührenden Film für die ganze Familie. 

Allem Traditionsabbruch zum Trotz boomt das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach: „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage“ – jedes Jahr sind die Kirchen und Konzertsäle voll, in denen das in Deutschland wohl bekannteste Werk des berühmten Thomaskantors erklingt. 

Aber wie trug es sich eigentlich genau zu, damals an Weihnachten anno 1734 bei der Leipziger Uraufführung des „WO“, wie Bachfreaks das Werk gerne nennen? Von der Erstaufführung der Johannespassion zehn Jahre zuvor weiß man zumindest von den Querelen vor Uraufführung, die Bach mit seiner kirchlichen Obrigkeit hatte: Er wollte die Aufführung in der Thomaskirche stattfinden lassen, aber anno 1724 war mit der Passion die Nikolaikirche an der Reihe. Von den Umständen des ersten Weihnachtsoratoriums zehn Jahre später hingegen weiß man nichts, es gibt bisher dazu keinerlei Quellen. Den Umstand mögen Bachforscher bedauern, aber andererseits ist das ein großes Glück, denn so bleibt genügend Raum für Drehbuchautor Christian Schnalke und Regisseur Florian Baxmeyer, um die Tage vor der Uraufführung in einen wirklich schönen Fernsehfilm zu kleiden, produziert unter Federführung der EIKON Media GmbH. 

Die Figur des Johann Sebastian Bachs verkörpert bravourös Starschauspieler Devid Striesow, der bereits erfolgreich 2017 in „Katharina Luther“ als Reformator Martin Luther agierte. Verena Altenberger spielt (hinreißend!) Bachs Frau Anna Magdalena, und die echten Thomaner von heute spielen die Thomaner von damals. Kern der Story: Christian Ludwig Stieglitz, der „böse“ Ratsherr der Stadt Leipzig, will die Aufführung des von Bachs Oratorium in letzter Minute verbieten, denn er ist es leid, dass Bach immer so „opernhafte Kantaten“ schreibt. O weh, das gibt Ärger! Aber, kleiner Spoiler zur Beruhigung, es gibt natürlich ein Happy End … 

Devid Striesow ist Johann Sebastian Bach.
Foto: ARD

Devid Striesow ist Johann Sebastian Bach.

„Opernhaftig!“ – Er will die Aufführung des Weihnachtsoratoriums verhindern: Ratsherr Stieglitz (Thorsten Merten)
Foto: ARD

„Opernhaftig!“ – Er will die Aufführung des Weihnachtsoratoriums verhindern: Ratsherr Stieglitz (Thorsten Merten)

Die Handlung trägt sich in den drei Tagen vor der Aufführung der ersten Kantate im Weihnachtsgottesdienst am 25. Dezember zu und verbindet Berührendes und Dramatisches aus Bachs großer Familie: Vater-Sohn-Konflikte zwischen Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel, Unstimmigkeiten zwischen „CPE“ und „WFB“, also Vaters Lieblingssohn Wilhelm Friedemann, und dann die dunklen Ängste der schwangeren Anna Magdalena Bach vor einer erneuten Fehlgeburt. Ja, geht es in den 90 Fernsehminuten sehr anrührend, emotional und dramatisch zu, aber: keinesfalls tragisch. 

Besonders fein- und tiefsinnig zeichnen Drehbuch und Regie die Rolle des dritten Bachsohns Gottfried (1724-1763), der eine wichtige Scharnierfunktion für die Gesamthandlung zukommt. Dieser unbekannte Bachsohn, den sein berühmter Bruder Carl Philipp einst als „genial“ bezeichnete, machte, so ist den spärlichen Quellen zu entnehmen, als Erwachsener später keine eigenständige Karriere, sondern verblieb bis zu seinem Tod mit 39 Jahren in der Obhut seiner Familie. Der alten Bachforschung galt er deshalb als behindert, aber heute glaubt man eher, dass Gottfried Bach unter einer besonderen Form der Melancholie litt. Im Film wird der Zehnjährige vom Kinderdarsteller German von Beug (Jahrgang 2011) verkörpert. Schon allein von Beugs berührendes, tiefgründiges Spiel setzen dem Film viele Glanzlichter auf! 

Berückender Sänger und heimlicher Held: Bachs dritter Sohn Gottfried (German von Beug)
Foto: ARD

Berückender Sänger und heimlicher Held: Bachs dritter Sohn Gottfried (German von Beug)

Schmerz um die gestorbenen Kinder: Anna Magdalena Bach (Verena Altenberger) und Carl Philipp Emanuel Bach (Ludwig Simon).
Foto: ARD

Schmerz um die gestorbenen Kinder: Anna Magdalena Bach (Verena Altenberger) und Carl Philipp Emanuel Bach (Ludwig Simon).

Übrigens: Als kompetenten Berater des Films wirkte im Hintergrund der Musikwissenschaftler und bekannte Musikjournalist Bernhard Schrammek. Er wachte darüber, dass trotz des fröhlichen Erfindens der Details der historische Rahmen und die Handlung nicht ins Märchenhafte abgleitet. Kleine Schnurre für Feinschmecker: Dass Johann Adolf Hasse (1699–1783), der berühmte Dresdner Hofkapellmeister, im Film zur Uraufführung anreiste, wie es im Film dargestellt wird, könnte zumindest anhand der überlieferten Reiseplänen des Musikers denkbar gewesen sein. Also: Why not? 

„BACH – Ein Weihnachtswunder“ kann nur wärmstens empfohlen werden, es ist im besten Sinne ein Film für die ganze Familie, und, das ist wichtig zu betonen: Es kommt durchaus und immer wieder Musik vor, aber er ist voll und ganz auch für Menschen geeignet, die – so unverständlich es den Bachianern dieser Welt erscheinen mag – die Musik des großen Thomaskantors lieber nur in homöopathischen Dosen genießen. Lediglich am Ende gibt es mal etwas länger „WO“ am Stück – großartig!

(„BACH - Ein Weihnachtswunder“ wird am 18. Dezember um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist bereits ab 13. Dezember in der ARD-Mediathek zu sehen)

Blick von der Empore: Wird die Aufführung gelingen? Johann Sebastian Bach (Devid Striesow) und seine Thomaer (dargestellt vom aktuellen Thomanerchor)
Foto: ARD

Blick von der Empore: Wird die Aufführung gelingen? Johann Sebastian Bach (Devid Striesow) und seine Thomaer (dargestellt vom aktuellen Thomanerchor)

Halleluja, das Weihnachtsoratorium – es ist vollbracht! Familie Bach am Weihnachtsbaum.
Foto: ARD

Halleluja, das Weihnachtsoratorium – es ist vollbracht! Familie Bach am Weihnachtsbaum. 

 

 

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.

Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Kultur"