Die evangelische „Sonne unter Mond und Sternen“

Die fränkische Metropole Nürnberg lädt im Juni zum Evangelischen Kirchentag ein
1235 erstmals urkundlich erwähnt: Die Lorenzkirche mit dem Engelsgruß von Veit Stoß (1517/18).
Foto: Timo Lechner
1235 erstmals urkundlich erwähnt: Die Lorenzkirche mit dem Engelsgruß von Veit Stoß (1517/18).

Mehr als vierzig Jahre, nachdem der Evangelische Kirchentag 1979 letztmals in die mit rund 530 000 Einwohnern zweitgrößte Stadt Bayerns lockte, findet nun der 38. Evangelische Kirchentag vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg statt . Die Veranstalter rechnen mit rund 100 000 Besucherinnen und Besuchern zu den 2 000 Veranstaltungen. Für Viele ist Nürnberg nach wie vor der Inbegriff des protestantischen Bayerns.

Woher kommt das – und stimmt das eigentlich (noch)? Fragt man Jürgen Körnlein, dann erfährt man ein klares „Jein“. Der Stadtdekan Nürnbergs, in dem derzeit etwa 124 000 Protestantinnen und Protestanten in 46 Kirchengemeinden leben, die wiederum in fünf Prodekanaten organisiert sind, bekennt: „Wir sind als Kirche da für die Menschen in der Stadt – egal, was sie glauben. Wir wollen diesen Geist Jesu verkörpern.“ Allerdings weiß er auch, dass die „Goldenen Zeiten“ lange zurück liegen. Aber die waren eigentlich noch nie so gülden, wie der Nimbus des „evangelischen Nürnbergs“ glauben machen will.Schon seit langem ist das Verhältnis von Christen beider Konfessionen in etwa gleich, mit einem leichten Vorsprung der Protestanten. Bei der letzten Erhebung im vergangenen Jahr stellten beide Kirchen aber erstmals weniger als die Hälfte der Einwohnerzahl Nürnbergs.

Katholiken und Protestanten teilen sich in der 1050 erstmals urkundlich erwähnten Stadt das Andenken an einen der Stadtpatrone: den Heiligen Sebaldus. Der sagenumwobene Priester und Wohltäter soll im 11. Jahrhundert gelebt haben und ist in der evangelischen Kirche St. Sebald in einem monumentalen, bronzenen Grabmonument von Peter Vischer bestattet.

Blütezeit und Verwerfungen

Wer wissen will, warum der fränkischen Metropole heute noch gerne das Etikett „evangelisch“ angehängt wird, muss in die konfessionelle Geschichte Nürnbergs blicken. 1525 wird in Nürnberg die Reformation eingeführt, nachdem der Rat am 21. April das Verlesen katholischer Messen verboten hatte. Schon ein Jahr zuvor war die neue Kirchenordnung in St. Sebald und St. Lorenz praktiziert worden, nachdem Pfarrer Andreas Osiander als Anhänger Martin Luthers dessen Lehren dort verbreitet hatte. „Nürnberg leuchtet in ganz Deutschland, wie eine Sonne unter Mond und Sternen“, soll der Reformator einst über die Reichsstadt gesagt haben. Klöster werden aufgelöst, in der Mitte des 14. Jahrhunderts erbauten Frauenkirche am Hauptmarkt wird ab sofort evangelisch gepredigt.

Für die Stadt Nürnberg beginnt eine wahre Blütezeit. Handelswesen und Erfindergeist florieren, beflügelt von den neuen Ideen. „Mit der protestantischen Lehre zieht auch ein soziales Bewusstsein und Wohlfahrtswesen in die Stadt ein, das es so noch nicht gegeben hat“, erklärt Jürgen Körnlein. Politisch schwand allerdings die Bedeutung der Stadt. Mit Bekenntnis und Weltsicht des katholischen Kaisers kamen die Nürnberger zwangsläufig in Konflikt. Das führte auch gerade während des Dreißigjährigen Krieges zu Verwerfungen in der Stadt. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts können Katholiken wieder ein Bürgerrecht in der Stadt erwerben. Ab 1810 ist dann auch die Frauenkirche wieder katholisch, 1816 wird die erste Messe nach rund 300 Jahren gefeiert.

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