Sichtbares Wort

Andachten und geistliche Impulse

Bischöfliche Predigten, Andachten und geistliche Impulse von Jochen Cornelius-Bundschuh haben Annegret Brauch und André Kendel, Mitarbeitende im Karlsruher Bischofsbüro, zu dessen Abschied aus dem Amt des Badischen Landesbischofs herausgegeben. Sie zeigen einerseits die Vielfalt von bischöflichen Predigtorten und -anlässen wie Festgottesdienste, Jubiläen, Eröffnungen von Synoden, von ökumenischen, diakonischen oder länderübergreifenden Konsultationen, eines Heidelberger Wintersemesters, zur Konstituierung des Landtags, aber auch Andachten im Karlsruher Oberkirchenrat, in einer koreanischen Gemeinde oder in zoom-Formaten sowie eine Ansprache bei einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe von baden-württembergischen Ministerien und Kirchen. Andererseits sind theologische und homiletische Grundzüge des Bischofs zu entdecken, der gleichzeitig auch appellativer Professor für Praktische Theologie ist.

Den treffenden Titel bezeichnet Heinrich Bedford-Strohm in seinem Vorwort als kürzeste Zusammenfassung der „Grundlage bischöflichen Wirkens“, die zugleich die „geistliche Verwurzelung“ der öffentlichen Äußerungen Cornelius-Bundschuhs auch in gesellschaftlichen Streitfragen explizit erkennbar macht. Die Titel ist eine Anlehnung an 2 Korinther 5,14, mit dem bekanntlich der dichte paulinische Abschnitt zur Versöhnung beginnt. Zu dieser Perikope, teils in leicht veränderter Abgrenzung, finden sich im Band drei recht unterschiedliche Predigten: eine zu Karfreitag, eine an der deutsch-französischen Grenze zur Erinnerung an das Ende des 1. Weltkriegs und eine zum Gedenktag der Reichspogromnacht. In der Karfreitagspredigt wird der titelgebende Vers variiert: Die Liebe Christi drängt mitten in der Not zu einer neuen Wirklichkeit, zu einem neuen Miteinander, zur Versöhnung und zu vielen Schritten in der Nachfolge. In einer anderen Predigt heißt es: Sie drängt uns, will uns in Bewegung setzen, den Glauben an die Liebe Christi in die Welt zu tragen; sie drängt uns auf den Weg der Gerechtigkeit.

Dem Prediger ist hier nicht das Drängen als solches entscheidend, sondern die orientierende Leitfrage: Wohin drängt uns die Liebe Christi? Seine Predigten lese ich auch sprachlich gerade nicht als drängend, sondern stets als einladend, nachdenklich, das Alltäglich-Gewohnte in Frage stellend. Der Prediger wirbt um Bescheidenheit, Nüchternheit und Zurückhaltung im Urteil, nennt die Nöte – sowohl persönliche wie gesellschaftliche – stets klar beim Namen, wehrt das Einsortieren in richtig und falsch oder in wir und die anderen ab, widerspricht damit moralischem Rigorismus und versteht die Liebe Gottes in Christus durch den Heiligen Geist als raumöffnend. In diesem Raum können Menschen und Kirchen gemeinsam Gottesdienst feiern, aber auch Streitfragen diskutieren und konkretes Handeln, auch ökumenisch, ökologisch und „enkeltauglich“ (einmal erzählt der Prediger auch vom gemeinsamen Urlaub auf dem Bauernhof mit seinem Enkel) einüben.

In diesen Predigten wird eine Kirche des Wortes sichtbar, die im genauen Hören auf die Heilige Schrift und in bewusster Zeitgenossenschaft nach der Liebe Christi mitten im Leben fragt, sie erkundet, von ihr erzählt und zuversichtlich predigt. Eine solche Kirche und solche Predigten sind auch weiterhin dringend nötig. Ein Gewinn, sie nun lesen zu können!

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Foto: privat

Helmut Schwier

Dr. Helmut Schwier ist Professor für Neutestamentliche und Praktische Theologie am Theologische Seminar der Universität Heidelberg. Dort ist er auch Universitätsprediger.


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