Vorwärts immer, rückwärts nimmer

Die UEK fasst wichtigen Beschluss zur fortschreitenden Integration in die EKD
Präsidium der UEK, 7.11. 2022 in Magdeburg
Foto: EKD
Der Vorstand der UEK bei der Vollkonferenz am 7. November 2022 in Magdeburg: Jan Lemke, Dorothee Wüst, Volker Jung (v.l.n.r) und UEK-Amtsleiterin Petra Bosse-Huber.

Auf einer lebhaften Sitzung beschloss die UEK zwei wichtige Gesetze, die die Integration der Vereinigung unierter Kirchen in die EKD vorantreiben werden. Und möglicherweise wird es eine Tagung der Vollkonferenz vor 2027 nicht mehr geben.

Endlich, sie haben es von der Peripherie ins Zentrum der EKD-Synode geschafft! Während in früheren Jahren die Delegierten der Vollkonferenz der Union Evangelischer Kirche in der Evangelischen Kirche in Deutschland – kurz UEK - zusammen mit der Vereinigten Evangelisch -Lutherischen Kirche Deutschlands – kurz VELKD – am Tag oder gar an zwei Tagen vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland – kurz EKD –  ihre Sitzung beginnen musste, fand die Tagung des unierten Kirchenbundes in diesem Jahr genau in der Mitte der EKD-Synode statt. Das kann schon symbolisch als Erfolg betrachtet werden, ist es doch das Trachten und Streben der UEK seit ihrer Gründung im Jahre 2003, schnellstmöglich in der EKD aufzugehen. Aber Achtung! Von einer Auflösung der UEK ist erst mal keine Rede, „Integration“ heißt das neue Zauberwort. Das heißt, es soll alles organisatorisch so schlank wie möglich sein, es soll auch nicht mehr Synode „gespielt“ werden, meist waren die Abstimmungsergebnisse sowieso einstimmig.

Auf dem spätestens seit 2019 beherzt beschrittenen Weg der Transformation soll nun wacker vorangeschritten werden. Dies machte der hessische Kirchenpräsident Volker Jung, seit vergangenem Jahr Vorsitzender der UEK-Vollkonferenz, in seinem Bericht deutlich, als er sagte: „Die UEK beabsichtigt, sich in der Amtsperiode 2021–2027 zügig in den Rechts- und Organisationrahmen der EKD zu transformieren, und zwar im Kern als ein Konvent der Kirchenkonferenz, wie er in Artikel 28a der Grundordnung der EKD für gliedkirchliche Zusammenschlüsse vorgesehen ist.“ Damit setze das Präsidium den Impuls der Vollkonferenz um, „vor und neben der EKD-Synode“ keine „eigene Veranstaltung“ stattfinden zu lassen“. Allerdings solle dies zunächst mal probehalber versucht werden, denn, so Jung, „(d)iese Regelungen haben es „in sich“. Es sollen „Befugnisse der Vollkonferenz auf das Präsidium und vom Präsidium auf den Vorstand übertragen werden.“ Die Vollkonferenz solle dann nur noch tagen, „wenn das Präsidium es für notwendig erachtet.“

Schlüssiger und erwünschter Schritt

Aber wie auch immer, inhaltlich sei dies auf der Linie des Grund- und Selbstverständnisses der UEK, denn: „Die Integration in die EKD ist für die UEK, für ihre Vorgängerkirchen und -organisationen und für ihre Mitgliedskirchen gleichermaßen der schlüssige und erwünschte Schritt auf dem langen Weg der Zusammenführung des – wahrlich nicht nur konfessionell pluralen! – landeskirchlichen deutschen Protestantismus.“

Die theologische Grundlage dafür sei die Leuenberger Konkordie aus dem Jahr 1973, was Jung dann so ausführte: „Sie verbindet uns sowohl in der EKD, namentlich auch mit der VELKD, als auch mit einer Vielzahl europäischer Kirchen in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE).“ Kurz gesagt: „Neben der EKD, die ,Kirche ist', braucht es die UEK nicht mehr!“ Zudem könne das künftige Sein der UEK als Konvent der Kirchenkonferenz, die EKD auch für die sich einer organisatorischen Einschmelzung in die EKD noch widersetzenden Geschwister der VELKD „als Plattform anschaulich und attraktiv werden, in der auch die spezifisch lutherisch-konfessionellen Anliegen und Potenziale in Theologie und Liturgie bearbeitet werden und zur Wirkung kommen“.

Außerdem war dem UEK-Vorsitzenden in diesem Zusammenhang wichtig anzumerken, dass diese Anliegen und Potenziale „auch durch die unierten Mitgliedskirchen der EKD“ wahrgenommen werden können, da diese doch zu einem großen Teil lutherisch geprägt seien. Jung: „So soll es künftig Aufgabe der Vertreter*innen der unierten und reformierten Gliedkirchen der EKD (also der bisherigen UEK) in den Organen der EKD – Synode, Kirchenkonferenz, Rat – sein, weder konfessions-vergessen noch konfessionsfixiert, sondern konfessionssensibel und, wo es hilfreich ist, in einem positiven Sinn konfessionsproduktiv zu agieren.“

UCC-Partnerschaft auf EKD ausdehnen

Und was die Arbeit der weltweiten Ökumene angehe, trug Jung vor, dass vom Forum der United Church of Christ aus den USA, der bisherigen Partnerkirche der UEK, der Anstoß gekommen sei. „im Zuge der Integration der UEK in die EKD die Kirchengemeinschaft zwischen UCC und UEK auf die EKD insgesamt auszudehnen und damit eine in früheren Jahren schon öfter geäußerte Idee zu verwirklichen.“

Die Vollkonferenz der UEK nahm den Bericht einstimmig mit Dank entgegen, die gleich danach aufkeimende Diskussion zum Transformationsvorhaben wurde auf die später vorgesehene Einbringung des „Entwurf(es) eines Kirchengesetzes zur Vorbereitung der Integration der UEK in die EKD“ und des „Kirchengesetz(es) zur Vorbereitung der Integration der Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (UEK) in die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)“, kurz: Vorbereitungsgesetz-UEK“, verschoben.

Dann gab zunächst Inhalte jenseits eigener institutioneller Betrachtungen, als nämlich der indonesischen Pfarrer Andar Parlindungan von der Vereinten Evangelischen Mission einen theologischen Vortrag unter dem Titel „Klimagerechtigkeit und Frieden in globalen Perspektive“ hielt. Dabei interpretierte er den Auftrag an den zu Gottes Ebenbild geschaffenen Menschen, über die Schöpfung zu herrschen, als Auftrag zu einer ökonomisch und sozial gerechten sowie zugleich bewahrenden Fürsorge. In seine radikale Kritik einer von kapitalistischer Ausbeutung getriebenen Wirtschaft und eines imperialistischen Kolonialismus bezog Parlindungan ausdrücklich den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ein.

Innere Konzentration fehlte

Der Vorsitzende dankte Parlindungan von Herzen, einem Dank, dem sich eine (!) weitere Delegierte als Aussprache anschloss. Zu einer vertieften begeisterten, ja berauschenden Diskussion wie im Vorjahr über den Vortrag von Christiane Tietz unter dem Titel „Was fehlt, wenn Gott fehlt?‘ kam es aber nicht. Das lag sicher nicht an dem engagierten Vortrag Parlindungans, sondern mutmaßlich eher daran, dass dass die Frage der UEK-eigenen Strukturen die innere Konzentration der Mitglieder Vollkonferenz okkupierte und natürlich auch, dass das meiste vom Inhalt her letztlich so oder ähnlich vielen der Anwesenden schon bekannt war.

Dann kam die Einbringung der genannten Gesetze zur Integration durch Arno Schilberg, der gleich zu Beginn klarmachte: „Es geht auch ums Loslassen!“ Sodann aber beruhigte der leitende Jurist der lippischen Landeskirche gleich wieder: Nein, es gehe nicht um die Auflösung der UEK, sondern erstmal nur um eine Regelung bis 2027.

Überraschend für alle, die gedacht haben, es gehe nun UEK-like ruck-zuck auf eine einstimmige Annahme der Entwürfe zu, meldete sich prominenter Widerspruch in Gestalt des Berliner Bischofs Christian Stäblein. Der dankte zwar ausdrücklich für die Vorlage der Gesetze, warb aber dafür, die ganze Chose noch einmal für ein Jahr zu „sistieren“, sprich, alles auf Wiedervorlage für die Vollkonferenz im nächsten Jahr zu legen. Stäblein begründete seine Intervention damit, dass eine qualifizierte Reaktion der VELKD eingeholt werden müsse. Vielleicht gebe es sogar die Chance, doch noch die Schieflage der Ungleichzeitigkeit – hier die UEK, die sich so bald und so umfassend wie möglich in die EKD transformieren möchte, dort die VELKD, die eigentlich erstmal institutionell so bleiben will wie sie – einzufangen.

Energischer Widerspruch

Ihm wurde aber energisch widersprochen und sein Geschäftsordnungsantrag, den TOP der Gesetze abzusetzen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt (nur die Delegierten der Berliner Kirche stimmten zunächst mit ihrem Bischof). Und als dann über den TOP selbst abgestimmt wurde, war die UEK wieder ganz bei sich selbst: 82 Ja-Stimmen gegen die eine Nein-Stimme von Christian Stäblein. In den Redebeiträgen, die durchaus emotional ausfielen, waren zwei Strömungen prägend: Erstens herrschte die Überzeugung vor, dass man nun mal endlich springen müsse, und zweitens, dass es dabei egal ist, was die VELKD macht.

Manche hofften sogar, dass der Schritt der VELKD durchaus imponieren könnte und sie dann schon nachziehen werde und sich ebenfalls mit der Lösung in Form eines Konvents nach Artikel 28a der Grundordnung der EKD begnügen könnte. Solche Hoffnungen hatten möglicherweise Anhalt an einer Passage aus dem Bericht des Leitenden Bischof der VELKD, Ralf Meister, vom vergangenen Freitag, der sich darin zum Thema Strukturen wie folgt geäußert hatte: „Die UEK hat sich inzwischen entschieden, noch stärker in die EKD hinein aufzugehen. Für die VELKD und ihre Kirchenleitung hat diese Entscheidung zur Folge, dass wir noch einmal sehr genau überlegen, was wir als Eigenes fortführen, wo wir uns stärker mit anderen evangelischen Kirchen verbinden und was wir vielleicht sogar abgeben wollen.“

Wie auch immer, die UEK hat sich jetzt auf den Weg gemacht, allerdings auf einen Weg mit Netz. Denn das verabschiedete Gesetz ist ein Gesetz auf Probe. Das heißt: Selbst wenn in den nächsten Jahren niemand die UEK-Vollkonferenz einberufen würde, spätestens 2027 wird sie auf jeden Fall zusammenkommen, denn dann muss sie mit 2/3-Mehrheit entscheiden, ob die nun ohne synodale Gremien frei floatende UEK samt den wenigen bzw. den weniger werdenden hauptamtlichen Kräfte so belassen oder gar als Entität beziehungsweise Körperschaft aufgelöst werden soll, oder ob es eben doch wieder einen verbindlicheres synodales Pallium in Gestalt einer regelmäßig tagenden und entscheidenden Vollkonferenz aus Haupt- und Ehrenamtlichen geben soll. Man darf gespannt sein, was die UEK künftig mit den Montagvormittagen der EKD-Synode anstellt, wenn parallel die Generalsynode der VELKD fleißig ihre Amtsgeschäfte erledigt. Da könnte eine attraktives, theologisch-kulturelles Bildungsprogramm geboten werden, dass die Stärken unierter Kirchen- und Theologietraditionen zum Leuchten bringt, damit die EKD-Synodalen, die gleichzeitig Delegierte der UEK-Vollkonferenz sind, nicht sitzungstechnisch zur VELKD „überlaufen“, oder gar die freien Stunden zu einer Shoppingtour im jeweiligenVeranstaltungsort der Synodaltagung nutzen.  Die Erwartungen werden hoch sein, man darf gespannt sein. Und vielleicht sollten die Verantwortlichen der UEK im Rahmen ihres mutigen Aufbruch- und Reformprozesses die alte englische Weisheit nicht ganz vergessen: „You can't have your cake and eat it too“.

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.

Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Kirche"