Roter Faden Auferstehung

Die Theologin Julia Drube hat zu ihrem Lebensthema promoviert
Julia Drube
Foto: medio.tv/schauderna

Die 25-jährige Julia Drube nimmt in ihrer umfassenden Dissertation eine Neuvermessung der Auferstehung Jesu vor. Ein Thema, das die Kasseler Theologin seit Schulzeiten fasziniert und das sie gerne nachhaltig in der Religionspädagogik und im Leben überhaupt zur Geltung bringen möchte.

Für Theologie habe ich mich schon immer interessiert, obwohl ich aus keiner überaus kirchlichen Familie komme. Aber schon mein Schulunterricht war sehr fachwissenschaftlich orientiert – da wurden Texte von Pannenberg und anderen gelesen –, das kam mir sehr entgegen. Direkt nach dem Abitur habe ich mit dem Theologiestudium begonnen, und zwar auf Lehramt, denn die Fragen der religionspädagogischen Vermittlung und der Verbindung von Religionspädagogik und Systematischer Theologie waren für mich schon damals wichtig. Von Anfang an habe ich in beiden Fachbereichen als studentische Hilfskraft gearbeitet und musste erleben, dass es im universitären Alltag nur wenig Verbindung zwischen den Disziplinen gibt.

Das Thema Auferstehung zog sich durch mein Studium wie ein Roter Faden: Seminare, Hausarbeit, Examensarbeit und in den vergangenen drei Jahren dann die Promotion bei Prof. Dr. Tom Kleffmann und Dr. Robert Brandau. Gerade bei diesem Thema finde ich es wichtig, dass auch Sachverhalte jenseits einer rein modernistisch-analytischen Ebene zur Sprache kommen, denn für mich umfasst die Auferstehung eine reale Lebensperspektive, ja, eine begründete Hoffnung. Sie tangiert den Menschen als Ganzen, und ich finde, das muss auch zum Ausdruck kommen.

Dabei ist es mir wichtig, zu zeigen, wie stark jede Auferstehungsdeutung durch die individuellen Geschichts- und Wirklichkeitsvorstellungen der Interpret:innen vorgeprägt wird. Schon deswegen nimmt die Sichtung verschiedener Perspektiven einen großen Raum in meiner Arbeit ein. Ich problematisiere, dass jede geschichtswissenschaftliche Rückfrage im theologischen Diskurs häufig belächelt wird und man schnell gar in eine fundamentalistische Richtung gedrängt wird. Dabei ist es gerade in unseren Zeiten eminent wichtig, sich in Mehrdimensionalität zu üben und nicht nur monokausal zu denken. Eine auch geschichtswissenschaftliche Reflexion der Auferstehung ist daher unabdingbar, wobei „Geschichte“ freilich theologisch zu denken ist. Sie ist dann mehr als die von Menschen gemachte Geschichte. Sie ist auch die Geschichte Gottes mit dem Menschen und der Welt.

Natürlich ist mir klar, dass wir die Auferstehung nicht beweisen können. Das war auch nie meine Absicht. Doch wir Menschen sind geschichtlich verfasste Wesen, die in der Geschichte leben. Manche Ausführungen, auch Predigten, über das Thema erwecken aber den Eindruck, die Sprecher:innen redeten von einer außenstehenden Perspektive über Auferstehung, so als würde dieses Thema Geschichte und Zeit gar nicht betreffen. Das wird unserer Lebenswirklichkeit nicht gerecht, und die theologische Rede endet hier oft in einer Art Phrasendrescherei à la „Gott ist Liebe“. Es wird häufig nur noch in Negationen geredet. Dann wird gesagt, was Auferstehung und das leere Grab alles nicht bedeuten, zum Beispiel die Wiedererweckung eines Leichnams und so weiter. Aber wenn wir als Theolog:innen nicht mehr sagen können, was Auferstehung nun ist, wer sollte es sonst können? Und warum beschränken wir uns auf Negativaussagen und Relativierungen, wo wir doch eigentlich so viel zu sagen hätten und auch sagen müssten?

Mich stört außerdem das Auseinandertreten von Bedeutung und Bedeutsamkeit, von Zeichen und Bezeichnetem. Wie soll das leere Grab ein Zeichen sein, wenn es das, worauf es hindeutet – die Auferstehung –, gar nicht gibt? Solche Erläuterungen sind kurzschlüssig, schaden der Sprachfähigkeit und werden dem Phänomen und der Tradition des Auferstehungsglaubens nicht gerecht.

Gerade die hochumstrittene Frage des leeren Grabes ist spannend: In meiner Arbeit beschreibe ich zum Beispiel, dass es gar nicht notwendig gewesen wäre, das leere Grab als Zeichen für die Auferstehung zu deuten und diese zu verkündigen, denn die biblische Tradition bot auch andere Deutungen an, zum Beispiel die der Entrückung. Die Deutung als Auferstehung ist eigentlich die schwierigere, und sie geht damals mit einer Neukontextualisierung der jüdischen Vorstellungen auf diesem Gebiet einher, die jeder Form der leiblichen Auferstehung einer Einzelperson vor der endzeitlichen Auferweckung aller eine Absage erteilt. Die urchristliche Predigt von der Auferstehung geht also in der Form, in der sie geschah, mit einem Mehraufwand einher, den man hätte vermeiden können – die Botschaft bleibt zunächst für Heiden und für Juden anstößig. Da stellt sich die Frage, wieso es so verkündigt wird, wenn man es doch einfacher hätte haben können.

Die Arbeit an meiner Dissertation hat mich hier in der Auffassung bestärkt, dass die Ewigkeit Gottes in unsere Geschichte hineinragt, aber dass unsere Geschichte umgekehrt auch eine Relevanz für Gott hat. Der Auferstehungsleib Jesu ist kein Leib, der völlig losgelöst ist von seinem irdischen Leib. Die Wundmale sind noch zu sehen. Das ist metaphorisch gesprochen, sicher, aber was vermittelt wird, ist zentral: Jeder Mensch ist, so, wie er schon ist – zeitlich, leiblich, geschichtlich –, der Erhaltung wert und das, was er erlebt – seine Geschichte –, wird nicht ausradiert oder überschrieben, sondern ist Teil seiner Ewigkeit. Eine so verstandene Auferstehungshoffnung zeugt von der Wertschätzung des Menschen, aber auch von einem Anspruch, der an ihn gestellt wird. Die bisher wenig rezipierte Sicht des Göttinger Theologen Joachim Ringleben (*1945) fand ich dazu erhellend: Er bezeichnet die Auferstehung Jesu als etwas, in dem die Ewigkeit Gottes in unsere Zeit hineinwirkt und sie neu qualifiziert. Diese Vorstellung finde ich sehr wertvoll, um über die alltägliche Bedeutung von Auferstehung neu nachzudenken.

Natürlich steht bei einer Dissertation das akademische Interesse im Vordergrund, also in meinem Falle ein Beitrag zur systematisch-theologischen Auferstehungsdiskussion. Aber darüber hinaus konkretisiert sie auch einfach meine Auferstehungshoffnung, denn ich nehme immer wieder wahr, dass viele Menschen an der kirchlichen Basis sich nichts darunter vorstellen können und sich schnell nur vertröstet fühlen. Mir aber ist wichtig, dass Auferstehungshoffnung eben nicht nur etwas Abstraktes für die Zeit nach dem irdischen Leben ist, sondern dass sie in ihrem Kern unser Leben bestimmen kann. 

 

Aufgezeichnet von Reinhard Mawick
 

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.

Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Religion"