Wahre Besinnung

Chantal Acda: Saturday Moon

Eigentlich, erzählt Chantal Acda, wollte sie spartanisch arbeiten, „ein Mikrofon und nur ich im Raum, simple Vier-Minuten-Songs“. Aber dann fühlte sich die in den Niederlanden geborene und in Flandern lebende Sängerin und Songwriterin allein, und sie suchte wie bei älteren Alben „Austausch mit Menschen, die mich musikalisch begeistern“. Da kennt sie etliche, die wiederum uns faszinieren. 18 sind nun auf „Saturday Moon“ dabei: Gitarrengott Bill Frisell etwa, mit dem sie bereits arbeitete, und Rodriguez Vangama, aus New Yorks Downtown-Szene Shahzad Ismaily am sechssaitigen Bass, Eric Thielemans an den Drums. Piano, Trompete, Violine und Backgroundgesang kommen hinzu, was das verhaltene Album dennoch üppig macht. Acht Songs zwischen Indie-Picking-Kammerpop-Ballade und psychedelisierendem Ausreißer, die Chantal Acdas lautmalerischer Gesang und unscharf-präzise Lyrics in ein rasselndes Kaleidoskop gießen, das aufwühlt, beruhigt, in die Besinnung reißt und, ja, große Zuversicht ausstrahlt. Introvertiert ist daran nichts, nicht bloß wegen des Austauschs. Es sind wirkliche Songs, zugänglich und offen diesseits von ihr – vielleicht gerade weil sie darin einen Teil von sich zugelassen und gefeiert zu haben meint, der „eher chaotisch, unrational und impulsiv“ und von ihr bislang vernachlässigt worden sei: „Dieses Gefühl, sich gehen zu lassen, war großartig.“

Das Ergebnis ist konzentriert, eher leise, melancholisch lässig – und durchweg intensiv. Exemplarisch im bluesig schweren, manischen Ausreißer „Disappear“ („and the promising words aren’t here“) mit schillernden Guitarsynth-Sounds von Alan Sparhawk aus der US-Band „Low“ und dem Gesang seiner Frau Mimi Parker (man höre sich im Netz nur ihr Stück „In metal“ an – auf die Gefahr hin, von „Low“ nicht mehr loszukommen). Es beeindruckt, wie Austausch und Sein mit anderen zu sich kommen lässt und dies wiederum andern eigen sein kann. Chantal Acda ist dicht dran. Ihre Lyrics fließen zwischen Klang und Sinn, vermengen Sätze aus Beziehungsgesprächen, mutmaßlich, Briefen und Reflexion, die ausgeschnitten und versetzt Situationen kreieren oder nur skizzieren, aber prägnant. Aperçus – der Baum, das Holz, seine Anmutung, Wolfsmutter, Mond – und kleine Szenen werden Stimmung, innerer Monolog, Mitteilung: Verloren geborgen, der „Saturday Moon“ wird Raum.

Nur eine Frage scheint offen: Wie kommen wir auf Chantal Acda? – Wieso erst jetzt, müsste sie indes richtiger lauten! Durch Händchen, Empfehlung, Vertrauen und Erfahrung stünde jedenfalls im Arbeitsbericht: Chris Eckman, Ex-„Walkabouts“ und nun in Ljubljana, kennt sie schon lange und sprach über das Album mit ihr, in Gänze nachzulesen beim smarten Düsseldorfer Promoter Starkult. Das Label Glitterhouse aus Beverungen spricht eh für sich. Und auch wir sind nun da: „Saturday Moon“, zum Glück.

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