Vorhersage

Über die Potsdamer Konferenz

Dietrich Bonhoeffer hatte die Warnung schon von seiner konspirativen Reise für die Militärische Abwehr nach Sigtuna in Schweden 1942 mitgebracht: Die Russen, so der britische Botschafter in der Sowjetunion Stafford Cripps damals, würden im Krieg mit Hitler-Deutschland bis zum Brandenburger Tor in Berlin vordringen, und die westlichen Alliierten seien nicht in der Lage, diesem Vormarsch Einhalt zu gebieten. Genau das trat ein: In der Potsdamer Konferenz saßen dann in Schloss Cecilienhof die Alliierten aus West und Ost zusammen, um über das Schicksal des Deutschen Reiches zu verhandeln: Josef Stalin, Harry S. Truman, Winston Churchill, – die Franzosen waren nicht eingeladen. Mit den Unterhandlungen, die sich in diesem Sommer zum 75. Mal jähren, wurden in Europa Einflusszonen neu abgesteckt, man sprach über den Krieg in Asien und über den „Final blow“ gegen Japan. Daran erinnern das Buch "Potsdamer Konferenz 1945" und die gleichnamige Ausstellung, die bis zum 1. November im Potsdamer Schloss Cecilienhof zu sehen ist.

Ungewöhnlich war, dass das Treffen auf deutschem Territorium stattfand. Berlin mit seinem für die Siegermächte symbolischen Stadtzentrum lag in Trümmern. An einen Konferenzort war hier kaum zu denken. Doch es gab noch einen zweiten Ort für eine so wichtige Konferenz, die allerdings im sowjetischen Machtbereich lag und gleichzeitig ganz nahe an den amerikanischen und britischen Sektoren: Potsdam. Hier traf man sich vom 17. Juli bis zum 2. August 1945. Die Kernfragen der Konferenz ließen sich mit den „4 D“ beschreiben: Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung und Dezentralisierung. Man einigte sich auf die Errichtung eines Rates der Außenminister, der einen Friedensvertrag mit den Besiegten vorbereiten sollte. Die Verschiebung der Grenze Polens nach Westen, Reparationsleistungen und die Aufnahme europäischer Staaten in die UNO waren Gegenstand der Gespräche.

Eine äußerst wichtige Information hatte der amerikanische Präsident am Abend vor Eröffnung der Konferenz erhalten: Die USA hatten erfolgreich eine Atombombe getestet. Die zerstörerischen Bomben fielen wenige Tage nach Schluss der Konferenz auf Hiroshima und Nagasaki. Sie stellten aber gleichzeitig eine nukleare Drohung an die Sowjetunion dar. Der „kalte“ Krieg zeichnete sich also bereits in Potsdam ab. Besonders Stalin wollte mit der Auswahl des Konferenzortes – so die Autoren – zeigen, dass das besiegte Deutschland noch nicht ganz am Boden lag und hohe Reparationsleistungen gerechtfertigt waren. Man tagte an einem in einer Moskauer Möbelfabrik hergestellten runden Tisch mit einem Durchmesser von 6,80 Metern, um den zwei Reihen Sessel aufgestellt waren. Die Arbeitsräume der Amerikaner waren hellblau gestrichen, die der Briten rosa und die der Sowjets in Weiß. Im Ehrenhof erinnerte ein Roter Stern aus tausenden blühenden Geranien daran, wer Hausherr in Potsdam war.

Eine „neue Weltordnung“, Weltfrieden und globale Prosperität waren zwar Hoffnungen der Gespräche, aber eine fast unverständliche Geheimhaltung der Berichterstattung über den Verlauf ließ amerikanische Zeitungen schreiben: „Potsdam starts with pessimism and cynicism.“ Die westlichen Delegationen ließen sich durch das zerstörte Berlin chauffieren, und Truman soll dazu gesagt haben, er fühle sich an Karthago, Baalbek, Jerusalem oder Babylon erinnert. Die Alliierten zeigten in den Wochenschauen gleichwohl mit Militärparaden vor Ruinen ihre Macht und luden sich gegenseitig zu Konzerten ein.

Das Buch "Potsdamer Konferenz 1945" und die gleichnamige Ausstellung vermerken aber noch etwas anderes kritisch, was an die aktuelle US-Präsidentschaft erinnert: Truman habe als ein Sohn eines Pferdehändlers aus Missouri darauf geachtet, dass sich die Ergebnisse aus Cecilienhof auch auf Dollar und Cent beziffern ließen. Das deutsche Wirtschaftswunder hat ihm später tatsächlich Recht gegeben.

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Foto: privat

Roger Töpelmann

Dr. Roger Töpelmann ist Pfarrer i.R. Er war bis 2020 u.a. Pressesprecher des Evangelischen Militärbischofs in Berlin.


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