Es macht etwas Mühe, in den Gedankenfluss einer Ich-Erzählerin einzutauchen, die nie mit dem Strom schwimmt. Zwischen einem erfrischenden Nonkonformismus ihrer Figur und deren zwanghaftem Eigensinn platziert die Autorin, Nobelpreisträgerin aus dem vergangenen Jahr, eine Verdrehung nach der anderen. So stellt nicht etwa der faustisch forschende Mann, sondern Frau Janina ihrem vorübergehenden Lebenspartner die Gretchenfrage. Nein, antwortet ihr Freund, er sei nicht religiös, sondern ein Atheist. Das findet die Protagonistin „interessant“; nicht mehr und nicht weniger. Auch sie kann weder mit den katholischen Ritualen ihrer polnischen Herkunft noch mit dem oberflächlichen „Kulturkatholizismus“ ihrer Nachbarn etwas anfangen. Die Ex-Ingenieurin glaubt an Astrologie. Außerdem lebt Janina in transzendentaler Bezogenheit zu den Tieren. Entsprechend sind Jäger, Pelzträgerinnen und Fleischfresser ihre natürlichen Feinde. Eines Tages, so ihre Theorie, rächen die Tiere sich für alle erlittenen Grausamkeiten. Das ist ihr Schlüssel zu den rätselhaften Morden, von denen ihr Dorf heimgesucht wird: Die Natur schlägt zurück.
Olga Tokarczuk hat das Porträt einer skurrilen, nach eigenen Angaben „nutzlosen“ Figur geschaffen. Außer ihren wenigen, nicht minder nutzlosen Freunden nimmt niemand ernst, was diese Frau zu sagen hat; ein disharmonisches Orchesterwerk menschlicher Widersprüche und Ambivalenzen zwischen Sachlichkeit und Empörung, Bitterkeit und Humor, Härte und Zärtlichkeit. Die Schauspielerin Angelika Thomas lotet jeden Unterton ihres Gesangs aus und macht seine Dringlichkeit unüberhörbar.