„Jesus war ein Gemeinwesenarbeiter“

Gespräch mit der Sozialpädagogin Maria Lüttringhaus über die Zukunft der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie in der Stadtteilarbeit
Ostermarsch in Berlin
Foto: epd
Gemeinsam mit anderen arbeiten - etwa für den Frieden, wie hier beim jährlichen Ostermarsch.

zeitzeichen: Frau Dr. Lüttringhaus, wie nehmen Sie die Kirchengemeinden in der Gemeinwesenarbeit wahr?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Die Kirchen haben ein hohes Potenzial, aber sie nutzen es viel zu wenig. Sie verfolgen das Thema bislang nicht systematisch, obwohl etwa die evangelische Kirche seit mehr als zehn Jahren an dem Konzept der Gemeinwesendiakonie arbeitet. Die Kirchen verfügen über einen großen Schatz an Kontakten, Netzwerken und Beziehungen. Schließlich wohnen die Kirchenvorstandsmitglieder in der Nachbarschaft, und manche arbeiten sogar noch in der Nähe. Auch in den Elternräten der Schulen, in den Vorständen der Vereine sitzen Kirchenmitglieder. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen.

Woran hakt es denn?

MARIA LÜTTRINGHAUS: An der Vernetzung. Da gibt es auf der einen Seite Altersheime, Kindertagesstätten und Sozialstationen in evangelischer Trägerschaft, auf der anderen Seite aber Pfarrerinnen und Pfarrer, die in ihrer Kirchengemeinde völlig unabhängig von diesen diakonischen Einrichtungen arbeiten. Und auch die diakonischen Einrichtungen arbeiten oft ohne Kontakt zu den Kirchengemeinden. Das darf nicht sein. Sie müssten zusammenarbeiten und zum Beispiel ihre Disco für Menschen mit Behinderung in der Kirchengemeinde organisieren. Oder das Public Viewing der Kirchengemeinde in der diakonischen Einrichtung oder im Stadtteil stattfinden lassen. Das gibt es ja hier und da in Ansätzen, aber ich erlebe noch immer eine sehr starke Abgrenzung.

Die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter in den Kirchengemeinden sind aber mit ihren eigenen Aufgaben oft schon mehr als ausgelastet. Warum sollen sich die Kirchengemeinden nun noch weiter vernetzen und ins Quartier oder ins Dorf hin öffnen?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Es ist wie in der biblischen Geschichte von Jona und Ninive. Jona sitzt im Wal: Innerkirchlich wird derzeit darüber gegrübelt, welche Kirche abgerissen oder geschlossen wird, welche Gemeinden zusammengelegt werden sollen und was das für die Kirchengemeinden bedeutet. Und dann wird Jona wieder ausgespuckt. Ich habe das Gefühl, wir sind gerade an dem Punkt, an dem Jona nach Ninive geschickt wird. Die Situation in den Kirchengemeinden spitzt sich zu, der Bedeutungsverlust von Kirche und Religion in der Gesellschaft wird sichtbar. Die Bistümer, Kirchenkreise und Kirchengemeinden, die mich um Beratung bitten, stellen oft ähnliche Fragen: Wie kommen wir wieder an junge Leute? Wie erreichen wir Familien, damit sie mit ihren Kindern nicht nach dem Kommunions- oder Konfirmationsunterricht aus der kirchlichen Welt wegbrechen?

Wie lässt sich die Kirche bei jungen Menschen ins Gespräch bringen?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Ich weise die Kirchengemeinden zunächst darauf hin, dass die Jugendlichen jeden Freitag an ihrer Kirche vorbeilaufen und sehr engagiert sind. Oft höre ich dann: „Eine ‚Fridays for Future‘-Gruppe haben wir auch gegründet.“ Wenn ich erwidere, dass ich aus der Kirche, der Diakonie oder der Caritas aber niemanden bei den Demonstrationen gesehen habe, heißt es oft, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich nicht mit den Bannern zeigen dürfen. Das macht mich fassungslos. Wenn ich Pfarrerin wäre, würden aus meiner Kirche „Fridays for Future“-Plakate und -Transparente hängen. Diese jungen Menschen engagieren sich doch für die Bewahrung der Schöpfung.

Wie lautet der oberste Grundsatz der Gemeinwesenarbeit?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Der oberste Grundsatz in der Umsetzung der Gemeinwesenarbeit heißt: Macht gerade am Anfang eure Arbeit „sichtbar“. Ich frage mich, warum die Kirche nicht mehr im Gemeinwesen aktiv ist. Das ist auch so wie in der Geschichte von Jona: Er hat seinen Satz gesagt, ist aus der Stadt hinaus und sitzt unter dem Rizinusstrauch und wartet, dass was passiert. Und dann passiert in Ninive ja ganz viel – aber ohne ihn.

Haben sich die katholische und die evangelische Kirche denn früher anders öffentlich zu Wort gemeldet und stärker in den gesellschaftlichen Diskurs eingemischt?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Ja, zumindest in meiner Jugend in den 1980er-Jahren. Denken Sie an die Friedensdemonstrationen oder die Abrüstungsinitiative „Schwerter zu Pflugscharen“ in Ost und West. In dieser Zeit hat die Kirche die Menschen mobilisiert. Junge Menschen brauchen ein bisschen Inspiration von allen. Wer heute über Klimagerechtigkeit oder den globalen Süden spricht, wer mit diesen Begriffen agiert, denkt dabei nicht mehr unbedingt an die christlichen Kirchen. Dabei waren Kirchengemeinden oft die ersten, die in ihrer Stadt Eine-Welt-Läden eröffneten. Und die Bewahrung der Schöpfung ist eines der christlichen Urthemen. Ich frage mich, warum wir dieses heutzutage so wenig sichtbar machen. Der Youtuber Rezo, ein Pfarrerssohn, hat das ja vor kurzem sehr gut beschrieben. Er hat das Klimaengagement der Kirchen erst durch eine Internetrecherche wahrgenommen und fragt, warum es nicht sichtbarer wird.

Was können Kirche und Diakonie als religiöse Akteure in die Gemeinwesenarbeit einbringen, das sie etwa von Vereinen oder Parteien unterscheidet?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Sie haben ein klares Wertesystem und ein besonderes Menschenbild, aus dem heraus sie agieren. Die Idee, dass sie sich im Gemeinwesen engagieren, entstammt ja nicht ihren eigenen Interessen, sondern ist Ausdruck gelebten Glaubens. Deshalb finde ich es überflüssig, wenn eine Kirchengemeinde auf lokaler Ebene eine Umweltgruppe gründet. Stattdessen müsste sie in allen vorhandenen Umweltgruppen aktiv sein. Das heißt, sie sollte keine Parallelstrukturen aufbauen, sondern bei den bestehenden Initiativen und Vereinen mitarbeiten, zum Beispiel bei den „Parents-“ oder den „Grandmothers-for-Future“, in den Umweltgruppen vor Ort eben. Christen sollten in diesen Gruppen zeigen, woraus sich ihr Engagement speist und sich als Gemeindemitglieder zeigen.

Was können die Kirchengemeinden und die Diakonie davon konkret einbringen?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Das Größte, was die Kirche liefern kann, sind Vorbilder für einzelne Menschen. Alle Studien in der Fallarbeit zeigen, dass Lernen immer nur funktioniert, wenn man in Beziehung ist. Das ist die große Erkenntnis der Neurobiologie. Deswegen müssen sich Christen immer wieder als solche outen und ihre Herkunft zeigen. In meinen Seminaren frage ich oft, wer Kirchenmitglied ist. Die dann folgende Stille muss ich erst einmal aussitzen, bis sich zwei oder drei melden. Dabei sind doch über die Hälfte der Deutschen noch in einer der christlichen Kirchen. Warum zögern sie, sich zu dieser Institution zu bekennen? Es gibt offenbar ein Identifikationsproblem, was auch an den Missbrauchsskandalen liegt. Wenn man aber die Kirchenmitglieder als Menschen wahrnimmt, die sich um ihre Nachbarschaften kümmern und vielfältig engagiert sind, bekäme auch die Kirche ein anderes Image.

Das heißt, wenn Kirche und Diakonie sich im Gemeinwesen engagieren und die Türen öffnen, erhöhen sie die eigene Sichtbarkeit und damit auch die positive Außenwahrnehmung?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Ja, natürlich. Wobei in den kirchlichen Kreisen und ihrer Diakonie, den Sozialstationen oder Einrichtungen vor Ort oft der Begriff Sozialraumorientierung benutzt wird, obwohl Stadtteilarbeit oder Quartiermanagement gemeint ist. Die Stadtteilarbeit kümmert sich um die Belange draußen, zum Beispiel um Rollsplitt auf dem Friedhof, so dass er für Menschen mit Rollatoren nicht mehr befahrbar ist. Oder um zugesperrte Toiletten. Oder darum, dass der Fußballplatz wegen Maulwurfslöchern gesperrt ist. Das ist keine sozialraumorientierte Fallarbeit, aber auch das sind Themen, die Menschen in der Gemeinde beschäftigen. Und die Kirche hat mindestens genauso viel mit Stadtteilarbeit zu tun wie mit den sozialraumorientierten Fallbeispielen. Nämlich vor Ort präsent zu sein und sich zu zeigen.

Gibt es für Sie ein gelungenes Beispiel für Stadtteilarbeit?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Der katholische Pfarrer Winfried Pauli aus Bochum hat mich sehr beeindruckt. Er sitzt jeden Tag ein paar Stunden auf dem zentralen Platz auf einer riesigen Bank am Tisch und redet mit den Leuten. Ich habe Gemeinwesenarbeit, also Community Organizing, bei zwei Pfarrern aus den USA gelernt. Deren Botschaft ist, dass jeder Pfarrer fünf Mal in der Woche solche Gespräche führen sollte. Aber durch die Bürokratisierung der Pfarrstellen ist auch die Einschätzung verloren gegangen, was für einen Wert die Präsenz im Stadtteil besitzt.

Was muss die Kirchengemeinde mit ihrer genuin kirchlichen Arbeit leisten, um das sogenannte Community Organizing, also die Stadtteilarbeit, zu entwickeln?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Stadtteilarbeit greift, anders als die Fallarbeit, die Themen und Probleme im Kiez, im Stadtteil, auf dem Dorf auf. Zum Beispiel den Streit um ein neues Wohnhaus, in dem syrische Flüchtlinge untergekommen sind. Eine friedliche Nachbarschaft ist ein originäres Thema der Kirche, dem sie sich annehmen sollte. Im Community Organizing heißt es, Kirche muss immer auf drei Ebenen agieren: Church in the Church, Church with the Community, Church in the Community. Zuerst müssen also die Gottesdienste gelungen sein. Danach gibt es mit der Gemeinde vielleicht einen Frühstückstreff als niederschwelliges Angebot auch für den ganzen Stadtteil.

Und die dritte Ebene?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Das ist die Kirche in der Nachbarschaft, die Präsenz vor Ort. Das heißt, Christen gehen dorthin, wo auch Jesus hingegangen ist. Dort, wo Armut herrscht, setzen sie sich für soziale Gerechtigkeit ein. Die Themen liegen ja auf der Straße, gleichzeitig geht den Kirchengemeinden das Personal aus. Auch deswegen müssen sie sich öffnen, in die Institutionen, Vereine und Initiativen gehen und mit ihnen zusammenarbeiten. Vielleicht können sie auf den freien Flächen der Gemeinde gemeinsam mit einem Umweltverband eine Bienenwiese mit Bienenhotels anlegen. Oder: In Essen nimmt der Eichenprozessionsspinner überhand. Nun hat man herausgefunden, dass Meisen diesen fressen. Also könnte man als Kirchengemeinde mit anderen Gruppen Nistkästen zimmern und diese aufhängen. So hätte man ein sichtbares Projekt. Oder einen Mittagstisch für alle im Stadtteil anbieten oder sich für Verkehrssicherheit einsetzen und eine Spielstraße mit erstreiten. Es gibt so viele Themen, wenn man mit einem achtsamen Ohr am Stadtteil ist.

Kirche und Gemeinden sind sehr stark über ihre Gebäude sichtbar. Wie können sie diese in die Gemeinwesenarbeit einbringen?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Die kirchlichen Räume und Grundstücke sind wesentliche Ressourcen: Gemeindehäuser könnten zu Stadtteilzentren werden, in denen runde Tische, interkulturelle Dialoge oder politische Debatten genauso Platz haben wie Beratungsangebote oder Freiwilligenmanagement. Sie könnten Raum geben für Initiativen oder spontane Hilfe wie in der sogenannten Flüchtlingskrise. „Gott hat auf Erden so viel Raum, als der Mensch ihm macht“ – dieser Spruch von Meister Eckhardt hängt in meinem Büro, und ich versuche, das zu leben. Ich habe hier in Essen vor 25 Jahren das Stadtteilprojekt Südostviertel mitgegründet, vor allem mit der Pfarrgemeinde. Unser privates Wohnzimmer beherbergte im ersten Jahr das Stadtteilbüro. 2018 habe ich das sogenannte LüttringHaus ins Leben gerufen, das die Räume des Instituts beherbergt und ein inklusives Wohnprojekt, in dem meine Tochter Emma mit anderen lebt. Ab 16 Uhr sind die Seminare vorüber, so dass alle Menschen aus dem Stadtteil diese Räume und den Garten in einer sehr heimeligen Atmosphäre kostenfrei nutzen können.

Gibt es dabei Einschränkungen?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Die Menschen mit Behinderungen, die im Haus wohnen, sollten daran teilnehmen können oder eben die aus dem Stadtteil. Und es entwickelt sich viel: Frühstückstreffs, Yoga all inclusive, Kulturabende, Gartencafés, persönliche runde Geburtstage, islamisches Frauengebet, Spielnachmittage. Ich stehe nicht unter dem Druck, nach einem Jahr fragen zu müssen, ob sich das rentiert oder ob das etwas mit der Kirche zu tun hat. Aber alles repräsentiert christliche Werte. Und weil das funktioniert und ich an die Kraft des Äußeren Raums glaube, stelle ich nun ganz aktuell der Klimaschutzbewegung eine Erdgeschosswohnung zur Verfügung. Denn auch die Nachhaltigkeitsbewegung kann sich erst entfalten, wenn sie Räume hat, sich zu vernetzen. Die Kirchen haben viele räumliche Möglichkeiten, die nicht ausgeschöpft sind. Wichtig ist: Die Frage, ob dann mehr Leute in den Gottesdienst kommen, darf nicht entscheidend sein.

Weil eine Erhöhung der Zahl der Gottesdienstbesucher durch diese Arbeit nicht zu erwarten ist?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Das zeigen zumindest neuere Untersuchungen. Aber darum kann es ja auch nicht gehen. Die Frage ist vielmehr, ob man eine glaubwürdige Kirche ist und so wahrgenommen wird, auch außerhalb der Kirchengemeinde.

Wie stehen Sie dem Vorwurf gegenüber, der Bedeutungsverlust von Kirche und Religion in der Gesellschaft schwebe wie ein Damoklesschwert über der kirchlichen Arbeit, und aus diesem Grund öffneten sich Kirche und Diakonie?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Was wäre falsch daran, wenn es so ist? Wenn man von einem Verein und der eigenen Arbeit überzeugt ist, ist eine derartige Kampagne legitim. Besonders dann, wenn man merkt, dass zu wenig Wissen nach draußen vermittelt wird, wozu es uns eigentlich gibt. Vielleicht merkt der eine oder die andere plötzlich, wie wichtig Stille ist. Und dass man gar nicht alle sechs Monate in den Yoga-Retreat gehen muss, sondern einen Ort der Stille jeden Sonntag im Gottesdienst erleben kann. Oder dass man dort auf engagierte, authentische Leute trifft, die eine klare Haltung haben und leben. Im Übrigen denke ich, dass Jesus ein Gemeinwesenarbeiter war. Er ist ja an die verschiedenen Orte gegangen, hat seine Werte vorgelebt, hat Menschen vernetzt und aktiviert, so dass die Menschen ihre Nachbarschaften anders gelebt haben.

Die neue Studie des sozialwissenschaftlichen Instituts „Überraschend offen“ besagt, die Kirchengemeinden erfahren viel Zuspruch und Anerkennung. Das führt aber nicht zu einer Steigerung der religiösen Vitalität. Die Idee geht nicht auf, durch eine Ausweitung des kirchlichen Angebotsspektrums auch Menschen jenseits des klassischen Kirchenpublikums zu locken.

MARIA LÜTTRINGHAUS: Es geht ja auch nicht darum, jemanden in die Kirche zu locken, sondern sich gemeinsam für ein besseres Leben im Stadtteil einzusetzen. Wir brauchen Gesellschaftsförderung. Wir alle müssen gegen die zunehmende Vereinzelung, die Beschleunigung, den Materialismus, auch gegen den Ressourcenverbrauch steuern. Dieser Wandel kann nur gelingen, wenn die Menschen merken, dass sie vor Ort etwas tun können und sich selbstwirksam erleben, nicht ohnmächtig. Nur so kommen sie gegen Klimaleugner und -verdränger und Populisten an.

Und welche perspektivischen Überlegungen folgen daraus?

MARIA LÜTTRINGHAUS: In dem Ansatz „Soziale Stadt“, dem größten Städtebauförderungsprogramm, das sich in Deutschland bewährt hat, hieß es, man müsse die Nachbarschaften mitnehmen. Wenn wir in die Fläche gehen, sind die Kirchengemeinden die Orte, in denen Menschen aus einer Haltung heraus leben und Werte verkörpern. Dazu kommen die kirchlichen Gebäude. Eigentlich könnten Kirchengemeinden gut Quartiermanagement machen.

Weil sie durch das Parochialprinzip vor Ort sind und weil sie personelle, finanzielle Ressourcen haben?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Der Kerngedanke des „Community Organizing“ ist, dass katholische und evangelische Kirchengemeinden und Diakonie und Caritas „in the community“ wirken. Natürlich müssten sich die Kirchen, Diakonie und Caritas in einer interkulturellen Gesellschaft anderen Religionen gegenüber offen zeigen. Es geht schließlich um die unmittelbare Nachbarschaft. Ich spreche da von interreligiösen Gebeten oder gemeinsamen Meditationen. Man kann sich auch vorstellen, dass evangelische und katholische Gemeinden gemeinsam eine Person benennen, die sich in diesem Sinne in die Nachbarschaft hinein vernetzt. Aber leider verhindern hierarchische Strukturen oftmals eine solche Arbeit.

Wenn Sie eine Vision für die Zukunft formulieren müssten, wie sähe die aus?

MARIA LÜTTRINGHAUS: Vision ist ein großes Wort. Es ist eher so wie bei guten Initiativen. Sie haben einen Kern, damit sie funktionieren, und ihre Mitglieder treffen sich immer wieder, um sich Kraft zu geben, in den Werten abzustimmen. Aber das eigentliche Wirken der Initiative richtet sich auf den äußeren Bereich. Und die Haltung ist immer das oberste Prinzip, Orientierung an den Themen und Bedürfnissen der Menschen – als oberstes Prinzip der Gemeinwesenarbeit. Und wenn man mit dieser Haltung an Menschen herangeht, kann man aktivieren. Und ich wünsche mir wieder mehr Spaßorientierung. So könnte man im Konfirmandenunterricht eine Kerngruppe entwickeln und sich weiter engagieren. Zum Beispiel die Konfirmandengruppe 2020 bilden, die sich einmal im Monat weiter trifft. Aber die eine engagiert sich bei den Fridays for Future, die andere beim NABU oder bei den Green Ladys im Krankenhaus. Und sie berichten, wie sie sich als Christen tatkräftig einbringen.

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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