Von Päpsten und Palästen

Barocke Meisterwerke aus Rom im Museum Barberini Potsdam
Gemäde "Venus und der sterbende Adonis"
Foto: Museum Barberini
Jusepe de Ribera (Lo Spagnoletto) (1591–1652), Venus und der sterbende Adonis, 1637, Öl auf Leinwand, 179 x 240 cm, Gallerie Nazionali di Arte Antica, Rom © Ministero per beni e le attività culturali – Gallerie Nazionali di Arte Antica

Papst Urban der VIII. war ein kunstsinniger Mensch. Mit ursprünglichem Namen hieß er Maffeo Barberini (1568-1644) und entstammte einer einflussreichen Florentiner Kaufmannsfamilie. Nach seiner Promotion in Pisa schlug er eine Laufbahn in der römischen Kurie ein. Während seines Pontifikats von 1623 bis 1644 sammelte er mit seiner Familie unfassbare Kunstschätze, wurde zum Förderer der Künste und dokumentierte damit auch seine glanzvolle Repräsentation. Biblische Geschichten waren häufig Themen der Gemälde. Zwei seiner Neffen schufen in Rom den Palazzo Barberini, schließlich versorgte er sie und auch seinen Bruder mit Kardinalswürden und Posten im Vatikan. Heute beherbergt der römische Palazzo die Nationalgalerien Barberini Corsini.

Papst Urban VIII. und Werke seiner Sammlung stehen nun im Mittelpunkt der Ausstellung „Wege des Barock“ im 2017 wieder errichteten Museum Barberini in Potsdam. Es war Friedrich II, der 1771 den ursprünglichen Palazzo in der Residenzstadt erbauen ließ, dessen architektonisches Vorbild und Namensgeber der römische Palazzo Barberini war.

Gleich im ersten Saal: Ein phantastisches Gemälde über die gesamte Saaldecke mit zahlreichen ineinander greifenden Figuren, die die Augen der Betrachterin hin- und herwandern, nicht ruhen lässt.  Es handelt sich um eine Projektion des Freskos „Triumph der göttlichen Vorsehung“ von Pietro da Cortona. Das Original ist zu sehen in Rom, im großen Salon des dortigen Palazzo Barberini, entstanden in den Jahren 1632 bis 1639. Auf einem kleinen Vorentwurf, entliehen von  den Nationalgalerien Barberini Corsini kann der Besucher in Potsdam die einzelnen Figuren des Freskos deuten. Der römische Palazzo wurde zu seiner Zeit „zum lebendigen Herzen des Barock“, der in das gesamte übrige Europa ausstrahlte.

Eine Büste zeigt Maffeo als Papst Urban, mit einer Samtmütze auf dem Kopf und dem bestickten Papstmantel um die Schultern ebenso wie ein Portrait, gemalt von Gian Lorenzo Bernini aus dem Jahr 1632. Es sind zwei von 54 Werken aus dem Palazzo Barberini und der Gallerie Corsini aus Rom, die nun im Potsdamer Museum Barberini zu sehen sind.  Bilder und Büsten von Gian Lorenzo Bernini, Caro Maratta, Pietro da Cortona, Andrea Sacchi  und Giovanni Lanfranco, die alle für die Familie Barberini arbeiteten und im Rom ihrer Zeit zu den bedeutendsten Malern zählten. Gelbgolden sind die Wände in Potsdam gehalten, die Werke aus der römischen Sammlung des Barberini zeigen, sie demonstrieren  Herrschaftsanspruch, Prunk und  Macht der Familie.

Und sie führen den Besucher in eine Zeit der Widersprüchlichkeiten: Urban VIII. war ein Freund Galileo Galileis, des Universalgelehrten, der seine Erkenntnisse widerrufen musste, die Inquisition herrschte und der Dreißigjährige Krieg überzog Europa mit unvorstellbarem Leid. Auch in der Kunst zeigten sich diese Gegensätze und führten zu Streit.

Weiterer Höhepunkt der Ausstellung ist das Gemälde „Narziss“ von Caravaggio (1571-1610). Dieser malt den in glatter Wasseroberfläche sich spiegelnden Jüngling nach dem Mythos aus den Metamorphosen von Ovid. Lange vor der Papstwahl war dieses Ausnahmegenie gestorben, übte jedoch großen Einfluss auf die nachfolgende Künstlergeneration aus. Wie seine lebensechte, hautnah erlebbare, dramatische, fast fotorealistische Malerei andere Künstler inspirierte, zeigt sich im Potsdamer Barberini auf kaminroten Wänden: „Abschied der heiligen Petrus und Paulus von ihrem Martyrium“, „Der heilige Franziskus im Gebet“, der Heilige Hieronymus“ sind Beispiele dafür, auch für den geschickten Einsatz von Hell-Dunkler-Lichtinszenierung.

Gezeigt werden auch die „Caravaggisten in Nordeuropa“, denn viele Künstler kamen nach Rom, um Bilder von Caravaggio zu sehen und sie nachzubilden. Wie sehr der römische  Barock ganz Europa geprägt hat, offenbaren zwei Gemälde der Künstlerin Artemisia Gentileschi in der Schau, die Friedrich der Große 150 Jahre später 1768 für das Neuen Palais im protestantischen Preußen auswählte: „Bathseba im Bade“ und „Lukretia und Sextus Tarquinius“. Und: Der protestantische König orientierte sich 1771/72 am römischen-katholischen Barberini, als er seinen Palazzo in Potsdam am Alten Markt erschaffen ließ. Der Katholizismus hat sich mit barocker Malerei im Rom etabliert. Im Palast des protestantischen Preußen werden seine Wurzeln sichtbar.

„Wege des Barock“ bis zum 6. Oktober im Museum Barberini, Humboldtstraße 5–6,  Alter Markt, 14467 Potsdam. www.museum-barberini.com

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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