Die Idee zu dieser Publikation entstand auf einem Colloquium zur Palliativen Praxis in der stationären Altenpflege, das die Diakonie Deutschland gemeinsam mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkasse durchführte. Die palliative Versorgung in der Altenpflege, die dabei im Fokus steht, wird hier zum Anstoß für eine Weiterentwicklung der Sterbekultur, die die Lebensmöglichkeiten der älteren und sterbenden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Neben Überlegungen zur Weiterentwicklung der Sorgekultur in Hospizen und Pflegeeinrichtung finden sich deshalb Beiträge zur Gestaltung Sorgender Gemeinschaften im Quartier.

Grundlegende Überlegungen zum „Ende der Untersterblichkeit“ (Werner Schneider), zur Begleitung alter Menschen in der letzten Lebensphase durch Kirche und Diakonie (Ralph Charbonnier) wie auch zur Bedeutung des Ehrenamts und zur Interdisziplinarität verbinden die unterschiedlichen Perspektiven.

Giovanni Maio, Freiburg, fasst präg-nant zusammen, was im Untertitel als „Blinde Flecken der alternden Gesellschaft“ angesprochen wird: „Unsere Zeit, die geprägt ist von Effizienz, Schnelligkeit und Stromlinienförmigkeit, birgt die Tendenz in sich, sich über die Bedürfnisse alter Menschen hinwegzusetzen … Nirgendwo wird die Notwendigkeit einer Ethik der Sorge deutlicher als im Umgang mit dem alten Menschen.“ Schneider skizziert die neue Kultur der Sorge als soziale Innovation am Beispiel des „Altenheims“. Er plädiert dafür, die aktuelle Pflegekrise als Ausdruck zukünftig sich verschärfender Herausforderungen zu verstehen und die Institution Heim neu zu erfinden: Das „Heim der Zukunft soll zu einem Zentrum einer neuen Sorgekultur und Sorgepraxis, zum Mitgestalter gesellschaftlicher Veränderungen werden“ – ein Knoten im Netz von Dienstleistungsstrukturen und Zivilgesellschaft. Mit einem kritischen Blick auf jedwede Überhöhung der Idee von „Sorgenden Gemeinschaften“ hält er fest, dass es dabei um das ganz unterschiedlich gestaltete Angebot „temporär gelebter und erfahrbarer Gemeinschaft in einer radikal individualisierten Gesellschaft“ geht – dann, „wenn sie es am dringendsten braucht“.

Kirche und Diakonie, so Ralph Charbonnier, können dabei Erfahrungen der Altenseelsorge, der ehrenamtlichen und pfarramtlichen Gemeindeseelsorge, der Lebensberatung wie auch des sozialpädagogischen Handelns einbringen und den Fokus der palliativen Arbeit weiten wie zugleich profilieren: Seelsorgliche Arbeit zeigt sich in Lebensbegleitung wie ganz spezifisch in Spiritual Care, in kultur- und religionssensiblen Perspektiven wie in diakonischer Trägerschaft. „Sie wissen, dass mitten im Leben Dinge gelernt werden, auf die Menschen in der letzten Lebensphase zurückgreifen möchten, dass seelische Prozesse in der persönlichen Begleitung sterbender Menschen eine wesentliche Rolle spielen und so auch in der Organisation des Zusammenlebens Berücksichtigung finden sollten.“

Was das konkret bedeuten kann, zeigen die Praxisbeispiele und -reflexionen unter anderen von Katharina Heimerl, Frank Kittelberger und Katharina Ruh. Verbindende Artikel hätten geholfen, den vorwärtsweisenden Ertrag des Diskurses der unterschiedlichen Professionen deutlicher zu machen. Die Entwicklung einer Kultur und Ethik der Sorge bleibt eine Herausforderung über die verschiedenen, zum Teil konkurrierenden Praxis-
felder hinweg: Sie verlangt „Zeit und Zuwendung“, ein vertrauensvolles und kooperatives Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure und die notwendige finanzielle Ausstattun


 

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Foto: privat

Cornelia Coenen-Marx

Cornelia Coenen-Marx  ist Oberkirchenrätin a. D.  Nach Eintritt in den Ruhestand machte sich Coenen-Marx 2015 mit dem Unternehmen „Seele und Sorge“ selbständig, um soziale und diakonische Organisationen sowie Gemeinden bei der Verwirklichung einer neuen Sorgeethik zu unterstützen.


 

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