Fiel Richtiges

Bones UK hauen auf den Putz

Manchmal kommt die Jungfrau so überraschend zum Kinde wie der ältere Mann nach langer Abstinenz mal wieder in ein Fastfood-Drive-In: Es stach der Hafer! So ähnlich landete der auch bei der Girl-Band Bones UK. Ihm war nach Lautem, Anti-Geste, schwerem Rock’n’Roll, schillerndem Nonkonformismus. Da kamen die durchweg schwarzweißen Vorab-Videos zu den Bones UK-Songs Beautiful is Boring, Pretty
Waste und Filthy Freaks gerade recht: Sexy inszenierte Riot-Girrrls, die massiv lässig Madonnas „Like A Virgin“ mit tobendem Punk-Furor und viel Leder verbinden. Oder es gibt da den backstage genervt abgeschüttelten Cunnilingus eines Mannes, im Aschenbecher liegt eine Zigarre, dann greift sie zur Gitarre und es geht ab auf die Bühne, vor der nur Kerle stehen und starren. Und immer wieder lustvolles Spiel mit Queer-Erotik, dazu Metal-Ästhetik sowie Lyrics, die mit kehligem Girlie-Touch provozierend quer zu allem stehen, was Musikbusiness, Rock-Machismo und obwaltende Unkultur der Selbstdarstellung und -vermarktung von (Frauen-) Körpern so ausmacht.

Den Kick verschafft aber erst der rotzige Sound mit seinen fetten Gitarrenriffs und knalligen Elektrobeats, über dem wie Raubvögel solche Sätze schweben: I like your leather but I like it better on my floor/I lady like your legs but I think I’ll like them around me more. Das ist politisch so korrekt wie eine alkoholisierte Studenten (Studierenden, ich weiß! ...)-Party mit all den entfesselten Trieben und subtilen Verwirrungen, aber immerhin mit dem deutlich rausgebrüllten Satz, der auf der Platte durchgängig Zustimmung verlangt: Ich entscheide selbst! Das ist ja schon mal wenigstens was. Zu wenig, könnte man mit Theodor W. Adornos Diktum finden, wonach es kein richtiges Leben im falschen gäbe. Aber da hat Robert Gernhardts humorige Zuspitzung zum „Valschen“ zum Glück längst die allfällige Milde hinzugetan. Zugegeben, musikalische Zutaten wie das Amalgam sind nicht neu. Auch diese zwölf Songs am Stück zu hören ist nach einer Weile etwa so wie der Geschmack eines nach Jahren mal wieder an der Rampe verzehrten Hamburgers.

Aber Trash soll schließlich keine Werte schaffen, sondern nur für den Augenblick die Ohren freispülen. Es zählt die Geste der Übertretung, der Geist von Verweigerung und Revolte. Insofern lohnt das Debut von Bones UK, zu denen neben Sängerin Rosie Bones und Gitarristin Carmen Vandenberg auch Filippo Ciamati gehört, der die Platte produziert hat. Sie sind also nicht dogmatisch, haben das Herz auf dem richtigen Fleck, kennen die Gesetze des Musikbusiness und der Welt – und so wenig sie ihnen entkommen, widersprechen sie aber doch.

Rrrriot-Girlism im Anwendungsvall (sic!): Die Damen hauen stylish und versiert auf den Putz. Was gut tut und manchmal einfach sein muss.


 

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