Lachen gegen das Elend

Warum bei der Weltlage das Osterlachen rehabilitiert werden muss
Foto: Harald Oppitz

Gerade weil die Weltlage so schwierig ist, brauchen wir den erlösenden Brauch des Osterlachens, sagt unserer Kolumnistin Angela Rinn. Und beim Urteil über die Qualität der Pointe sollte man ein weites Herz behalten, rät die Professorin am Ausbildungsseminar in Herborn.

Wenn die Welt so ist wie sie gerade ist, kann man nur hoffen, dass den Kolleg*innen in den Ostergottesdiensten richtig gute Osterwitze einfallen. Das Osterlachen, „risus paschalis“, gehört für mich zu den Höhepunkten christlicher Überlieferung. Leider hat das der protestantische Theologe Johannes Oekolampad, der den Begriff geprägt hat, nicht wirklich verstanden. Mit „risus paschalis“ konnte er wenig anfangen und stand ihm eher kritisch gegenüber. Dabei ist es doch eine köstliche, wahrhaft theologisch-tiefsinnige Idee in gut biblisch-paulinischer Tradition, Tod, Teufel und Hölle kräftig auszulachen und ihrer Machtanmaßung eine lange Nase zu drehen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich Paulus noch vor seiner Hinrichtung über den Kaiser lustig gemacht hat. „Tod, wo ist dein Stachel?“. 

Vielleicht hat Oekolampad zu seiner Zeit auch keine wirklich guten Osterwitze zu hören bekommen. Die Qualität von Osterwitzen ist, zugegebenerweise, unterschiedlich. Ich möchte mir daher vorstellen, dass weltumspannend am Ostersonntag gute Osterwitze erzählt werden und die Welt von einem kräftigen, markerschütternden Lachen aufgerüttelt wird. Millionen Christenmenschen bekommen sich nicht mehr ein. Ein kichernder, Zwerchfell-erschütternder Protest gegen Tod und Teufel und ihre anmaßenden Henkersknechte. 

Was auch immer die Menschen dann zum Lachen bringen wird: Witze über Trump, etwas zum Thema Zölle für ein Land, in dem nur Pinguine leben, ein Scherz über Typen, die es geil finden, mit nacktem Oberkörper auf Pferden zu posieren – mir kommt in diesem Jahr alles recht. Hauptsache, den Pfarrpersonen gelingt es, den Witz gut rüberzubringen und die Lachmuskeln zu strapazieren. Mir scheint, gerade in diesem Jahr, in dem einem die Welt immer absurder vorkommt und mächtige Menschen, die sie beherrschen, scheinbar von allen guten Geistern verlassen sind, braucht es das scharfe Schwert des Humors.

In jedem Fall sollte die Suche nach dem Osterwitz in diesem Jahr für die Kolleg*innen landauf und landab keine Petitesse sein, sondern prioritär angegangen werden. Zumal Humor schon vor Oekolampads Zeiten kritisches Potenzial hatte. Und das gilt bis heute. Xi Jinping hat zwar ein Dauergrinsen im Gesicht, aber ich schätze mal, dass ein respektloser Scherz über ihn in China ziemlich ungesunde Folgen hat. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass Donald Trump es schätzt, wenn man sich über ihn lustig macht. Mein Respekt für alle, die das gerade in den USA wagen. Vielleicht sogar in den Ostergottesdiensten?!

Reformationshistoriker könnten mir bestimmt erklären, ob Oekolampad ein eher lustiger Typ war oder jemand, der zum Lachen in den Keller gegangen ist. Möglicherweise hat ihm einfach ein gutes Coaching in Sachen Humor gefehlt. 

Für ihn kommt es zu spät, aber für alle, die gerade jetzt Schwierigkeiten mit dem Humor haben, habe ich einen Tipp. Ich empfehle die Moderatorin Sarah Kuttner. Sie hat einmal gesagt, dass ihr in jeder, wirklich jeder Situation ein guter Witz einfällt. Das ist umso bemerkenswerter, als Sarah Kuttner an Depression erkrankt ist. Sie findet: Humor hilft immer im Leben, auch und gerade und sogar, wenn man sich mit einer schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Krankheit auseinandersetzen muss. In einem Interview erzählt Kuttner, dass sie mit ihrer Freundin sogar während der Suche nach passenden Schuhen für eine Beerdigung einen guten Witz gemacht hat. Jemand wie Sarah Kuttner könnte für alle Pfarrerinnen und Pfarrer, die gerade auf der Suche nach dem passenden Witz für den Ostersonntag sind, zum idealen Role-Model werden. Ich finde, die EKD sollte sich mit ihr in Verbindung setzen und sie um eine Idee bitten. Ihr fällt bestimmt was ein.

 

 

 

 

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Foto: Harald Oppitz

Angela Rinn

Angela Rinn ist Pfarrerin und seit 2019 Professorin für Seelsorge am Theologischen Seminar der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Herborn. Sie gehört der Synode der EKD an.

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