Unverzichtbar

Gemeinde und ihre Kinder

"Welche Kirche braucht das Kind?“ Diese Frage, auch Themenschwerpunkt der Synode der EKD 1994, bleibt in ihrer Doppelsinnigkeit aufgegeben und war Motivation des dem Arbeitsbuch Kinderkirche, Christenlehre & Co zugrunde liegenden Forschungsprojekts. Angesichts vieler Traditionsabbrüche bleibt als Frage aus der Einleitung weiter aktuell: „In welchen Formen begegnen sich Kirche und Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren in der Kirchengemeinde?“ Welchen Anteil wird künftig dabei eine bewusst auf geplante Bildungsprozesse ausgerichtete Theorie und Praxis leisten, ob unter dem „Markennamen“ Christenlehre oder Kinderkirche oder anders?

Martin Steinhäuser knüpft mit diesem Arbeitsbuch bewusst an die vielfältige Praxis und ihre theoretische Fundierung an, wie sie speziell in den ostdeutschen Landeskirchen in katechetischer und dann gemeinde­pädagogischer Tradition prägend waren. Für alle, denen geplante kontinuierliche strukturierte Bildungsprozesse in Gruppen mit Kindern in der Gemeinde wichtig sind, bietet das Buch eine Fülle von Anregungen und Einsichten. Steinhäuser gibt jeweils Rechenschaft über die einzelnen Schritte erhoffter Bildungsprozesse, Handwerkzeug für die Aus-, Fort- und Weiterbildung in einer haptisch sehr ansprechenden Publikation. Die Fülle von einfühlsamen Fotos in guter Farbqualität von Bertram Kober zur Veranschaulichung von Praxissituationen lassen das Buch gerne zur Hand nehmen und locken zum Durchblättern.

Im ersten Teil des Buches (Impressionen aus der Praxis) sind vier hospitierte und sehr ausführlich reflektierte Praxisbeispiele aus der Landeskirche Sachsen (Dorf und Stadt) dargestellt und gewertet. Aus der so reflektierten Praxis – gegründet auf eigenen Hospitationen und Interviews mit Kindern, Eltern, Mitarbeiterinnen und Personen aus der jeweiligen Gemeindeleitung – entwickelt Steinhäuser in Teil II (Kinderkirche konzeptionell reflektieren) grundlegende Kategorien, aus denen sich dann in Teil III (Kinderkirche als Prozess verstehen und gestalten) Leitlinien zur Praxisplanung ableiten, die in Teil IV in Schritte zur Profilentwicklung münden. Jedes Kapitel ist gut nachvollziehbar gegliedert und erläutert. Die enge Schrittfolge des Buches will in diesem Arbeitsfeld Tätigen nötiges Rüstzeug und Klärungen an die Hand geben.

Fachliche Klärungen, wie zum Beispiel zu Grundlagen jeder Didaktik in Bildungsprozessen, erweisen, dass dieses Arbeitsbuch auch seinen Platz finden kann in gemeindepädagogischer Aus- und Weiterbildung und in Überprüfung guter Praxis. Dabei fördert es den Gebrauch des Buches, sich jeweils in freier Wahl mit unterschiedlichen Bereichen der Kapitel intensiver zu beschäftigen, zu eigener Vergewisserung oder erneuter fachlicher Klärung. Dazu dienen viele hilfreiche Literaturverweise, die jeweils den Blick auf den großen Zusammenhang gegenwärtiger gemeinde- und religionspädagogischer Bildungsbemühungen öffnen. Ein zweiter Band „Dokumentation und Kommentare zum Forschungsprojekt“ bietet sehr hilfreich weitere Vertiefungen an und kann dem fachlichen Gespräch Impulse geben, besonders auch über den ostdeutschen Kontext des Forschungsprojektes hinaus.

Dem Mut des Autors, eine entsprechende zusammenfassende Konzeption ausgehend von hospitierter und reflektierter Praxis zu entwickeln, ist Respekt zu zollen. Nicht allen in diesem Arbeitsfeld Tätigen wird die klare Bindung an planbare, didaktisch-methodisch verantwortete Bildungsprozesse behagen, aber Steinhäuser fordert mit seinem deutlich spürbaren Engagement heraus, sich Rechenschaft zu geben über das eigene Tun als unaufhebbare Verpflichtung von Kirche, ihren Kindern auf fachlich verantwortetem Niveau das Evangelium zu kommunizieren. „Dieses Buch ist vor allem für Menschen geschrieben, die sich in der kirchlichen Arbeit mit Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren engagieren, ob haupt- oder ehrenamtlich. Es soll sie dabei unterstützen, ihr Tun zu reflektieren, sie inspirieren und ihnen Freude bereiten.“ Möge es so sein.

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