KomponistenQuartier

Hamburgs kleines, feines Musikmuseum
Foto: pixelio/Dietmar Meinert
Hamburg hat nun endlich ein "KomponistenQuartier" und demnächst soll es erweitert werden.

Lieben Sie Brahms?“ heißt ein Roman von Françoise Sagan. Dass die Hamburger Johannes Brahms, einen ihrer größten Söhne, wirklich geliebt haben, kann man nicht unbedingt sagen. Eine gut dotierte Anstellung gab man ihm nicht, und so zog Brahms nach Wien, wo er als Komponist und Pianist wirkte und bis zu seinem Tode blieb. Brahms wurde zwar der erste Ehrenbürger Hamburgs, der nicht Kaufmann war, doch ein Brahms-Museum gibt es erst seit 1971. Nicht unweit von seinem zerstörten Geburtshaus in der Speckstraße und der Musikhalle, in der seine Werke regelmäßig erklingen, liegt das barocke Wohnhaus, das sogenannte Beyling-Stift, in dem das kleine Museum untergebracht ist.

Dass dieses Haus in Hamburg, einer Stadt, die fast keinen älteren Baubestand mehr hat, erhalten blieb, ist der Carl- Toepfer-Stiftung zu verdanken, die es mit anderen Bauten restaurierte und öffentlichen Zwecken zur Verfügung stellte. So entstand ein Straßenzug mit schmucken Bürgerhäusern des 17. und 18. Jahrhunderts, der in dem heutigen, umtriebig-modernen Hamburg aus der Zeit gefallen zu sein scheint.

In das Brahms-Museum tritt man durch das seitlich versetzte Hauptportal. Über einen barocken Treppenaufgang gelangt man in den ersten Stock. Dort steht ein Tafelklavier, an dem der junge Brahms in Hamburg unterrichtet hat. Das Plakat mit der Zeichnung des älteren Brahms mit Vollbart, der Zigarre rauchend am Flügel in die Tasten greift, darf nicht fehlen. Brahmsiana, Schriftstücke, Faksimiles, Musikalien und Fotografien zu Brahms lassen Werk und Leben dieses Komponisten aufleuchten. Brahms, der erst spät mit seinen vier Sinfonien aus dem Schatten Beethovens herausgetreten ist, ist besonders als Komponist von wunderbar zurückgenommener Kammer- und Klaviermusik ein Antipode zum auftrumpfenden Richard Wagner. Wer je sein wunderbares Klarinettenquintett gehört und sich in seinen traumhaften Melodiebögen verloren hat, wird es nie vergessen.

Brahms war musikwissenschaftlich interessiert, sammelte alte Partituren und lernte von seinen Vorgängern. Seit März 2015 hat Brahms nun Gesellschaft von drei älteren Hamburger Musikerkollegen bekommen – ein neues Museum mit Abteilungen für Georg Philip Telemann, Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Adolf Hasse. Telemann war 40 Jahre lang Musikdirektor der Hamburger Hauptkirchen und Kantor des Johanneums. Er komponierte allein 46 Passionen, die er reihum an den Hauptkirchen zur Aufführung brachte. Zugleich war er auch 15 Jahre lang als künstlerischer Leiter an der Hamburger Gänsemarktoper tätig. Und schrieb festliche Musiken für fürstliche Besuche, so ein Alsterkonzert, in dem Frösche und Krähen zu hören sind. Sein Nachfolger als Musikdirektor wurde 1767 sein Patensohn Carl Philipp Emanuel Bach, der schon der Zeit der Empfindsamkeit angehört. Schließlich Johann Adolf Hasse, in Bergedorf vor den Toren Hamburgs geboren, in jungen Jahren nach Italien gegangen, als Opernkomponist zu großen Ruhm gekommen, schließlich Hofkapellmeister in Dresden. Seine Opern, lange vergessen, werden jetzt wieder aufgeführt und wie bei den bei den anderen Komponisten gibt es Konsolen mit herrlichen Hörbeispielen.

Brahms soll gesagt haben, zwei Dinge schaffe er im Leben nicht mehr: zu heiraten und eine Oper zu komponieren. Hamburg hat aber nun endlich ein „KomponistenQuartier“, und demnächst soll es erweitert werden durch Ausstellungsräume zu dem in Hamburg geborenen Geschwisterpaar Fanny und Felix Mendelssohn-Bartholdy und zu Gustav Mahler, der drei Jahre lang in Hamburg als Dirigent wirkte. Ein Besuch lohnt, und bitte mindestens zwei Stunden einplanen!

KomponistenQuartier, Peterstraße 28, 20355 Hamburg, Öffnungszeiten Di-So 10-17 Uhr.

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Hans-Jürgen Benedict

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Foto: privat

Hans-Jürgen Benedict

Hans-Jürgen Benedict war bis 2006 Professor für diakonische Theologie an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie des Rauhen Hauses in Hamburg. Seit seiner Emeritierung ist er besonders aktiv im Bereich  der Literaturtheologie.


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