Erste Frau im Staat

Perspektivwechsel: Preußens Frauen im Mittelpunkt
Foto: pixelio/Dietmar Meinert
Bis weit ins vergangene Jahrhundert hinein war Geschichte und Geschichtsschreibung immer Männersache. Eine Ausstellung in Berlin geht nun der Frage auf den Grund, welche Rolle die Frauen bei den Hohenzollern gespielt haben.

Sie ist schlicht gekleidet, in Schwarz mit einer schwarzen Haube. Das Ölgemälde, das Elisabeth von Dänemark, Kurfürstin von Brandenburg, zeigt, ähnelt in seinem Ausdruck den bekannten Porträts von Martin Luther. Der deutsche Maler Heinrich Bollandt (1577-1651) hat es 1620 allem Anschein nach gemalt. Die Ähnlichkeit mit den Lutherporträts ist sicher kein Zufall, da die Kurfürstin schon 1527 zum lutherischen Glauben übergetreten war. Ganz anders der Ehemann, Kurfürst Joachim I. von Brandenburg. Er präsentiert sich dem Maler Lucas Cranach dem Älteren 1529, also auf dem Höhepunkt der Reformation, mit Rosenkranz in der Hand und dokumentiert für alle sichtbar seine altgläubige Frömmigkeit. Beide Bilder sind derzeit als Exponate in der Ausstellung "Frauensache - Wie Brandenburg Preußen wurde" im Berliner Schloss Charlottenburg zu sehen. Mit ihr erinnert die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg an den Beginn der Hohenzollernherrschaft in Berlin und Brandenburg vor 600 Jahren.

Bis weit ins vergangene Jahrhundert hinein war Geschichte und Geschichtsschreibung immer Männersache. Die Präsentation geht der Frage auf den Grund, welche Rolle die Frauen bei den Hohenzollern gespielt haben. Eindrucksvoll wird gezeigt, wie auch Frauen durch ihre Rollen in der Familie und ihrer Position im dynastischen Netzwerk den Lauf der Geschichte Brandenburg-Preußens beeinflussen konnten. Sicher, Fürstinnen und Königinnen lebten und wirkten in einem patriarchalischen System. Und doch konnten sie aufgrund ihrer Rolle als Töchter, Mütter und Ehefrauen Einfluss nehmen und gestaltend wirken. An der Seite von Fürsten, Königen und Kaisern füllten sie unterschiedliche Rollen aus: als Beraterin, als Braut, die Territorien einbrachte, als Förderin von Kunst und Kultur oder als Regentin für einen neuen Thronfolger und Töchter, die das Territorium ihrerseits vergrößerten. In einem Königs- oder Herrscherhaus Kinder zu bekommen und zu verheiraten, war ein wesentliches Element der Politik. Ein Beispiel gibt Elisabeth von Dänemark. Ihr Konfessionswechsel vom römischen Katholizismus zum Luthertum führte zu großen Spannungen und später zu ihrer Flucht. "Die unmittelbare Beziehung zu Gott ohne priesterliche Vermittlung kam ihrem Selbstverständnis als Königstochter entgegen, eröffnete ihr neue Aufgabenfelder und ermöglichte ihr, den Einfluss auf ihren Ehemann und das höfische Umfeld wiederzugewinnen", schreibt Ulrike Strässner in ihrem Katalogaufsatz. Damit ist die Kurfürstin eine der Hohenzollerinnen, die aufzeigt, wie stark Frauen die Entwicklung Brandenburg-Preußens geprägt haben.

Und die Ausstellung vermittelt darüber hinaus: Eheschließungen beruhten nicht auf Zuneigung, sondern sicherten oder noch besser: Sie vergrößerten im Idealfall das Territorium. Die Heirat war eine probate Maßnahme der Außenpolitik, schaffte Friedensverträge oder sicherte Erbansprüche. Das Wirken der Frauen ist vielfältig: Kurfürstin Elisabeth setzte sich mit Erfolg an der Seite Martin Luthers für die Reformation ein. Königin Sophie Charlotte holte die italienische Oper nach Preußen. Anna von Preußen, später Kurfürstin von Brandenburg, weitete das Herrschaftsgebiet aus. Denn durch ihre Heirat mit Johann Sigismund rückte die Vereinigung Brandenburgs mit dem Herzogtum Preußen in realistische Nähe, fehlte doch der männlicher Erbfolger in Königsberg. Und sie brachte ihre Ansprüche auf die niederrheinischen Fürstentümer unter anderen Jülich, Kleve, Mark mit.

Information

Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde. Bis zum 22. November 2015 im Theaterbau von Schloss Charlottenburg, Berlin. Öffnungszeiten: täglich, außer Montag, von 10 bis 18 Uhr.

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Kathrin Jütte

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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