Zukunft der Kirche

Eingesammelte Stimmen
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Martin Rothe interviewt Mutmacher, die er nicht für von "Zukunftsangst" und "Kirchenpessimismus" "angekränkelt" hält.

Die Publizistin Beatrice von Weizsäcker hält in ihrem Vorwort zu dem Buch den Titel "Genug gejammert!" für provozierend. Inwiefern? Wer jammerte eigentlich und worüber, fragt sich, wer das Buch unvoreingenommen lesen will. Aber offensichtlich richtet es sich vor allem an Haupt- und Ehrenamtliche der Kirche, von denen viele über "dahinschmelzende Mitgliederzahlen und Finanzmittel, über den schwindenden Einfluss auf Staat und Gesellschaft, über unerwünschte Gemeindefusionen, drohenden Pfarrermangel und erdrückende Gebäudelasten" lamentierten, wie der Autor Martin Rothe einleitend schreibt.

Entwertet er damit nicht manch nötige "kritische Bestandsaufnahme" als Jammern? Für seine Interviews wählte der evangelische Theologe und Journalist "Mutmacher" aus, die er nicht für von "Zukunftsangst" und "Kirchenpessimismus" "angekränkelt" hält. Deshalb werden Defizite in der Kirche zwar benannt, aber selten analysiert - beziehungsweise oft und schnell als Chancen begriffen, von "Quer und Vordenkern", wie Rothe sie nennt: "Menschen mit ungewöhnlichen Perspektiven" auf das "organisierte Christentum in seiner gegenwärtigen Gestalt" (so die Klappentext-Definition für Kirche). Gerade von solchen angekündigten Perspektiven, von "ermutigenden Visionen" steht zu wenig im Buch. Liegt das womöglich daran, dass 91 Prozent der befragten 14 Männer und neun Frauen evangelische oder katholische Theologinnen und Theologen mit Lehrstühlen oder kirchlich angestellte Pfarrer und Pfarrerinnen sind? Dabei kennt Rothe "die Skepsis, mit der junge Intellektuelle von der Seitenlinie aus auf die Institution Kirche blicken". Aber leider kommen sie, bis auf zwei Ausnahmen, nicht zu Wort. Ältere Menschen auch nicht. Stimmen theologischer Laien, von Studienleiterinnen in Bildungshäusern, von kritischen Gottesdienstbesuchern, die noch an der Zukunft der Kirche interessiert sind, hätten wahrscheinlich besondere Akzente gesetzt. Bestimmt auch tiefergehende Fragen nach der Sprache der Kirche, ihrer inneren Kraft und politischen Wirkung. Trotzdem werden interessante Gedanken geäußert; sie betreffen aber weniger Christentum und Kirche, sondern mehr die Gesellschaft im Allgemeinen.

Martin Rothe: Genug gejammert. Gedanken über die Zukunft der Kirche. Verlag Plöger Medien, Annweiler 2014, 176 Seiten, Euro 14,80.

Christoph Kuhn

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