Ohrensausen

Richard Strauss zum 150. Geburtstag
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The Other Richard Strauss" stellt auf drei CD's die weniger bekannten Facetten eines Künstlers vor, von dem es heißt, dass er in den frühen Jahren seiner Zeit voraus war, um ihr später mit einer spätromantischen Rückbesinnung hinterherzuhinken.

Ob es ein Glück war, dass Stanley Kubrick im Jahr 1968 die Schlüsselszene seiner Odyssee im Weltraum mit den Klängen von "Also sprach Zarathustra" unterlegte? Seither scheint die mächtige Tondichtung prädestiniert zu sein, als Pathos-Viagra an den seltsamsten Orten und Momenten aufzutauchen, und sei es beim Einlaufen der Spieler in einem Eishockeyspiel. Andererseits wäre der Name Richard Strauss ohne Kubrick wohl weitaus weniger Menschen ein Begriff.

Der Autor dieser Zeilen hat den Komponisten, dessen 150. Geburtstag im kommenden Monat gefeiert wird, nicht durchs Kino, doch auf gleichfalls sehr aufwühlende Weise kennen gelernt. Es ist Mitte der Achtzigerjahre, der erste CD-Spieler hat eben auf der HiFi-Anlage Platz genommen und zur Premiere ertönt Strauss' Alpensinfonie leise aus den Kopfhörer-Lautsprechern. Ganz ohne Rauschen und Knistern; so, wie man es sonst nur aus dem Konzertsaal kennt. Begeistert von der Ungetrübtheit des Klangs, wird der Ton lauter gedreht. Dann setzen unvermittelt die Bläser ein, eine gewaltige Lawine braust hernieder, so laut, dass dem Hörer beinahe das Herz stockt. Seither ist klar: Bei Richard Strauss ist Vorsicht geboten - bloß nicht einlullen lassen!

Voller musikalischer Überraschungen steckt eine neue Zusammenstellung, die mit dem anderen Strauss bekannt machen will. Nicht mit dem erfolgreichsten Operngenie des 20. Jahrhunderts, also mit Werken wie "Elektra", "Salome" oder "Rosenkavalier", auch nicht mit dem Schöpfer überwältigender Orchesterwerke wie "Ein Heldenleben" oder eben dem "Zarathustra". Sondern mit dem Komponisten ganz anderer musikalischer Gattungen wie dem Chorlied, der Romanze, der Motette oder der Sonate.

"The Other Richard Strauss" stellt auf drei CD's die weniger bekannten Facetten eines Künstlers vor, von dem es heißt, dass er in den frühen Jahren seiner Zeit voraus war, um ihr später mit einer spätromantischen Rückbesinnung hinterherzuhinken. Klassisch und modern zugleich, mit verschmitztem Humor erscheint die "Göttin im Putzzimmer". "Die Schweigsame Frau" gleitet in gewandter Leichtigkeit daher, während das Abendlied andachtsvolle Stille verbreitet. Das "Festliche Präludium Op. 61" für Orgel und Orchester entfacht ein lyrisches Brausen. Violin- und Cello-Sonaten erzählen von einer sensiblen und auch leidenschaftlichen Seele.

Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1970 bis 2006. Unter anderem sind Wolfgang Sawallisch und das Philadelphia Orchestra, Rundfunk- und Kammerchor Stockholm oder das Philharmonische Orchester Rotterdam unter Jeffrey Tate zu hören, als Solisten zum Beispiel Vadim Repin und Renaud Capucon an der Violine, Boris Berezowsky am Klavier oder Mstislav Rostropovich am Cello.

The Other Strauss - Symphonic, Vocal & Chamber Music. Diverse Künstler. Warner Classics, 3 CDs, 825646349289.

Ralf Neite

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