Heizkissen und neue Lampen

Klimaschutz in Sakralbauten muss nicht am Denkmalschutz scheitern
Das allein wird wohl nicht reichen: Werbung für Klimaschutz in der badischen Landeskirche. Foto: dpa/ Ronald Wittek
Das allein wird wohl nicht reichen: Werbung für Klimaschutz in der badischen Landeskirche. Foto: dpa/ Ronald Wittek
Der Umbau von Kirchen ist eine gute Gelegenheit auch zur energetischen Sanierung der alten Gemäuer. Wie der Klimaschutz im Kirchbau des 21. Jahrhunderts berücksichtigt werden kann, beschreiben Oliver Foltin und Volker Teichert von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST).

In vielen Kirchengemeinden werden bereits heute umfangreiche energetische Maßnahmen ergriffen, um die Verbräuche von Heizenergie und Strom und die damit verbundenen CO2-Emissionen zu verringern. Für die Durchführung solcher Maßnahmen sprechen ökologische und ökonomische Gründe, denn die Energiekosten steigen kontinuierlich an und schränken damit die finanziellen Möglichkeiten vieler Gemeinden ein. Jede Maßnahme zum Energiesparen dient somit dazu, die weitere Arbeit der Kirchengemeinden zu sichern und zu stabilisieren. Gleichzeitig dient Energiesparen auch dem Klimaschutz, indem CO2-Emissionen reduziert werden. Somit erfüllen alle Kirchengemeinden, die ihre Energieverbräuche mindern, den Beschluss der 10. Synode der EKD vom Herbst 2008. Auf ihr wurde den Gliedkirchen der EKD empfohlen, alle notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um im Zeitraum bis 2015 ihre CO2-Emissionen um 25 Prozent - gemessen am Basisjahr 2005 - zu verringern. Auf der 11. Synode der EKD im November 2010 wurde ein weiterer Beschluss zur Klima- und Energiepolitik gefasst. Darin wird der Rat der EKD gebeten, die Gliedkirchen zu veranlassen, "ihren Kohlendioxid-Ausstoß zu messen und durch geeignete Klimaschutz-Teilkonzepte planmäßig zu verringern" und "die Wirkung von Klimaschutzmaßnahmen durch geeignete, finanzielle Anreize zu verbessern und positive Beispiele zu propagieren".

Die Klimaschutz-Teilkonzepte beziehen sich neben der Konzeptionierung von investiven insbesondere auch auf nicht-investive Maßnahmen, mit denen Energieverbräuche und CO2-Emissionen deutlich vermindert werden können. Sie werden im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Die Förderung umfasst drei Bausteine, deren Beantragung einzeln oder auch kombiniert möglich ist. Im ersten Baustein "Klimaschutz-Management" geht es um die Ermittlung und Bewertung des Ist-Zustandes der Gebäude mit Hilfe von Energiekennzahlen. Im zweiten Baustein "Gebäudebewertung" werden durch Gebäudebegehungen Zustandsbeschreibungen von baulichen Teilen (Fassaden, Fenster, Dach) und der Anlagentechnik (Heizung und Lüftung) erarbeitet. Zugleich werden die Kosten für mögliche Investitionsmaßnahmen zur Emissionsminderung sowie das Einsparpotenzial des Energieverbrauchs grob ermittelt. Im dritten Baustein "Feinanalysen" werden eine ausführlichere Untersuchung des Ist-Zustandes sowie die Erarbeitung von ganz konkreten Sanierungsmaßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen gefördert. Eine Förderung von Feinanalysen ist nur für Liegenschaften möglich, die in den nächsten fünf Jahren tatsächlich saniert werden sollen.

Um das Ziel einer CO2-Emissionsminderung überhaupt erreichen zu können, muss sowohl am Gebäudebestand als auch an der Technik der Heizenergie- und Stromerzeugung angesetzt werden. Da in den Kirchengemeinden und darüber hinaus in den einzelnen Kirchenkreisen bisher oftmals kein Überblick über die Höhe des Energieverbrauchs und der Energiekosten vorhanden ist, wird generell die regelmäßige Energieverbrauchserfassung als erster Schritt angesehen. Dabei werden die Verbräuche kontinuierlich beobachtet und in einer Liste zusammengestellt. Die Einführung eines solchen Energiemanagements bietet die Möglichkeit, Bereiche mit hohen Energieverbräuchen zu erkennen und somit die Gebäude und Einrichtungen zu identifizieren, die das bedeutendste Potenzial für Energieeinsparungen bieten. Darüber hinaus ist auch eine bessere Planung und spätere Erfolgskontrolle von Baumaßnahmen möglich. Die höchsten Heiz- und Stromkennzahlen weisen vor allem Pfarrhäuser und Kindergärten/Kindertagesstätten auf, was auf die intensive Nutzung dieser Gebäude zurückzuführen ist. Bei Gemeindehäusern und insbesondere Kirchen sind diese Werte aufgrund der nur temporären Nutzung hingegen deutlich niedriger

Die CO2-Emissionen des Stromverbrauchs verhalten sich analog zur Höhe der jeweiligen Stromkennzahlen. Den niedrigsten Stromverbrauch pro Quadratmeter weisen Sakralgebäude auf; damit verbunden sind die daraus abgeleiteten CO2-Emissionen. Sie betragen bei diesen lediglich 6 kg pro Quadratmeter und liegen damit deutlich unter den Werten der anderen Gebäudetypen. Die Ermittlung der CO2-Emission für den Heizenergieverbrauch von Sakralgebäuden erfolgt auf Basis der verschiedenen Energieträger (Gas, Strom, Öl und Fernwärme). Auch hier liegen Kirchengebäude - infolge deren zeitlich weniger intensiven Nutzung im Gegensatz zu anderen kirchlichen Gebäudetypen - mit 41 kg pro Quadratmeter hinter Pfarrhäusern und Kindergärten/Kindertagesstätten. Gemeindehäuser weisen - trotz einer höheren Heizkennzahl - niedrigere CO2-Emissionen auf, da in diesen oftmals die Heizungsanlagen bereits modernisiert und Öl- und Stromheizungen ersetzt wurden.

80 Prozent Sparpotenzial

Bei Kirchen zeigt sich oftmals, dass die Nutzungshäufigkeit entscheidend für den Heizenergiebedarf ist. Kirchen, die mehrmals in der Woche genutzt werden und daher während der Heizperiode auch auf einem höheren Temperaturniveau gehalten werden, weisen einen signifikant höheren Energiebedarf auf als jene Kirchen, die nur einmal wöchentlich für den Sonntagsgottesdienst erwärmt werden. Wegen des Denkmalschutzes, dem die Kirchengebäude häufig unterliegen, und aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen kommen letztlich nur sehr wenige energetische Maßnahmen in Betracht. Gerade bei Sakralbauten ist daher zu prüfen, wie Denkmal- und Klimaschutz miteinander verwoben werden können. So ist etwa der Einbau einer modernen Solaranlage im Zuge von Dachsanierungen inzwischen oftmals mit den Vorgaben des Denkmalsschutzes vereinbar. Zweifellos ist eine ästhetisch gelungene energetische Sanierung nicht immer einfach zu erreichen. Hier sind kreative Fachplaner in den Bauabteilungen der einzelnen Landeskirchen gefragt, denn oftmals unterbleiben energetisch sinnvolle Totalsanierungen, stattdessen werden suboptimale Teilsanierungen vorgenommen. Durch fachgerechtes Sanieren und moderne Gebäudetechnik können gemäß Schätzungen der Deutschen Energieagentur bis zu 80 Prozent des Energiebedarfs eingespart werden.

Dabei wird auf die Dämmung der Außenwände und Flachdächer (23 Prozent Verbrauchsersparnis), den Einbau einer neuen Heizungsanlage (17 Prozent), die Innendämmung (14 Prozent), die Erneuerung von Fenstern und Türen (11 Prozent) sowie den Austausch von Leuchtmitteln (78 Prozent) gesetzt. Die Maßnahmen selbst amortisieren sich erst nach längerer Zeit, doch darf nicht übersehen werden, dass ein Teil der Kosten auch dem Erhalt der Sakralgebäude dient. Geringe Investitionen stellen dagegen eine gezielte Raumtemperaturüberwachung und -steuerung sowie gegebenenfalls eine Temperaturabsenkung bei dauerbeheizten Kirchen dar, das Einsparpotenzial liegt bei vier Prozent. Die bei kleineren und in der Woche weniger häufig genutzten Kirchen weit verbreiteten Stromheizungen unter den Sitzbänken sind aus wirtschaftlicher Sicht in der Regel vorteilhaft, sorgen allerdings für mehr als doppelt bis dreimal so viel CO2-Emissionen wie Öl- oder Erdgasheizungen.

Um das Ziel einer CO2-Emissionsminderung überhaupt erreichen zu können, muss neben dem Gebäudebestand auch an der Technik der Heizenergie- und Stromerzeugung angesetzt werden. Die Wärme- und Strombereitstellung sollte stärker durch erneuerbare Energieträger erfolgen.

Angesichts eines Gesamtenergieverbrauchs von bis zu 40 Prozent in Deutschland allein für die Nutzung und Bewirtschaftung von Gebäuden ist ein Handeln im Gebäudebereich zu Gunsten des Klimaschutzes unumgänglich. Ferner hat sich in den letzten Jahren durch steigende Energiekosten eine erhebliche Kostensteigerung in diesem Bereich ergeben, die sich vermutlich in den nächsten Jahren fortsetzen wird.

Ein nachhaltiges, die Schöpfung bewahrendes Verhalten und eine weitsichtige Finanzplanung für den kirchlichen Immobilienbesitz erfordern ein umsichtiges Handeln. Umfangreiche Bauvorhaben von mehr als einer 20-prozentigen Veränderung an einem Gebäude bieten in der Regel die Möglichkeit, Klima schützende Maßnahmen zu berücksichtigen und Gebäude in einen energetisch besseren Zustand zu bringen.

Literatur

EnergieAgentur NRW: Energiesparen in Kirchengemeinden. München (2010): oekom Verlag, 150 S., 18,90 EUR.

Foltin, Oliver/Teichert, Volker: Klimaschutz in kirchlichen Gebäuden. Heidelberg (2013): FEST, 43 S., 3,- EUR.

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Oliver Foltin/Volker Teichert

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