All dies ist schon tausendfach beschrieben worden, vielleicht lohnt es gar nicht weiter, sich bei dieser stumpfsinnigen, stinkenden Oper aufzuhalten", schreibt Jean Echenoz am Ende seines Romans über den Ersten Weltkrieg mit dem schlichten Titel "14". In der Tat gibt es unzählige Schilderungen, die die Gräuel und das schiere Entsetzen schildern. Und doch sticht der schmale 128 Seiten umfassende Band des französischen Schriftstellers, der 1947 in der Provence geboren wurde, hervor. Er erzählt fast humorvoll, meistens lakonisch die Geschichte des 23-jährigen Anthimes, der mit seinem Fahrrad unterwegs in der Vendée im Westen Frankreichs ist, als ihn das Sturmgeläut der Kirchenglocken überrascht, sein Leben von nun auf den Kopf stellt, er den ersten Winter im Schützengraben an der belgischen Grenze überlebt und nach vier Kriegsjahren zum Schluss ein Kind zeugt.
Echenoz hält sich dabei nicht auf mit den Gründen oder Folgen des Krieges, er erzählt nicht nach, sondern zeichnet wie durch eine Lupe im Zeitraffer die Geschichte von Anthimes und dessen Freunden. Dabei meistert er gekonnt den Spagat zwischen den Trivialitäten des Alltags und den grausamen Kriegserlebnissen, zwischen dem Leben auf dem Land und dem im Schützengraben. Und er verzichtet auf dramatische Schilderungen, allein seine Andeutungen lassen Bilder im Kopf des Lesenden vom unvorstellbaren Ausmaß des Leides entstehen. Ein meisterhaft poetischer Roman, den Hinrich Schmidt-Henkel grandios übersetzt hat.
Jean Echenoz: 14. Hanser Verlag, Berlin 2014, 128 Seiten, Euro 14,90.
Kathrin Jütte
Kathrin Jütte
Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.