Leonardos Oper

Welt-Ersteinspielung: "Artaserse"
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Lange war Leonardo Vinci (ohne da) vergessen; zu seiner Zeit galt er als einer der größten Meister. Erst neuerdings beginnt die Wiederentdeckung des Italieners, und in diese Reihe gehört auch die Einspielung des "Artaserse", die eine Weltpremiere darstellt.

Leonardo Vincis Oper "Artaserse" erzählt von Mord, skrupellosen Intrigen und rücksichtslosem Ehrgeiz, dem ein Vater beinahe sogar seinen Sohn opfert. Am Ende siegt die Gerechtigkeit - aus dem vergifteten Becher wird nicht getrunken. Nur drei Monate nach der Uraufführung seines dramma per musica hatte Leonardo Vinci im Jahr 1730 weniger Glück als sein Held Arbace: Niemand bewahrte ihn davor, eine vergiftete Tasse Schokolade zu trinken. Der 34-Jährige starb so schnell, dass er nicht einmal mehr die Sakramente empfangen und die Beichte ablegen konnte. Obwohl er es wohl nötig gehabt hätte, wie ein Zeitgenosse vermerkte.

Der Komponist Leonardo Vinci, ohne "da", scheint ein ausschweifendes Leben geführt zu haben, das von seiner Spielsucht und der Leidenschaft für Frauen geprägt war. Ob er tatsächlich aus Rache vergiftet wurde, nachdem er eine amouröse Verstrickung ausgeplaudert hatte, lässt sich indes nicht belegen - wie so vieles in Vincis Leben, von dem man nicht einmal den Geburtstag und -ort sicher kennt.

Lange war der Barockkomponist vergessen; zu seiner Zeit galt er als einer der größten Meister. Bald nach seinem Tod wurde "Artaserse" europaweit zur erfolgreichsten Barockoper - was nicht zuletzt am exquisiten Libretto aus der Feder Metastatios lag. Erst neuerdings beginnt die Wiederentdeckung des Italieners, und in diese Reihe gehört auch die Einspielung des "Artaserse", die eine Weltpremiere darstellt. Wobei man den Originalklang der Partituren natürlich nicht mehr erreichen kann: Damals wurden alle Rollen in der Oper von Männer gespielt, die Frauenrollen waren mit Kastraten besetzt - auch der berühmte Farinelli sang einst in einer Vinci-Oper. Heute kommen Countertenöre am ehesten dem Klangideal des Barock nahe. "Artaserse" ist gleichsam "ein Gipfeltreffen der Countertenöre", wie es die "Süddeutsche Zeitung" formulierte. Fünf Vertreter dieser seltenen Sangesgattung wirken mit - mit Philippe Jaroussky und Max Emanuel Cencic in den Hauptpartien und Daniel Behle als erstklassigem Tenor.

Die Musik verströmt eine opulente, leidenschaftliche Pracht. Dabei scheinen immer wieder melancholische Zwischentöne auf und geben so der funkelnden Oberfläche eine unerwartete Tiefe. Nicht wenige Kritiker werten die Aufnahme als Sensation - dieser Ansicht kann man sich bedingungslos anschließen.

Leonardo Vinci - Artaserse. Concerto Köln, Diego Fasolis. 3 CDs. Virgin Classics 5 099960 286925.

Ralf Neite

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