Ermutigend

Eine ökumenische Reflexion
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Das Buch stellt hohe intellektuelle Anforderungen an die ökumenisch und friedensethisch interessierte Leserschaft. Doch es ist lohnend, sich davon nicht abschrecken zu lassen.

Viel Hoffnung verbreitet die institutionelle Ökumene zurzeit wahrlich nicht. Trotz der feierlich besiegelten Übereinstimmung in der Rechtfertigungslehre zwischen Lutherischem Weltbund und römisch-katholischer Kirche gibt der Vatikan mit jeder neuen Verlautbarung zu verstehen, dass es in der Ekklesiologie keine Gemeinsamkeit geben werde. Genau an dieser Frage - also der gegenseitigen Anerkennung als Kirche - war bereits der Konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung letztlich gescheitert, obwohl so viel Übereinstimmung in den Zukunftsfragen der Menschheit erreicht wurde. Ob die Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001 - 2011 in dieser Hinsicht weiterführend gewirkt hat, ist fraglich.

Für Enns, der als Mennonit und Mitglied des Zentralausschusses des ÖRK daran engagiert mitgewirkt hat, gibt sie jedenfalls Anlass zu einer neuen ökumenischen Orientierung: den ursprünglich christologischen Ansatz trinitarisch zu erweitern. Dazu empfiehlt er eine friedenskirchliche Ekklesiologie, in der das Handeln der Gemeinde zu einem Eckpfeiler der missionarischen Ausstrahlung wird. Allerdings hat bisher weder der lehrbezogene noch der praxisbezogene Ansatz zu einer ökumenischen Ekklesiologie geführt.

Das Buch ist die Habilitationsschrift des Autors und stellt hohe intellektuelle Anforderungen an die ökumenisch und friedensethisch interessierte Leserschaft. Doch es ist lohnend, sich davon nicht abschrecken zu lassen. Im ersten Teil rekapituliert Enns die theologischen Implikationen der ökumenischen Prozesse des 20. Jahrhunderts.

Im zweiten prüft er, inwieweit die Ökumene in Friedenstheologie und -ethik ihr Bewährungsfeld findet oder finden kann. Im dritten Teil kehrt er den Gedankengang um und entwirft eine friedenskirchliche Theologie "im Horizont der Ökumene". Dazwischen wird der bisherige mennonitische Dialog mit der römisch-katholischen Kirche resümiert und es werden die dabei aufgetretenen Grenzen der Verständigung markiert.

Umso bemerkenswerter ist der theologische Eros, mit dem Enns schließlich eine ökumenische Ekklesiologie aus friedenskirchlicher Perspektive entwirft. So wie sich die Mennoniten durch die Ökumene des 20. Jahrhunderts zu gründlicher theologischer Reflexion herausfordern ließen, meint Enns, die Ökumene aus friedenskirchlicher Perspektive nun ekklesiologisch auf einen neuen Weg führen zu können. Dabei erhält für ihn das schon vor zwanzig Jahren vom Lutherischen Weltbund in diesem Sinne in Anspruch genommene Verständnis von "Koinonia" eine "Schlüsselfunktion" zur Verhältnisbestimmung von Ekklesiologie und Ethik. Denn es geht ihm um eine handlungsorientierte Ökumene, in der die angestrebten Übereinstimmungen durch "regulative Prinzipien" ersetzt werden. Vielfalt und Pluralismus versteht er nämlich mit guten Gründen als Bereicherung und nicht als Behinderung der Ökumene. Schon John Howard Yoder hatte als mennonitischer Theologe deutliche Spuren in der Friedensethik der Ökumene hinterlassen. Enns tritt mit seinen theologischen Reflexionen über eine ökumenische Ekklesiologie in seine Fußstapfen. Diese muss sich zuerst in der Vielstimmigkeit friedenskirchlicher Theologie bewähren. Auf dem Weg zu einer "Ökumene des gerechten Friedens", den der Ökumenische Rat der Kirchen gerade beschreiten will, ist das Buch eine ermutigende theologische Anregung.

Fernando Enns: Ökumene und Frieden. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 2012, 390 Seiten, Euro 39,-.

Götz Planer-Friedrich

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