Predigt, Gebet oder Erbauung?

Warum der Gemeindegesang für den Protestantismus wichtig ist
In Deutschland haben sich viele evangelische Gospelchöre gebildet. Foto: epd-bild/Gustavo Alabiso
In Deutschland haben sich viele evangelische Gospelchöre gebildet. Foto: epd-bild/Gustavo Alabiso
Durch die Reformation in Wittenberg und Genf, Konstanz und Straßburg hat sich das volkssprachliche Gemeindelied verbreitet. Der Theologe Michael Heymel zeigt, worin sich die Reformatoren unterschieden.

Weshalb hat sich die Reformation vor allem singend ausgebreitet? Ganz einfach: Das evangelische Lied wurde auf Straßen und Marktplätzen geboren. Es bewegte die Herzen des Volkes, weil es aus einem neuen Hören auf die Bibel kam und sich mit Volksliedweisen verbündete. Diese Singbewegung folgte keinem kirchlichen Programm oder Impulspapier, sie war überhaupt nicht von oben verordnet, sondern begann von unten, im Volk, bei den Laien, die im Hören auf die lebendige Stimme des Evangeliums ihre geistliche Würde erkannten und singend ihre Mündigkeit bewiesen. Im Singen und Sagen, nicht allein durch Worte eines Predigers wird das Evangelium von Jesus Christus laut.

Wenn Martin Luther die Musik nach der Theologie als höchste Kunst lobt und erklärt, Gott predige das Evangelium auch durch die Musik, so meint er vor allem die Vokalmusik, also das durch menschliche Stimmen erklingende Wort. Die herzbewegende Wirksamkeit solcher Musik war ihm sinnfälliger Hinweis, dass in der Christusbotschaft die bewegende Kraft des Wortes Gottes wirke. Im Gottesdienst geschehe nichts anderes, als dass die Gemeinde "mit Gebet und Lobgesang" auf Gottes "heiliges Wort" antworte, so Luther 1544 bei seiner Einweihungspredigt in der Schlosskapelle zu Torgau. Als Medium persönlichen Beteiligtseins an diesem Wort-Antwort-Geschehen ist Musik im Gottesdienst unentbehrlich.

Für Martin Luther ist das Singen im Gottesdienst wesentliche Verkündigung. Diese geschieht durch die Stimme, ja, sie ist lebendige Stimme des Evangeliums. Im Gottesdienst kommt alles darauf an, das göttliche Wort zu hören. Wo dieses Wort erklingt, hat es affektive Wirkung. Deswegen liegt so viel daran, wie gesungen wird. Das Evangelium von Gottes Heilstat ruft Freude hervor, die sich mitteilen will.

Auswendig und ohne Orgel

Im Gemeindegesang zeigt sich, ob Menschen die befreiende Gnade erfahren haben. Nur ein freudiges Singen kann der frohen Botschaft entsprechen. "Nun freut euch, lieben Christen gmein / und lasst uns fröhlich singen" - in diesem Lied lässt Luther die Gemeinde an seiner eigenen Erfahrung der befreienden Kraft des Evangeliums teilhaben. Und in seiner Vorrede zum Babstschen Gesangbuch von 1545 prägt er der Gemeinde ein: "Gott hat unser hertz und mut fröhlich gemacht / durch seinen lieben Son / welchen er für uns gegeben hat zur erlösung von sunden / tod und Teuffel. Wer solchs mit ernst gleubet / der kans nicht lassen / er mus fröhlich und mit lust davon singen und sagen / das es andere auch hören und herzu komen." Die Gemeinde sang damals allein im Gottesdienst, Orgelbegleitung war noch nicht üblich. Und sie sang auswendig. Gesangbücher waren für Haus und Schule bestimmt, in der Kirche aber den Pfarrern, Kantoren und Schülerchören vorbehalten. Erst um 1700 bürgerte es sich ein, sie in den Gottesdienst mitzunehmen.

Für die Reformatoren ist das Gesangbuch von Anfang an Liederbuch für die Gemeinde. Es ist das Buch einer Kirche, in der die Laien etwas im Gottesdienst zu singen und zu sagen haben. Über die Frage, was sie dort singen sollen, kam es allerdings bald zum Streit zwischen Luther und dem linken Flügel der Reformation.

Thomas Müntzer, seit 1523 Pfarrer im kursächsischen Allstedt, reformierte dort das gottesdienstliche Leben. Alle Gottesdienste wurden auf Deutsch gefeiert. Es zeigte sich, dass Müntzer die altkirchlichen Hymnen in seinem Sinn zu Zeugnissen der Vergottung des Menschen, des inneren Wortes und Geistbesitzes umformte. Aber auch aus sprachlichen Gründen wandte sich Luther gegen Müntzers Übersetzungen. Es sei verkehrt, nur den lateinischen Text zu übersetzen, der deutschen Fassung aber die gregorianischen Singweisen silbengleich wie im Lateinischen zu unterlegen. Nach Luther müssen Worte und Noten in eine entsprechende Sprachmelodie gebracht werden, die sich aus der deutschen Muttersprache ergibt. Nur dies ermögliche ein natürlich klingendes Singen. Dieser Weg ist für die Ökumene zukunftsweisend geworden. Bei der Arbeit an einer singbaren deutschen Gregorianik berief man sich im 20. Jahrhundert auf  Luther, nicht auf Müntzer.

Anregung für die Ökumene

Anders als Luther lässt der Genfer Reformator Johannes Calvin nur Paraphrasen der biblischen Psalmen für den Gemeindegesang gelten. Er folgt der Tradition Augustins und ordnet das Singen dem Beten zu, wenn er schreibt, man könne Gebete mit schlichten Worten und mit Gesang vortragen. Singen ist für ihn die intensivierte Form des Betens. Aus Erfahrung weiß Calvin, welch große Kraft das Singen hat, "die Herzen der Menschen zu bewegen und zu entflammen, so dass sie Gott mit heiligerem und glühenderem Eifer anrufen und loben" (Gesangbuchvorrede von 1542/43). Diese Wirkung hat Musik schon ohne das Wort. Wenn eine Melodie zum Wort hinzutrete, treffe dies das Herz stärker. Deswegen komme es darauf an, die Musik "so zu handhaben, dass sie uns zum Nutzen ist und auf keine Weise zum Schaden". Im Blick auf das liturgische Singen müsse man darauf achten, dass es Gewicht und Würde ("poids et majesté") habe. Volkslieder scheiden daher als melodische Grundlage aus.

Der Brauch des Singens soll gepflegt werden, "um Gott zu loben und unsere Herzen zu ihm zu erheben, um uns zu trösten". Calvin will Musik der Sittsamkeit dienstbar gemacht sehen. Dazu gebe es keine geeigneteren Lieder, als die vom Heiligen Geist inspirierten Psalmen Davids. "Und so sind wir, wenn wir sie singen, gewiss, dass Gott uns die Worte in den Mund legt, als ob er selbst in uns sänge, um seine Ehre zu erhöhen." Mit Bezug auf Paulus und Augustinus legt Calvin Wert darauf, dass der Mensch mit Verstand singt. "Herz und Gefühl sollen dem Verstand nachfolgen, was aber nicht möglich ist, wenn wir das Lied nicht in unser Gedächtnis eingeprägt haben …"

Der "Hugenottenpsalter"

Der von Guillaume Franc und anderen vertonte Genfer Liedpsalter (1565) von Clément Marot und Théodore de Bèze wurde zur Grundlage reformierten Kirchengesanges und das wohl meistübersetzte Gesangbuch der Welt. Die französisch-reformierten Emigranten brachten ihren "Hugenottenpsalter" nach Deutschland mit. So war zum Beispiel in der 1699 gegründeten waldensischen Flüchtlingsgemeinde Walldorf (Hessen) der französische Psalter lange das einzige Gesangbuch. Bis 1815 wurden dort französische Psalmen gesungen.

Wie Calvin es bestimmt hatte, sang die Gemeinde im Gottesdienst die Psalmen einstimmig und ohne Instrumentalbegleitung, aber mit Hilfe eines Vorsängers und Vorlesers. "Auch zu Hause, bei Feierlichkeiten, bei der Arbeit, auch auf dem Felde, sang man Psalmen, beim häuslichen Musizieren und in der Schule auch mit Instrumentalbegleitung und mehrstimmig."(Eberhard Gresch) Der 1573 von dem lutherischen Juristen Ambrosius Lobwasser vorgelegte deutsche Psalter wurde dann für mehr als 200 Jahre "das Gesangbuch der deutschen Calvinisten" (Erich Trunz). Als Gegenstück entstand die bewusst lutherische Bearbeitung von Cornelius Becker, Der Psalter Davids gesangweis (1602), den Heinrich Schütz vertonte.

Lieder für daheim

Lobwassers Psalmenversion beruht nicht auf dem hebräischen Urtext und der Übersetzung Martin Luthers, sondern überträgt den Genfer Psalter aus dem Französischen ins Deutsche. Ihr großer Erfolg ist in erster Linie den Melodien und Tonsätzen zu verdanken, die Lobwasser unverändert vom Genfer Psalter übernahm. Die französischen Weisen, ergänzt durch drei weitere Stimmen, haben seinem deutschen Psalter weite Verbreitung verschafft. Die eingängige vierstimmige Bearbeitung der Psalmen stammt von Claude Goudimel, der den Leser darauf hinweist, dass er drei Stimmen nicht für den Psalmengesang in der Kirche hinzugefügt habe, "sondern damit man sich daheim in den Häusern in Gott erfreue". Da Goudimel die ursprünglichen Weisen beibehielt, fanden seine Tonsätze allmählich Eingang in die Kirche und wurden von der ganzen Gemeinde gesungen.

Im Unterschied zu Calvin hatte der Reformator Ulrich Zwingli in Zürich Gesang und Musik aus dem Gottesdienst verbannt, nicht weil er prinzipiell gegen Gesang war, sondern weil ihm liturgisches Handeln in Gemeinschaft mit kunstvoller Musik unvereinbar schien. Da gab der Reformator und Liederdichter Johannes Zwick 1540 mit anderen Lieddichtern in Konstanz das "Nüw gesangbüchle von vil schönen Psalmen und geistlichen liedern" heraus. In seiner Vorrede verteidigt Zwick den Gemeindegesang sowohl gegenüber Zwingli wie gegen Calvins Lehre, nur die Psalmen seien für den kirchlichen Gesang zulässig. Sein Argument: So wenig Christus das Singen geboten habe, so wenig habe er es verboten. Darum bleibe "Singen ein frei Ding, das sein mag oder nit, je nach dem es Gott zu Lob dienet und den Menschen mag nütz und gut sein". Wo das Singen einer Gemeinde zu Glauben und Liebe diene, möge man singen, wo das aber nicht der Fall sei, möge man es lassen. Mit dieser freien Auffassung beeinflusste das "Nüw gesangbüchle" die Schweizer Kantone und den Südwesten Deutschlands. Und es trug dazu bei, dass 1598, lange nach Zwinglis Tod, der Gemeindegesang in Zürich eingeführt wurde.

Gemeinde als Subjekt und Träger

Was hat die Reformation verändert? Gemeindelieder sangen schon um 1500 die Anhänger von Jan Hus in Tschechien. Aber erst durch die Reformatoren in Wittenberg und Genf, Konstanz und Straßburg hatte sich das volkssprachliche Gemeindelied verbreitet. Waren es vorher Kleriker-Chöre, die im Gottesdienst sangen, während die stumm anwesenden Laien nur gelegentlich beteiligt wurden, so wurde nun die singende Gemeinde Subjekt und Trägerin des Gottesdienstes. Schülerchöre, vor allem von Schülern städtischer Lateinschulen, leiteten den einstimmigen Gemeindegesang an. Das gemeinsame Singen zum Lob Gottes, das Kirche als Gemeinde Jesu Christi kennzeichnet, wurde neu zum Ereignis.

Geistliches Singen braucht alltägliche Praxis und Übung, damit die Lieder wirklich zum Glauben und Leben helfen können. Daran fehlt es heute. In nicht wenigen evangelischen Gottesdiensten klingt der Gesang müde und lustlos. Allein der Wunsch, lautstarken Gemeindegesang zu erleben, hilft da nicht weiter. Wir brauchen Personen, die die Gemeinde immer wieder zum lebendigen Singen anleiten. Vorsänger und Chor, ein kurzes Einsingen und das Singen im Wechsel können sie dazu motivieren. Denn Gemeindegesang muss gepflegt werden, sonst verkümmert er. Und die Gemeinde sollte wissen, was sie singt. Gesucht sind Pfarrerinnen und Kirchenmusiker, die es öfter wagen, die zum Gottesdienst Versammelten durch Liedpredigten und andere Formen musikalischer Verkündigung zu mehr Beteiligung, mehr Aufmerksamkeit im Umgang mit den Liedern des Gesangbuchs herauszufordern. Mancher Gemeinde könnte auch der Rat Johannes Zwicks helfen: "Wo durch das Singen nicht Glaube und Liebe gefördert werden, möge man es lassen." Die Frage bleibt: Was bewegt uns dazu, singend und betend aus uns herauszugehen? Wie wird unser Singen ein lebendiges Bekenntnis? Das Jahr der Kirchenmusik in der Lutherdekade bietet Chancen, darüber nachzudenken.

Foto: epd-bild/Rainer Oettel
Foto: epd-bild/Rainer Oettel

Im lutherischen Gottesdienst dient das Lied der Verkündigung ...

Foto: epd/Jörg Stippke
Foto: epd/Jörg Stippke

... auch wenn einmal der Gesang unkonventionell daherkommt.

Der Brauch des Singens soll gepflegt werden, "um Gott zu loben und unsere Herzen zu ihm zu erheben, um uns zu trösten". Calvin will Musik der Sittsamkeit dienstbar gemacht sehen. Dazu gebe es keine geeigneteren Lieder, als die vom Heiligen Geist inspirierten Psalmen Davids. "Und so sind wir, wenn wir sie singen, gewiss, dass Gott uns die Worte in den Mund legt, als ob er selbst in uns sänge, um seine Ehre zu erhöhen." Mit Bezug auf Paulus und Augustinus legt Calvin Wert darauf, dass der Mensch mit Verstand singt. "Herz und Gefühl sollen dem Verstand nachfolgen, was aber nicht möglich ist, wenn wir das Lied nicht in unser Gedächtnis eingeprägt haben ..."

Der von Guillaume Franc und anderen vertonte Genfer Liedpsalter (1565) von Clément Marot und Théodore de Bèze wurde zur Grundlage reformierten Kirchengesanges und das wohl meistübersetzte Gesangbuch der Welt. Die französisch-reformierten Emigranten brachten ihren "Hugenottenpsalter" nach Deutschland mit. So war zum Beispiel in der 1699 gegründeten waldensischen Flüchtlingsgemeinde Walldorf (Hessen) der französische Psalter lange das einzige Gesangbuch. Bis 1815 wurden dort französische Psalmen gesungen.

Wie Calvin es bestimmt hatte, sang die Gemeinde im Gottesdienst die Psalmen einstimmig und ohne Instrumentalbegleitung, aber mit Hilfe eines Vorsängers und Vorlesers. "Auch zu Hause, bei Feierlichkeiten, bei der Arbeit, auch auf dem Felde, sang man Psalmen, beim häuslichen Musizieren und in der Schule auch mit Instrumentalbegleitung und mehrstimmig." (Eberhard Gresch) Der 1573 von dem lutherischen Juristen Ambrosius Lobwasser vorgelegte deutsche Psalter wurde dann für mehr als zweihundert Jahre "das Gesangbuch der deutschen Calvinisten" (Erich Trunz). Als Gegenstück entstand die bewusst lutherische Bearbeitung von Cornelius Becker, Der Psalter Davids gesangweis (1602), den Heinrich Schütz vertonte. Lobwassers Psalmenversion beruht nicht auf dem hebräischen Urtext und der Übersetzung Martin Luthers, sondern überträgt den Genfer Psalter aus dem Französischen ins Deutsche. Ihr großer Erfolg ist in erster Linie den Melodien und Tonsätzen zu verdanken, die Lobwasser unverändert vom Genfer Psalter übernahm. Die französischen Weisen, ergänzt durch drei weitere Stimmen, haben seinem deutschen Psalter weite Verbreitung verschafft. Die eingängige vierstimmige Bearbeitung der Psalmen stammt von Claude Goudimel, der den Leser darauf hinweist, dass er drei Stimmen nicht für den Psalmengesang in der Kirche hinzugefügt habe, "sondern damit man sich daheim in den Häusern in Gott erfreue". Da Goudimel die ursprünglichen Weisen beibehielt, fanden seine Tonsätze allmählich Eingang in die Kirche und wurden von der ganzen Gemeinde gesungen. Im Unterschied zu Calvin hatte der Reformator Ulrich Zwingli in Zürich Gesang und Musik aus dem Gottesdienst verbannt, nicht weil er prinzipiell gegen Gesang war, sondern weil ihm liturgisches Handeln in Gemeinschaft mit kunstvoller Musik unvereinbar schien. Da gab der Konstanzer Reformator und Liederdichter Johannes Zwick 1540 mit anderen Lieddichtern in Konstanz das "Nüw gesangbüchle von vil schönen Psalmen und geistlichen liedern" heraus. In seiner Vorrede verteidigt Johannes Zwick den Gemeindegesang sowohl gegenüber Ulrich Zwingli wie gegen Calvins Lehre, nur die Psalmen seien für den kirchlichen Gesang zulässig. Sein Argument: So wenig Christus das Singen geboten habe, so wenig habe er es verboten. Darum bleibe "Singen ein frei Ding, das sein mag oder nit, je nach dem es Gott zu Lob dienet und den Menschen mag nütz und gut sein". Wo das Singen einer Gemeinde zu Glauben und Liebe diene, möge man singen, wo das aber nicht der Fall sei, möge man es lassen. Mit dieser freien Auffassung beeinflusste das Nüw gesangbüchle die Schweizer Kantone und den Südwesten Deutschlands. Und es trug dazu bei, dass 1598, lange nach Zwinglis Tod, der Gemeindegesang in Zürich eingeführt wurde. Was hat die Reformation verändert? Gemeindelieder sangen schon um 1500 die Anhänger des böhmischen Reformators Jan Hus in Tschechien. Aber erst durch die Reformatoren in Wittenberg und Genf, Konstanz und Straßburg hatte sich das volkssprachliche Gemeindelied verbreitet. Waren es vorher Klerikerchöre, die im Gottesdienst sangen, während die stumm anwesenden Laien nur gelegentlich beteiligt wurden, so wurde nun die singende Gemeinde Subjekt und Trägerin des Gottesdienstes. Schülerchöre, vor allem von Schülern städtischer Lateinschulen, leiteten den einstimmigen Gemeindegesang an. Das gemeinsame Singen zum Lob Gottes, das Kirche als Gemeinde Jesu Christi kennzeichnet, wurde neu zum Ereignis. Geistliches Singen braucht alltägliche Praxis und Übung, damit die Lieder wirklich zum Glauben und Leben helfen können. Daran fehlt es heute. In nicht wenigen evangelischen Gottesdiensten klingt der Gesang müde und lustlos. Allein der Wunsch, lautstarken Gemeindegesang zu erleben, hilft da nicht weiter. Wir brauchen Personen, die die Gemeinde immer wieder zum lebendigen Singen anleiten. Vorsänger und Chor, ein kurzes Einsingen und das Singen im Wechsel können sie dazu motivieren. Denn Gemeindegesang muss gepflegt werden, sonst verkümmert er. Und die Gemeinde sollte wissen, was sie singt.

Gesucht sind Pfarrerinnen und Kirchenmusiker, die es öfter wagen, die zum Gottesdienst Versammelten durch Liedpredigten und andere Formen musikalischer Verkündigung zu mehr Beteiligung, mehr Aufmerksamkeit im Umgang mit den Liedern des Gesangbuchs herauszufordern. Mancher Gemeinde könnte auch der Rat Johannes Zwicks helfen: "Wo durch das Singen nicht Glaube und Liebe gefördert werden, möge man es lassen." Die Frage bleibt: Was bewegt uns dazu, singend und betend aus uns herauszugehen? Wie wird unser Singen ein lebendiges Bekenntnis? Das Jahr der Kirchenmusik in der Lutherdekade bietet Chancen, darüber nachzudenken.

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Michael Heymel

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Michael Heymel

Dr. habil. Michael Heymel ist habilitierter praktischer Theologe und Pfarrer im Ruhestand in Limburg/Lahn. Er arbeitet als freier Autor und Dozent.


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