Suche nach der Seele

Abenteuer Leben zum Debut
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Der Studioname als Programm - es rollt, funkt, heult. Die Rhythmen sind fett, haben aber nie ein Gramm zu viel. Tedeschi röhrt, ist zart, verzweifelt, ausgelassen, auf den Punkt. Die Gitarre säuselt, geigt, jault, tobt. Alles passt.

Wir können ja nicht nur die Schmidts hören (wieso eigentlich? Jedenfalls reicht die Smiths-Compilation Louder than Bombs für den Inselaufenthalt, wenn er nicht zu lang ist - es fehlt das augustineske "How Soon Is Now?").

Es gibt popmusikalische Gegenwart. Die gehört aktuell der Tedeschi Trucks Band, deren beeindruckendes Debut den "Abenteuern des Lebens" gilt, sagt (Blues-)Sängerin und Gitarristin Susan Tedeschi.

Zwölf Songs erzählen "von der Suche nach der eigenen Seele, nach Liebe, dem Wunsch nach dem Platz im Leben, Hoffnung oder einer Pause zum Atemholen" - großartig im Gewand von rockigem Delta Blues, Memphis Soul und 70er-Funk, gospelgetauft, perfekt produziert, mit großer Tradition, aber ganz im Jetzt, und ohne Furcht vor dem Niemandsland an der Grenze zu Kitsch.

Es ist nämlich schon Leistung für sich, einen so dicht am US-Klischee angesiedelten Song wie das hymnische "Bound for Glory" ("yesterday's dead and gone / and I feel I'm bound for glory / dreaming in a cowboy song") nicht nur um blauäugige Pathosklippe zu steuern und zugleich die Zuversicht im Crescendo von Tedeschis hier sehr souligen Stimme auch so fühlbar zu machen, dass Mitsingen kein bisschen peinlich ist.

Die Möglichkeiten dieser 2010 formierten Band sind erstaunlich! Die 40-jährige Tedeschi und ihr rund zehn Jahre jüngerer Mann, der mit eigener Band bereits sehr erfolgreiche Slidegitarrist Derek Trucks, taten sich nach vielen Auftritten beim anderen auch musikalisch zusammen: Nun sind sie zu elft, Bläsersektion und tolle Keyboards inklusive. Musiker mit dem Zeug und Feeling, die klassischen Südstaatengenres funkensprühend mit tollem Timing aufs Gleis zu setzen. Der Studioname als Programm - es rollt, funkt, heult. Die Rhythmen sind fett, haben aber nie ein Gramm zu viel. Tedeschi röhrt, ist zart, verzweifelt, ausgelassen, auf den Punkt. Die Gitarre säuselt, geigt, jault, tobt. Alles passt. Ihre Stimme (Vorbilder sind Janis Joplin und Bonnie Raitt) könnte zwar mehr hörbar erlebtes Leid vertragen doch scheint ihr das bislang erspart geblieben zu sein. Wir wünschen ihr und uns, dass das so bleibt. Schließlich kann auch ein Dementi volle Offenbarung sein.

Tedeschi Trucks Band - Revelator. Sony Classical 2011.

Udo Feist

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