Simpel und pfiffig

"My Perception" - frisches Blut
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Sie verstehen sich als "Garage Band", setzen auf Kraft statt Finesse. Black Box Revelation wissen den Zug aufs Gleis zu setzen und haben viel zu erzählen.

Black Box Revelation heißt das Duo aus Brüssel, das die gerade mal 22 und 20 Jahre alten Jan Paternoster (Gitarre, Gesang) und Dries van Dijck (Drums, Percussion) bilden und die, was die Formation angeht, in der Tradition der immens erfolgreichen White Stripes stehen (zz 9/2007). Auch musikalisch: Blues sprüht aus jeder Schweißnaht, wenn sie ihr Kraftwerk anwerfen. Während sich jene an den ursprünglichen Inspiratoren abarbeiten, sind für die Black Box Revelation aber vor allem deren Adepten aus den Sechzigerjahren Vorbild: die Rolling Stones der mittleren Sechziger, die Kinks um Ray Davies und Led Zeppelin. Es klingt rau und ungehobelt, was die Belgier daraus machen, und das soll es auch.

Sie verstehen sich als "Garage Band", setzen auf Kraft statt Finesse. Allerdings ist ihrem inzwischen schon dritten Album deutlich anzumerken, dass sie schon acht Jahre zusammenspielen: Sie wissen den Zug aufs Gleis zu setzen und haben längst auch mehr zu erzählen als auf ihrem Debut-Album, das ganz treffend Set Your Head On Fire betitelt war. In "Lonely Hearts" versetzt sich Jan Paternoster nun zu stampfender Wüstenrock-Psychedelik gar in die Rolle eines alten Mannes, der auf sein Leben zurückblickt - und ist privat gespannt darauf, wie sich die Perspektiven in seinem wirklichen Leben noch ändern werden.

Aus dem Mund eines 22-Jährigen klingt das überraschend, zumal der Ansatz der Black Box Revelation konfessorisch juvenil (also "Rock") ist, doch weder ironisch noch naiv rüberkommt, sondern erstaunlich selbstverständlich - wie auch das gesamte Album mit seinen elf Songs stets den Charme von glaubhafter Aufrichtigkeit und geballter Kraft entfesselt.

Man hört ihnen gern zu. Simpel und pfiffig gehen da zusammen. Das Wiedererkennen der nie verleugneten Soundvorbilder mag den Reiz für ältere Hörer verstärken, doch primäre Zielgruppe sind sie definitiv nicht. Black Box Revelation ist es aber längst gelungen, aus Einflüssen Eigenes zu machen. Zahlreiche Konzerte und die auch der Platte anzumerkende Lust am Live-Ereignis trugen wohl dazu bei. Den Albumtitel My Perception darf man wahlweise programmatisch oder auch lebensphasig verstehen. Es beeindruckt jedenfalls ungemein, wie sie trotz tiefer Verwurzelung in einer Musikwelt von gestern in der Themenbehandlung völlig up to date und herzerfrischend zeitlos sind. Bühnenfegende Dialektik der condition humaine, ohne Staub und Allüren so zusagen - eben die "Black Box Revelation".

Udo Feist

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