Für Tuvalu und alle anderen

Synodale fordern engagierteren Kampf gegen Erderwärmung in Kirche und Politik
Während nur wenige Kilometer entfernt die UN-Klimakonferenz tagte, ließen sich die Synodalen über den Klimaschutz in den eigenen Reihen informieren. Dabei gibt es Grund zu vorsichtigem Optimismus. Doch noch passiert zu wenig, damit die Ziele der EKD erreicht werden.

Die Töne der Lali hallen durch den Tagungssaal des Bonner Maritim-Hotels. Mit zwei Hölzern wird die bootförmige Trommel geschlagen, die mit hellem Klang auf den Fidschi-Inseln die Christen zum Gottesdienst ruft. Diese Lali wurde aus dem Holz eines Mahagonibaums gefertigt, der 2016 dem tropischen Zyklon Winston nicht standhalten konnte. 42 Menschen kamen auf den Fidschi-Inseln durch den Sturm ums Leben. Hier in Bonn markieren die hellen Klänge der EKD-Synode.

Das Thema an diesem Vormittag: Der Klimawandel, der immer öfter für immer heftigere Stürme und andere extreme Wetterlagen sorgt. Sie bedrohen die Menschen weltweit, doch die Länder des Südens haben unter den Folgen besonders zu leiden. Und das auch ganz ohne Stürme und Regenfluten. Die Gletscher auf dem Kilimandscharo, die die Flüsse an seinen fruchtbaren Hängen speisen, werden von Jahr zu Jahr kleiner. Der seit Generationen gleiche Rhythmus von Trocken- und Regenzeiten kommt durcheinander, was zu Ernteausfällen führt. Der Meeresspiegel steigt, zum Beispiel in Tuvalu.

Rund 11000 Einwohner zählt der Inselstaat in der Pazifik, einer von ihnen ist Tafue Lusame, Generalsekretär der Kirche in Tuvalu. Er berichtete den Synodalen von den Auswirkungen des Klimawandels. „Während ich hier spreche, kämpfen Tuvalu und alle anderen tiefliegenden pazifischen Inselstaaten ums Überleben.“ Die Wirbelstürme nehmen zu, das Salzwasser dringt in die Grundwasserspeicher der Insel ein, die Inseln drohen zu versinken - und das sei nicht einfach naturgegeben, sondern Folge der Industrialisierung auf der Nordhalbkugel der Erde. „In vielerlei Hinsicht ist die Frage des Klimawandels für uns im Pazifik daher eine Frage von Gerechtigkeit.“ Die Industriestaaten sollen bezahlen für die Schäden, die sie angerichtet haben und die noch kommen werden, weil das Klima sich weiter verändert.

Grundsätzlich ist das auch zugesagt. Doch wie genau die einzelnen Fonds finanziert werden, aus denen Staaten wie Tuvalu Geld bekommen sollen, um mit den Problemen des Klimawandels fertig zu werden, darüber wird noch verhandelt. Die Synode fiel in die Zeit der 23. UN-Klimakonferenz, die ebenfalls in Bonn stattfand. Dort ging es weiterhin um die Frage, wie der vor zwei Jahren gefasste Beschluss, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, nun konkret umgesetzt werden soll. Und eben auch darum, wie der Süden für die Klimasünden des Nordens entschädigt werden kann. Dass das nicht so schnell gehen wird, war klar. Doch die Nichtregierungsorganisationen, zu denen auch „Brot für die Welt“ gehört, blicken immer skeptischer auf die laufenden Gespräche. Es gehe zu langsam voran, es gebe zu wenig konkrete finanzielle Zusagen, die Zeit laufe davon - so lautete zum Beispiel der Tenor einer Veranstaltung am Rande der Klimakonferenz, zu der „Brot für die Welt“ am Rande der Klimakonferenz eingeladen hatte.

Konzept für Landeskirchen

Die Synodalen der EKD zeigten sich solidarisch und beschlossen, dass der Rat der EKD sich bei der Bundesregierung für eine engagiertere Klimapolitik einsetzen soll. Dazu zählt neben der Schließung von allen mindestens dreißig Jahre alten Kohlekraftwerken und klimafreundlicherem Verkehr die Bereitstellung des Geldes für die Entwicklungsländer und eine völkerrechtliche Regelung für die zu erwartenden Klimaflüchtlinge.

Doch auch über den Klimadreck vor der eigenen Tür haben sich die Synodalen informieren lassen: Hans Diefenbacher, stellvertretender Leiter der Forschungsstelle der evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg und Umweltbeauftragter der EKD, legte der Synode einen aktuellen Klimabericht vor und zeigte sich „vorsichtig optimistisch“, dass die EKD ihre Klimaziele erreicht. Bis 2020 sollen die CO2-Emissionen, die durch die deutschen Protestanten verursacht werden, um vierzig Prozent sinken.

Diefenbacher begründete seinen Optimismus mit den Klimaschutzkonzepten, die mittlerweile für 13 der 20 Landeskirchen vorliegen. Damit würden zwischen 80 und 90 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder erfasst. Allerdings komme es nun darauf an, dass die in den Konzepten erarbeiteten Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt würden. Es gebe viele Pilotprojekte, „aber wenn die Klimaziele erreicht werden sollen, müssen diese in die Breite getragen werden“, sagte Diefenbacher. „Aller Voraussicht nach tun wir noch zu wenig. Das große Schiff muss noch Fahrt aufnehmen.“

Damit dies geschieht, forderte die Synode vom Rat der EKD, verbindliche Klimaschutzziele bis 2030 festzulegen und genug Geld zur Erreichung dieser zu Verfügung zu stellen. Zudem bekräftigte sie ihre Bitte an die EKD, die Gliedkirchen und Werke, ihr Anlagekapital aus Branchen der fossilen Energieträgergewinnung und Energieerzeugung sukzessiv abzuziehen. Last but not least soll für die kommenden Synoden ein Konzept für die klimaneutrale und ressourcenschonende Durchführung der Synodaltagungen einschließlich der Hoteldienstleistungen entwickelt werden.

Stephan Kosch

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