Luther leaken

Punktum
Wenn offenbar wird, was verborgen bleiben sollte, hat das immer seinen Reiz. Diesen Mechanismus gilt es für das Reformationsjubiläum zu nutzen.

Achtung, Psychotest: Woran denken Sie beim Stichwort „Briefkasten“?

a) Daraus hole ich einmal im Monat mein neues zeitzeichen-Heft.

b) Briefkasten? Ich verstehe nicht…Meinen Sie meinen Mail-Account?

c) Oh, wie schön ist Panama!

Auflösung: Wer a) angekreuzt hat, macht ohne Frage alles richtig, denjenigen, die b) gewählt haben, schicken wir demnächst eine Mail mit entsprechendem Link zu Wikipedia. Sollten Sie aber tatsächlich c) gewählt haben, dürfen wir herzlich gratulieren. Denn immerhin interessieren sich gerade Top-Journalisten in der ganzen Welt für Sie. Möglicherweise haben Sie aber Glück, und bis die Rechercheteams auf Ihren Namen stoßen, wurde schon wieder irgendeine eine andere Datei gehackt, und neue Namen laufen durch das Leck in die Öffentlichkeit.

Denn es ist ja schon beeindruckend, wie viele Leckereien uns die Whistleblower in der jüngsten Vergangenheit beschert haben. Und um das an dieser Stelle ganz frei von Ironie klarzustellen: Das war fast immer verbunden mit einer großartigen journalistischen Leistung von Kollegen, die es neidlos zu bewundern gilt. Aber mal ehrlich: Was genau enthüllte noch die Offshore-Leaks (April 2013), die Luxemburg-Leaks (November 2014) oder die Swiss-Leaks (Februar 2015)?

Egal, das nächste Leck kommt bestimmt. Und wieder einmal zeigt sich, dass die Verpackung entscheidend für die öffentliche Wahrnehmung ist. Wenn offenbar wird, was verborgen bleiben sollte, hat das immer seinen Reiz, auch wenn wir nicht immer genau verstehen, wer genau sich wie schuldig gemacht hat. Diesen Mechanismus gilt es zu nutzen. Denn noch immer ist ja die Frage, wie wir das Reformationsjubiläum 2017 nachhaltig in die Öffentlichkeit bringen.

Mein neuester Vorschlag: Let’s leak Luther! Wir fangen mit seiner Doktorarbeit an und leiten sie dem VroniPlag zu, der ja immer Zitierfehler findet. Das sorgt schon mal für eine erste Aufmerksamkeitswelle. Und dann folgt Schritt zwei, das echte Leak: Man sucht in den Archiven irgendwelche Luther-Schriften, die bislang wenig beachtet wurden. Am besten was Privates. Oder was Luther so mit seinem Geld gemacht hat. Was genau in den Dokumenten steht, ist aber eigentlich nicht so wichtig, sie müssen nur unbedingt von einer kirchlichen Kommission für vertraulich erklärt werden. Dann werden sie eingescannt, auf eine CD gebrannt und von einem Whistleblower zum Kauf angeboten. Es dauert nicht lange und schon laufen die Druckmaschinen und Server heiß! Na, wie wäre das? Zu unseriös? Zu riskant? Ach Quatsch, jede PR ist gute PR. Fragen Sie mal nach, bei der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama City. Die kennt jetzt jeder...

Stephan Kosch

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