Nichts ohne, alles mit

Die EKD ist endlich Kirche
Foto: Anne Lüters/EKD
Foto: Anne Lüters/EKD
In Bremen vollzog die EKD einen wichtigen Akt: Sie fügte dem ersten Artikel der Grundordnung einen Satz an, der alle zufriedenstellte. Nun müssen nur noch die Synoden der Landeskirchen zustimmen.

Die Präses der Synode war froh: "Das ist ein Ergebnis, das wir nicht erwartet hätten" - so kommentierte Irmgard Schwaetzer die Tatsache, dass auf der Synode in Bremen das "Kirchengesetz zur Änderung der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland" verabschiedet wurde und zwar einstimmig. Diese Änderung, so Schwaetzer, kläre, wodurch sich das Kirchesein der EKD konstituiere. Nun könne man das Thema "für lange Zeit zu den Akten legen", sagte Schwaetzer erleichtert.

Ist eine unendliche Geschichte endgültig auserzählt? Die Frage, ob die EKD wirklich im Vollsinne Kirche ist, beschäftigt sie seit ihrer Gründung, denn sie heißt zwar Kirche, aber theologisch gab es immer Vorbehalte. Diese drücken sich schon im Namen aus. Bewusst wurde bei der Gründung der EKD nach dem Zweiten Weltkrieg der Name "Evangelische Kirche in Deutschland" gewählt und früher auch häufig in der Abkürzung EKID deutlich gemacht. Besonders den lutherischen Landeskirchen war dies wichtig, denn "in Deutschland" deutet an, dass unter dem Dach der EKD verschiedene Kirchen versammelt sind - das war wichtig, denn nach lutherischen Verständnis gehört zum Kirche-sein zwingend eine festgelegte Bekenntnisgrundlage.

Die EKD ist - so steht es im ersten Artikel ihrer Grundordnung - nur die "Gemeinschaft ihrer lutherischen, reformierten und unierten Gliedkirchen". Nur als solche versteht sich die EKD - so der Artikel weiter - "als Teil der einen Kirche Jesu Christi". Darunter können sich auch die lutherischen Kirchen der EKD versammeln, für die es notwendig ist, dass eine Kirche eine feste Bekenntnisbindung hat. Dieses Verständnis wird durch die nun erfolgte Grundrechtsänderung in besonderer Weise qualifiziert, in dem an den Artikel 1 der Grundordnung schlicht ein einziger Satz angefügt wird: "Sie (die EKD) ist als Gemeinschaft ihrer Gliedkirchen Kirche."

Nun steht das Wörtlein "ist" in Bezug auf das Kirchesein der EKD in der Grundordnung. Endlich! In dem mühseligen Abstimmungsverfahren wurde immer wieder deutlich gemacht, dass die EKD nur in diesem Sinne Kirche sei, oder, wie es die lutherische Theologin Christine Axt-Piscalar einmal ausdrückte: "Im theologischen Sinn ekklesiologisch valide Funktion" übernimmt die EKD nur dadurch, dass "sie für die Einheit der Gliedkirchen unter Wahrung konfessioneller Vielgestaltigkeit ohne Gleichschaltungstendenzen einsteht."

Schwanz mit Hund

Mit dem Wortfeld Gleichschaltung verleihen sie den Ängsten Ausdruck, die untergründig bei dieser Diskussion immer mitlaufen. Die Angst, dass die EKD sich als eine Art Oberkirche gerieren könnte, den Gliedkirchen hierarchisch übergeordnet. Diese Ängste scheinen jetzt gebannt, zumal auch der reformierte Theologe Michael Beintker aus Münster für die UEK, den Zusammenschluss der reformierten und unierten Landeskirchen, erklärte, dass "die Gliedkirchen der EKD die eigentlichen und damit maßgeblichen Rechtssubjekte und Akteure des Protestantismus in Deutschland" seien.

Diese Erkenntnis verdichtete er dann in der Aussprache vor dem Plenum emphatisch zur Erkenntnis: "Die EKD ist nichts ohne ihre Gliedkirchen, und die EKD ist alles mit ihren Gliedkirchen." Aus Flurgesprächen hatte man am Abend freilich eine etwas drastischere Version ablauschen können: "Endlich ist klar, dass der Hund mit dem Schwanz wackelt und nicht der Schwanz mit dem Hund".

Reinhard Mawick

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