Kompendium

Christlich-islamisch
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Das umfangreiche Werk wendet sich an Leser, die aus beruflichem oder privatem Interesse mehr über die Grundlagen, Chancen und Stolpersteine im interreligiösen Dialog erfahren wollen.

Der christlich-islamische Dialog hat viele Gesichter und Facetten. Seine Akteure sind so unterschiedlich wie seine Themen und Ziele. Auch die theologischen und institutionellen Dialogvoraussetzungen von Christen und Muslimen können weit auseinander liegen. "Ihr Leute der Schrift, kommt zu einem zwischen uns und euch gemeinsamen Wort", lud der Koran schon vor 1.400 Jahren ein. Muslime finden in ihrem heiligen Buch zahlreiche Aussagen über Christen. Der Tonfall ist jedoch nicht immer wertschätzend, sondern zuweilen auch ablehnend. Dagegen können Christen in ihrer heiligen Schrift über den nachbiblischen Islam natürlich nichts finden. Es hat bis in die Sechzigerjahre hinein gedauert, bis sich zunächst die katholische Kirche und später auch die protestantischen Kirchen dialogbereit gegenüber Muslimen zeigten. Seitdem haben Christen und Muslime viele Erfahrungen im theologischen Austausch und im praktischen Zusammenleben gemacht. Viele davon sind im "Handbuch Christlich-Islamischer Dialog" des Herder-Verlags zusammengetragen. Das umfangreiche Werk wendet sich an Leser, die aus beruflichem oder privatem Interesse mehr über die Grundlagen, Chancen und Stolpersteine im interreligiösen Dialog erfahren wollen.

Vor allem der zweite Buchteil, in dem jeweils ein christlicher und ein muslimischer Theologe gemeinsam Themen darstellen, bietet eine Fülle an Informationen. So werden Jesus als Gottessohn, die Menschenrechte unter Einschluss der Religionsfreiheit oder das Gebetsverständnis aus Sicht beider Religionen erklärt. Anstelle der oft strapazierten Gemeinsamkeiten in der religiösen Überlieferung stehen die gemeinsamen Herausforderungen im Vordergrund. Dabei werden auch Differenzen und häufige Missverständnisse deutlich herausgestellt. So sind gemeinsam gesprochene Gebete wegen des unterschiedlichen Gottesverständnisses kaum möglich. Das spricht jedoch nicht gegen religiöse Feiern, zu denen Christen und Muslime abwechselnd ihre Gebete beitragen.

Der dritte Buchteil ist der interreligiösen Praxis in Deutschland gewidmet. Die Autoren der einzelnen Abschnitte gehen auf Bereiche wie die Schul- und Jugendarbeit ein, stellen Projekte vor oder geben Hinweise für die Auseinandersetzung mit extremistischen Einstellungen. Jedoch ist dieser Teil des Buches keine Sammlung von Best-Practice-Beispielen im üblichen Sinne. Die meisten Abschnitte informieren eher, als dass sie sich zur direkten Nachahmung anbieten.

Eine Übersicht über die wichtigsten christlichen, muslimischen und interreligiösen Organisationen und Initiativen, die sich überregional im Dialog engagieren, rundet das Buch ab. Auch die Situation in Österreich und der Schweiz wird knapp dargestellt. Ein lokaler Moscheeverein kann allerdings deutlich dialogkritischer sein als die beschriebenen islamischen Organisationen, die zusammen die große Mehrzahl der Moscheen repräsentieren. Das gilt umgekehrt auch für Kirchengemeinden, die kein Interesse an Moscheen in ihrem Umfeld zeigen können. Der Dialog hängt immer von einzelnen Menschen ab.

Als Übersicht und Nachschlagewerk ist das knapp 500-seitige Buch ein sehr hilfreiches Kompendium. Mehr als 50 Autoren haben ihre Erfahrungen zusammengetragen. Viele von ihnen sind seit Jahrzehnten im Austausch zwischen den Gläubigen aktiv. Wer zu einem Thema mehr Informationen haben möchte, findet am Ende eines jeden Abschnitts Literaturempfehlungen.

Volker Meißner/Martin Affolderbach/ Hamideh Mohagheghi/ Andreas Renz (Hrsg.): Handbuch christlich-islamischer Dialog. Verlag Herder, Freiburg 2014, 496 Seiten, Euro 29,99.

Andreas Gorzewski

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