
Ludwig Bechstein, der große "Lutherfan", verfasste um 1830 - das genaue Editionsdatum ist nicht klar - ein langes aus 208 Versen bestehendes Gedicht zu Ehren seines "Propheten des Lichts", wie er Luther begeistert tituliert. Ludwig Bechstein, 1801 in Weimar geboren, Apothekergehilfe im Thüringischen, absolvierte ein Studium der Philosophie, Geschichte und Literatur, wurde herzoglicher Kabinettsbibliothekar in Meiningen, Archivar und Leiter des hennebergischen Gesamtarchivs. Sein großes Luthergedicht ist nicht plötzlicher lobhudelnder Erguss, sondern Resultat des lebenslangen intensiven Befassens mit dem Reformator. Bechstein studierte Luthers Texte, seine Predigten und legendären Tischreden, sichtete und analysierte zeitgenössische Beiträge zum Thema.
Die Hamburger Germanistin Susanne Schmidt-Knaebel führt in ihrem vierzigseitigen "Vorwort" profunde, detaillierte Untersuchungen, beleuchtet sprachliche Besonderheiten, geht auf Bechsteins Schaffensprozess ein, arbeitet heraus, dass dessen romantisch gesteigerte Lutherverehrung ihn nicht von einer freien und eigenständigen Behandlung des Stoffes abgehalten hat. Bechstein sah in Martin Luther nicht nur den Glaubenskämpfer, sondern immer gleichermaßen den Gestalter von Sprache und Poesie. Bei Schmidt-Knaebel bleiben Bechsteins Bilderfülle, die interessanten Wortspiele, nicht unbeachtet. Das Luther-Epos ist in Form, Stil und Aussage ein schönes Beispiel für die Auseinandersetzung der deutschsprachigen Romantik mit dem Lutherstoff.
Ludwig Bechstein: Luther - ein Gedicht. Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2014, 158 Seiten, Euro 14,95
Peter Drescher
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