In diesen Wochen geistern Schreckensmeldungen über kirchliche Finanzen durch den Blätterwald: Diesmal geht der rheinischen Kirche das Geld aus - sie müsse sich "kleiner setzen" so Präses Manfred Rekowski in einem Videoblog. "Aufgabenkritik" wird zum Zauberwort. Gemeint ist damit vor allem ein transparent gestalteter Kommunikationsprozess. Etwas spitzzüngig könnte man in den evangelischen Kirchen das Ende der betriebswirtschaftlich orientierten "Wundermittel" einläuten, wie sie im Impulspapier der EKD "Kirche der Freiheit" 2006 kulminierten. Effektivität und Effizienz, Marketing und Management sind zu fragwürdigen Zielen und Methoden geworden. Stattdessen geht es um eine pragmatische Bestimmung dessen, was noch finanzierbar ist und wie dieses in einem Entscheidungsprozess festgelegt werden kann.
Dieser Grundgedanke durchzieht auch die praktisch-theologische Dissertation von Christoph Meyns. Er fragt nach den Gründen für die (Un-)Wirksamkeit und somit nach der Effizienz betriebswirtschaftlicher Instrumente und Ideen für die Kirche. In konstruktiver Absicht nimmt er dabei die Ansätze der Managementlehre der Non-Profit-Organisation (NPO) auf, die ihren Ursprung in der Systemtheorie haben. Fünf Schritte geht er dabei: Zunächst schildert er die Herausforderungen für Synoden und die Entscheidungsgremien. In eklektischer Weise hätten darauf die Kirchen mit Methoden aus der Marketinglehre, der Managementlehre und Teilen des betrieblichen Rechnungswesens reagiert - jedoch ohne wirkliche Evaluation. Lediglich religionssoziologische Untersuchungen zur Marktorientierung kirchlicher Arbeit lieferten hilfreiche Hinweise. Jedoch sei das Ergebnis klar: "Die Effektivität und Effizienz des kirchlichen Handelns ließ sich durch den Einsatz betriebswirtschaftlicher Methoden bisher kaum steigern." Meyns begründet dies mit der These, dass eben diese Methoden nicht dem Evangelium und dem kirchlichen Kontext entsprächen. Sie basierten auf dem ökonomischen Verhaltensmodell neoklassischer Theorie. Man könnte mit Meyns auch sagen: Der "homo oeconomicus" kann nicht glauben - und das ist gut so. Die neoklassische Theorie sei weiter von einer normativen Ethik geprägt, die alle Lebensbereiche okkupiere. Man vertraue nicht mehr dem Wort Gottes und dessen Wirksamkeit. Auch eine ekklesiologisch reflektierte Begrenzung reiche nicht aus, weil die "übergriffige Eigenlogik" ökonomischen Denkens übermächtig sei und Konflikte mit theologischen Grundüberzeugungen provoziere.
Als Alternative schlägt Meyns die Systemtheorie vor, weil sie relational und multiperspektivisch ausgerichtet sei. Theologische Gewährsfrauen sind Anna Stöber und Isolde Karle. Das St. Galler Managementmodell und der Bereich der NPOs lieferten zudem wirkungsvolle Hinweise für das kirchliche Handeln ebenso wie die Arbeiten des Biokybernetiker Frederic Vester. Sie zeigten, dass religiöse Kommunikation "dichte, dialogische Sozialbeziehungen" benötige, wie es sie nur vor Ort gäbe. Abschließend wirbt Meyns für ein "gelassenes Engagement" in der Kirche, um die Herausforderungen im Vertrauen auf die Wirkungen des Evangeliums zu bewältigen und sich von der vermeintlich sicheren Mechanik menschlicher Planung frei zu machen.
Meyns schärft in der Debatte um die Zukunft der Kirche vor allem die Bedeutung einer emotionalen und beziehungsorientierten Sichtweise ein. Das ist mehr als hilfreich. Seine Beispiele aus der Nord-elbischen Kirche verdeutlichen, was passiert, wenn diese Bedeutung unterschätzt wird. Jedoch bleibt die Frage offen, wie mit einer systemtheoretischen Sicht die tatsächlich vorhandenen - häufig informellen - Leitungsstrukturen transparent gestaltet werden können.
Christoph Meyns: Kirchenreform und betriebswirtschaftliches Denken. Modelle - Erfahrungen - Alternativen. Gütersloh, Gütersloher Verlagshaus 2013, 320 Seiten, Euro 44,99.
Jens Beckmann
Jens Beckmann
Dr. Jens Beckmann ist Pastor der Nordkirche und Theologischer Vorstand der Evangelischen Perthes-Stiftung e.V. in Münster.