Enttäuschend

Kurzgeschichten aus der Arche
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Die Inhalte sind zwar interessant und stellen eine gute Auswahl an Schicksalen verschiedener Menschen dar, allerdings baut nur eine einzige Erzählung Verbindungen zum Verein Arche auf.

Ein Buch über die Arche, reale Erzählungen, mit einem Vorwort von Lukas Podolski, das weckt Erwartungen. Schließlich bietet das Kinder- und Jugendwerk mittlerweile an fünfzehn Standorten kostenlos warme Mahlzeiten, Hausaufgabenhilfe und Freizeitbeschäftigungen. Die acht Kurzgeschichten, erzählt von Kindern und Jugendlichen, wurden durch die Autorin Beate Dölling in Worte gefasst. Sie handeln von alltäglichen Problemen, von Streit in der Familie, Schwierigkeiten in der Schule oder auch von Alkohol und Drogen. Happy Ends gibt es selten, da die Geschichten schlicht zu oft offen enden. Im Einzelnen mag es zwar interessant und unterhaltsam sein, ein wenig zu rätseln, bei sechs Geschichten hintereinander löst sich das Vergnügen daran aber ganz schnell wieder auf. Möglich, dass es besser wirkt, wenn man die Geschichten in Abständen liest, dies kann aber kein genereller Anspruch an die Leserschaft sein. Und auch die wechselnden Schreibstile der Kinder- und Jugendbuchautorin hemmen den Lesefluss: Mal wird auktorial erzählt, mal personal, dann kommt sogar noch ein Monolog in Form eines Tagebucheintrages.

Allzu störend wird das aber erst dadurch, dass die Geschichten an sich jeweils anders strukturiert sind. So wird in einer Geschichte andauernd die Handlung durch die Vorstellungen des Protagonisten unterbrochen, der sich ohne Bezug zum Inhalt in immer neue Rollen hineindenkt. In anderen werden unregelmäßig und fetzenweise Rückblicke eingestreut, das Geschehen erklärt sich erst später, und dabei nicht einmal vollständig. Dann nur kurze Sätze, stichwortartige Beschreibungen, und es wird hektisch, leider ohne Spannungsaufbau.

Nun kann man argumentieren, dass die Kinder und Jugendlichen alle anders von ihren Erlebnissen berichteten, dass die Aufbauten und Erzählstrategien bewusst gewählt worden seien, aber gerade die Vereinheitlichung sollte hier Aufgabe der Autorin sein, um einen angenehmen Lesefluss zu garantieren. Stattdessen muss sich der Leser an Struktur und Perspektive jeder Geschichte neu gewöhnen und kann daher keine Verbindung zu den Charakteren aufbauen, das Buch wirkt mitschleifend statt -reißend. Vor allem sticht dabei heraus, dass die Sätze selbst für Kinderbuch-Maßstäbe kurz und einfach geraten sind, daher etwas erfahrenere Leser schnell unterfordern erzeugen (wie es der sechzehnjährige Rezensent empfunden hat). Für jüngere Leser ist das Buch nicht geeignet, denn dafür müsste man die Schilderungen der Gewaltszenen, die sexuellen Anspielungen und die verherrlichenden Passagen zum Drogen- und Alkoholkonsum entfernen.

Die Inhalte sind zwar interessant und stellen eine gute Auswahl an Schicksalen verschiedener Menschen dar, allerdings baut nur eine einzige Erzählung Verbindungen zum Verein Arche auf. Die anderen scheinen lange vor den ersten Kontakten mit der Einrichtung zu spielen. Wie der Leser also auf diese aufmerksam gemacht werden soll, ist unklar, jedoch zeigen Vor- und Nachwort, dass dies die eigentliche Intention des Buches ist.Somit werden kaum Vorteile der Arche aufgezeigt. Nicht einmal Lukas Podolskis Vorwort oder das ausführliche und informative Nachwort der Herausgeber, Bernd Siggelkow und Wolfgang Büscher, können das noch retten.

Daher ist die Lektüre, aufgrund der wirren Struktur und mangelnder sprachlicher Raffinesse, trotz guter Grundlagen, nicht zu empfehlen, schade!

Beate Dölling: Du bist sowas von raus! Echte Geschichten aus der Arche. Gabriel Verlag, Stuttgart/Wien 2013, 298 Seiten, Euro 14,95.

Jan Philipp Jilg

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