Religiöser Grenzgänger

Dreifacher Konfessionswechsel
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Das Buch dürfte sich vor allem an jene richten, die sich wie Schwikart nach einer katholischen Kirche sehnen, die ihre Mitglieder nicht bevormundet, sondern Kritik aushält.

Der Theologe Georg Schwikart hat es sich und der Leitung des katholischen Erzbistums Köln nicht leicht gemacht. Insgesamt dreimal wechselte der katholisch getaufte Rheinländer seine Konfession, wurde evangelisch, dann katholisch und schließlich wieder evangelisch. "Mit dem Bauch Katholik, mit dem Kopf Protestant" - so beschreibt er sein konfessionelles Grenzgängertum. Schon als junger Mann trat er für eine lebensnahe, ökumenische und kritikfähige Kirche für alle Christen ein. Als er sich 2010 zum katholischen Diakon weihen lassen wollte, verweigerte ihm jedoch der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner kurz vor dem feierlichen Akt die Weihe. In seinem Buch erzählt Schwikart den Fall aus seiner Perspektive nach.

Kardinal Meisner hatte den kurzfristigen Ausschluss nach Schwikarts Darstellung mit dessen früheren Veröffentlichungen begründet. Einige seiner Aussagen darin stünden im Widerspruch zur katholischen Lehre. So hatte der engagierte Christ kritisch hinterfragt, ob Frauen auf ewig vom geistlichen Amt ausgeschlossen sein müssten. Auch mit anderen Ansichten war er angeeckt. In einem Aufklärungsbuch für Kinder hatte er festgestellt, dass es unter den vielen Arten von Liebe auch die Liebe zwischen Männern und die Liebe zwischen Frauen gebe. Für die katholische Kirchenführung ging das alles offenkundig zu weit. Unter der Bedingung, mit einer neuen Publikation seine Gesinnung im Sinne der katholischen Amtskirche zu beweisen, wurde ihm nach eigenen Angaben eine spätere Weihe vage in Aussicht gestellt. Doch darauf ließ sich der streitbare Publizist nicht ein. Er zog sein Gesuch, Diakon zu werden, zurück und wechselte später in die evangelische Kirche.

In seinem sehr persönlichen Buch trägt der 1964 geborene Theologe Erinnerungen, Gesprächsnotizen, Presseerklärungen und Zeitungskommentare zusammen. Er fügt Gedichte und früher veröffentlichte Texte hinzu. Nach eigener Aussage geht es ihm nicht darum, gegen Kardinal Meisner nachzutreten. Ein wenig tut er es dennoch. So schildert er nicht nur seine Empörung, dass ihm die Weihe ohne jede Anhörung seiner Ansichten versagt worden sei. Er zitiert außerdem - reichlich viele - Seiten lange Leserbriefe mit Kritik an der unnachgiebigen Haltung des Kardinals.

Das Buch schildert auch Schwikarts Vorstellung von Kirche und gelebtem Christentum. "Nutzen wir an der Kirche, was voranbringt, was heilt und Segen in sich birgt - und das ist viel!", schreibt er. Was hemme, klein und krank mache, solle dagegen zurückgelassen werden. So gesehen geht es weniger um die Inquisition oder Prüfung von Schwikarts Rechtgläubigkeit. Es geht umgekehrt um eine Art Inquisition, wie es um die Glaubwürdigkeit einiger katholischer Lehrmeinungen bestellt ist.

Das Buch dürfte sich vor allem an jene richten, die sich wie Schwikart nach einer katholischen Kirche sehnen, die ihre Mitglieder nicht bevormundet, sondern Kritik aushält. "Abgekanzelt" ist kein theologisches Buch im engeren Sinne. Das Für und Wider kirchlicher Weihe für Frauen, die Kritik am Zölibat oder die Ausgrenzung von Wiederverheirateten oder Angehörigen anderer Konfession envon der Eucharistie werden nur angerissen. Allerdings sind diese Punkte wichtig, um zu verstehen, warum ein Theologe wie Schwikart in Ungnade fiel.

Georg Schwikart: Abgekanzelt. Protokoll einer Inquisition. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, 191 Seiten, Euro 17,99.

Andreas Gorzewski

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