So hat dein Herz Frieden

Luthers "Sermon von der Bereitung zum Sterben"
Foto: privat
Viele Menschen fürchten langes Siechtum mehr als den Tod. Wenn jemand sich dazu entschließt, den Prozess des Sterbens abzukürzen, sagt dies nichts aus über seine Glaubensstärke, seinen Charakter oder das Gelingen seines Lebens.

"Je tiefer der Tod betrachtet, angesehen und erkannt wird, desto schwerer und bedenklicher ist das Sterben." So Luther in seinem "Sermon von der Bereitung zum Sterben" aus dem Jahre 1519. Dagegen helfe der Glaube, dass der Tod gleichsam ein zweites Geborenwerden sei. Im Sterben öffne sich "der schmale Pfad zum Leben; darauf muss sich jeder fröhlich wagen. Denn er ist wohl sehr enge, aber er ist nicht lang; es geht hier zu, wie wenn ein Kind aus der kleinen Wohnung in seiner Mutter Leib mit Gefahr und Ängsten hineingeboren wird in diesen weiten Raum von Himmel und Erde, das heißt, auf diese Welt: ebenso geht der Mensch durch die enge Pforte des Todes aus diesem Leben..."

Aber natürlich weiß Luther, dass der Tod "seine Kraft und Stärke in der Furchtsamkeit unserer Natur..." hat, und auch, dass es angesichts seiner mit der Fröhlichkeit nicht allzu weit her ist. Um die Angst nicht übermächtig werden zu lassen, rät er zu einer Strategie, die man je nach weltanschaulicher Ausrichtung als Verdrängung, Autosuggestion oder als meditative Konzentration bezeichnen könnte: "Im Leben sollte man sich mit dem Gedanken an den Tod beschäftigen und ihn vor uns treten heißen, solange er noch ferne ist und uns noch nicht bedrängt; im Sterben dagegen, wenn er schon von selbst nur allzu stark da ist, ist es gefährlich und nichts nütze. Da muss man sich sein Bild aus dem Sinne schlagen und es nicht sehen wollen."

Mehr als den Tod fürchten heute viele Menschen langes Siechtum und qualvolles Sterben. Selbst vielen Christen fällt es schwer, die Hoffnung aufrecht zu erhalten, am Ende des Sterbens warte nicht ewiges Vergessen, sondern neues Leben.

Auch davon, dass das eigene Sterben abkürzen, Gott ins Handwerk zu pfuschen hieße, sind immer weniger Christen überzeugt.

Das Leiden in der Welt ließ sich schon immer nur schwer mit Gottes Willen oder seinem unerforschlichem Ratschluss einleuchtend erklären. Jesu letzte Worte am Kreuz nach Markus und Matthäus "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" haben die Zweifel lebendig gehalten, auch wenn der von Jesus zitierte 22. Psalm nicht hoffnungslos endet.

Ob einer den Prozess seines eigenen Sterbens beeinflussen darf, ist eine immer noch oder wieder offene theologische Frage. Wenn sich jemand dazu entschließt, sagt dies nichts aus über seine Glaubensstärke, seinen Charakter oder das Gelingen seines Lebens. Doch sicher ist: Er muss sich auf sein Sterben konzentrieren, muss ein Leit-Bild finden, dass ihn jener "engen Pforte" gefasst entgegensehen lässt.

Da ist es gut, wenn es dem Sterbenden gelingt, "den Tod stark und emsig nur in denen an(zu)sehen, die in Gottes Gnade gestorben sind und den Tod überwunden haben, vor allem in Christus... Denn Christus ist nichts als lauter Leben." So oder so: "Je tiefer und fester du dir dieses Bild einprägst und ansiehst, desto mehr fällt des Todes Bild dahin und verschwindet von selbst, ohne alles Hin- und Herzerren und Streiten; und so hat dein Herz Frieden..."

Helmut Kremers

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