Konkretes Wissen

Ratgeber für Pfarrer
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"Wenn eine Pfarrerin ihr Feuer verloren hat, dann ist ihr das Wichtigste abhanden gekommen. Dann hat sie neben dem persönlichen zugleich auch ein massives berufliches Problem."

Der Titel benennt eindeutig die Berufsgruppe, für die dieses Buch geschrieben ist: Pfarrerinnen und Pfarrer. Andreas von Heyl, langjähriger Krankenhauspfarrer und gegenwärtig Privatdozent an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau, hat sich in seiner praktischen und wissenschaftlichen Arbeit intensiv mit den Belastungen im Pfarramt beschäftigt und sich mit der Frage auseinandergesetzt, welche Unterstützung Pfarrerinnen und Pfarrer brauchen, um in ihrer Arbeit an Herz, Leib und Seele gesund bleiben zu können. Dieses konkrete Wissen - in der Analyse und in der Prävention - macht dieses Buch sehr lesenswert.

Doch warum braucht es ein " Anti-Burnout-Buch" speziell für Pfarrerinnen und Pfarrer? Der Autor begründet das mit der "geistlichen Dimension von Brennen und Ausbrennen". Wenn es im Pfarrberuf darum gehe, "Gottes Licht" leuchten zu lassen, dann bedeute eine seelische Erschöpfung nicht nur die Erfahrung einer eigenen inneren Leere und Finsternis, damit verbunden sei dann auch eine Unfähigkeit und Kraftlosigkeit, in der Verkündigung und in der Seelsorge "sein Licht" leuchten zu lassen: "Wenn eine Pfarrerin ihr Feuer verloren hat, dann ist ihr das Wichtigste abhanden gekommen. Dann hat sie neben dem persönlichen zugleich auch ein massives berufliches Problem."

In seinem Kapitel "Helfen macht müde" benennt er die " typische wechselseitige Potenzierung zweier Spannungen", die für ihn eine Burnout-Gefährdung im Pfarramt begründen: die "Anmaßung von innen" - also das überhöhte Ideal, es allen recht machen zu wollen und von der Bestätigung anderer zu leben - und der "Zumutung von außen" - die Erwartungen der Gemeinde, der Pfarrer, die Pfarrerin solle ein idealer Mensch sein. In dem Kapitel "Die Last des Amtes und die Belastung der Amtsträgerinnen" benennt er sehr konkret die typischen Problembereiche. Dazu gehört neben der extremen Rollenvielfalt und der Zersplitterung der Arbeitszeit auch die steigende Unkirchlichkeit und Interesselosigkeit an der Kirche, sowohl seitens der Bevölkerung als auch von Kirchenmitgliedern selber.

Nachdem man zunächst den Eindruck gewinnen konnte, dass der Beruf des Pfarrers, der Pfarrerin per se krank machen kann, konzentriert sich von Heyl in der zweiten Hälfte des Buches auf "Die Lust des Amtes und die Entlastung der Amtsträger/innen". Dabei benennt er sehr konkret strukturelle und persönliche Maßnahmen, um sich vor einem Burnout-Syndrom, einer Erschöpfungsdepression, zu schützen.

Eine strukturelle Vorsorge im kirchlichen Dienst steht an erster Stelle: Die Kirchenleitung ist in der Pflicht. Wie in anderen Unternehmen geht es zunächst darum, analytisch wahrzunehmen, welche Arbeitsbedingungen krank machen und wie diese Arbeitsbedingungen verändert werden können. Stichwörter sind hier "Arbeitszeit" und "Wohnsituation". Es geht aber vor allem um fehlende Anerkennung, Wertschätzung und Unterstützung der Arbeit durch die jeweilige Leitung. Eine kostenlose berufsbegleitende Supervision gehört für den Autor dazu.

Was aber können Pfarrer und Pfarrerinnen selber tun, um sich vor dem Ausbrennen zu schützen? Eine kollegiale Beratung, die Abkehr vom Einzelkämpfertum, die Auseinandersetzung mit einem übersteigerten Perfektionismus, Meditation und Bewegung, aber auch das Haushalten mit der eigenen Lebenszeit sind hier zu nennen. Das alles könnte auch in einem anderen Ratgeber stehen.

Was dieses Buch auszeichnet, ist die theologische und geistliche kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Gottesbild: Wie kommt es, dass in der Kirche die Anerkennung über Leistung so eine Rolle spielt, wo Christen doch den gnädigen Gott predigen? "Was diese Gesellschaft wirklich aufhorchen ließe, wäre eine Kirche, die gegen den Strom (einer Leistungsgesellschaft) schwimmt, die verkündet und dafür einsteht, dass das Leben aus mehr als Arbeit besteht, die den Sabbat heiligt und der man etwas abspürt von der Freiheit, die uns von Gott angeboten wird. Es wäre in der Tat ein Grundpfeiler der Burnout-Prävention, wenn es gelänge, die Herzen der Gefährdeten für die Rechtfertigungsbotschaft aufzuschließen."

Von daher ist dieses Buch sowohl für die Ausbildung für den Pfarrdienst im Vikariat sehr zu empfehlen als auch für Personalverantwortliche und Führungskräfte in der kirchlichen Leitung. Eben für Pfarrer und Pfarrerinnen.

Andreas von Heyl: Das Anti-Burnout-Buch für Pfarrerinnen und Pfarrer. Kreuz Verlag, Freiburg 2012, 180 Seiten, Euro 16,99.

Esther Kuhn-Luz

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