Schwarzer Humor

Calvinistische Prägung
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Die Lebensgeschichte eines unehrgeizigen Parasitologen entpuppt sich als ideologische und erotische Befreiung. Und ausgerechnet fanatische Gläubige spielen die Rolle der Versucherinnen.

Beerdigungen machen nachdenklich. Auch der Ich-Erzähler dieses Romans lässt sich durch solche endgültigen Abschiede mit lauter ungelösten Rätseln seines Lebens konfrontieren: Wie und warum ist er ausgerechnet Parasitologe geworden? Warum hat er eine Frau geheiratet, die eigentlich nie sein Typ war? Und warum arbeitet er, der hochbegabte Überflieger, nicht konsequenter an seiner akademischen Karriere? Über weite Strecken scheint sich seine Persönlichkeit nur als Gegenentwurf zur gewinnenden Art seines überaus charmanten, überaus erfolgreichen besten Freundes zu profilieren. Die erotische Rivalität ist ein stets modifiziertes Leitmotiv seiner Existenz.

Der Gedanke, durch seinen Eigensinn stets auf der Verliererseite gelandet zu sein, ist eine der Zwangsideen, die am Schluss der Romanhandlung - im buchstäblichen Sinne - zu Grabe getragen werden. Die Lebensgeschichte des unehrgeizigen Parasitologen entpuppt sich als ideologische und erotische Befreiung. Der Ich-Erzähler teilt mit seinem Autor 't Hart dessen strenge calvinistische Prägung. Ausgerechnet fanatische Gläubige spielen die Rolle der Versucherinnen.

Für das Hörbuch wurde das Original in einer Weise gekürzt, die nur wenige Zusammenhänge unklar lässt. Ein Problem jedoch ist die Interpretation durch Max Volker Martens, die stellenweise höchst gezwungen klingt. Vielleicht will der Schauspieler jenes angebliche "Augenzwinkern" zu Gehör bringen, mit dem der Verlag für einen Text wirbt, der in Wirklichkeit von pechschwarzem Humor bestimmt wird. Martens bleibt das Lachen hörbar im Halse stecken.

Maarten 't Hart: Der Schneeflockenbaum. Gekürzte Lesung auf 6 CDs, Verlag Osterwold Audio.

Susanne Krahe

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