Vision und Praxis

Ein Leben in der Ökumene
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Die Linie eines Lebens als Lernprozess erweist sich als ein Exerzitium der Glaubenserfahrung in einer offenen, zugleich säkularen und religiösen Welt.

Die beiden Ökumeniker Karl-Heinz Dejung und Hans-Gerhard Klatt haben mit sicherer Sensibilität ein Porträt gezeichnet, das die lange Reise Werner Simpfendörfers durch die Welt der christlichen Kulturen und in die erinnerte Lebensgeschichte seiner körperlich behinderten Person darstellt. Die Linie eines Lebens als Lernprozess erweist sich als ein Exerzitium der Glaubenserfahrung in einer offenen, zugleich säkularen und religiösen Welt - exemplarisch für die Flakhelfergeneration, der die beiden Freunde und Weggenossen Ernst Lange und Werner Simpfendörfer angehörten.

In der Genfer Zeit vor und von 1969 bis 1973 ließ er sich von Ernst Lange und besonders von Paulo Freires "Conscientization" anregen und wurde als Referent für die "Theologische Ausbildung des ganzen Volkes Gottes" und späterer Leiter einer der drei Sektionen des Ökumenischen Zentrums zum Inspirator und Agenten einer breit angelegten Initiative für die Bildung und Ausbildung von erwachsenen Laien.

Ein Exerzitium der Glaubenserfahrung

In den Siebzigerjahren, in denen Simpfendörfer global ausgreifende und lokal zu verankernde Aktivitäten miteinander zu verknüpfen lernte, bildete sein Charisma ein klares eigenes Profil aus. Die bittere Erfahrung, dass die kirchenreformerischen Impulse weitgehend im Sande verliefen, in seiner Wahrnehmung gar gescheitert waren, führte ihn auf eine neue, zukunftsweisende Fährte. Simpfendörfer verfolgte die Vision und Praxis einer Lerngesellschaft durch Bildung auf breiter Basis und über die parochialen und ideologischen Horizonte eines kirchlich ghettoisierten Bewussteins hinaus: kooperatives Lernen auf Augenhöhe.

Werner Simpfendörfer verfügte als Generalsekretär der Vereinigung von Akademien und Tagungszentren in Europa über ein wirksames Aktionsfeld, auf dem er sich beim ökumenischen Führungstraining von unten lebhaft betätigte. Die dabei gewonnenen Erfahrungen und Einsichten zogen auch im Heimatland Kreise, zum Beispiel in den vielen entwicklungs- und friedenspolitischen Initiativen und christlichen Basisgruppen, die innerhalb und am Rande der Volkskirche aktiv wurden.

Bemerkenswert die Sensibilität, mit der die Autoren die Konflikte und Gesundheitsprobleme, zumal in der letzten Lebensphase darstellen. Werner Simpfendörfer befasste sich vor und nach der Behandlung seiner Depression intensiv mit den Lebenswegen von Freunden und Zeitgenossen. In der biographischen Studie erschloss er sich auch einen Erkenntnisweg und Zugang zur Lebensgestaltung. Seine Porträts von Ernst Lange und Paul-Gerhard Seitz geben davon Zeugnis.

Biographische Studien

Es ist ein kluger Schachzug, dass die Autoren ihre biographische Studie von Simpfendörfers Porträtkunst leiten lassen und dass sie sich an der lakonischen Summe seines Lebens orientieren, die er wiederholt gezogen hat: "Wir werden nur wissen, was wir tun! Wir werden nur haben, was wir teilen! Wir werden nur lernen, was wir leiden!"

Karl-Heinz ­Dejung / Hans-Gerhard Klatt: Werner ­Simpfendörfer. Ein Leben in der Ökumene. ­Wichern Verlag, Berlin 2010, 144 Seiten, Euro 9,95.

Hans Norbert Janowski

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