Mit Lust

Die Begleitung und Förderung von Ehrenamtlichen ist wichtiger denn je
2011 ist das Europäische Jahr des Ehrenamts. Warum aber wird die Freude und die Lust am Engagement in kirchlichen Kreisen oft so verschämt behandelt?

Früher, als die unentgeltlichen fleißigen Helferinnen und Helfer in Vereinen und Kirchengemeinden noch Ehrenamtliche hießen, war die Sache mit dem freiwilligen Dienst relativ einfach. Ehrenamt war meistens altruistisch motiviert. Selbstlos, auf­opfe­rungsvoll und mit Pflichtgefühl erledigten die Ehrenamtlichen die aufgetragenen Aufgaben. Sich ehrenamtlich zu engagieren, hieß, für Ehre und Gotteslohn zu arbeiten. Kurzum: Man tat Gutes und redete nicht darüber.

Diese Zeiten sind vorbei. Das zeigt auch die Suche nach einer angemesse­nen Begrifflichkeit für das Phänomen: Soll man nun vom Ehrenamt, vom freiwilligen Engagement, von Freiwilligenarbeit, gar vom bürgerschaftlichen Engagement oder neudeutsch von Volunteering sprechen?

Nun hat die Europäische Union für 2011 das "Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit zur Förderung der aktiven Bürgerschaft" ausgerufen. Um­ständlicher geht’s kaum noch - der deutsche Beitrag der Kampagne wird am 21. Februar in Berlin eröffnet.

Für Ehre und Gotteslohn?

Sicher, es ist kein Zufall, dass gerade zu Beginn des 21. Jahrhunderts von allen politischen und kirchlichen Seiten betont wird, das ehrenamtliche Engage­ment sei ein Grundpfeiler künftiger gesellschaftlicher Entwicklungen. Zum einen werden die finanziellen Handlungsspielräume geringer, zum anderen hat sich gerade in den vergangenen Jahren gezeigt, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger Mitspracherechte erheben. Die Bereitschaft zum Ehren­amt geht damit einher.

Das bestätigen auch die Freiwilligensurveys (2004/ 2009), also die von der Bundesregierung in Auf­trag gegebenen Gutachten: 36 Prozent der Bevölkerung ab vierzehn Jahre ist in irgendeiner Wei­se freiwillig engagiert, 25 Prozent wären bereit, ein Ehrenamt zu übernehmen.

Was heißt das für die christlichen Kirchen? Immerhin engagieren sich allein 1,1 Millionen Menschen in der evangelischen Kirche, die Diakonie nicht mitgezählt. Doch inzwischen steht die Kirche in immer schärferer Konkurrenz zu anderen Organisationen - neue Ehrenamtliche zu gewinnen, wird damit nicht leichter. Auch deshalb nicht, weil die Menschen sich höhere Ziele setzen: Sie suchen eine Tätigkeit, die ihren individuellen Anschauungen ent­spricht, nur eine solche erscheint ihnen sinnstiftend. Es geht ihnen darum, die Balance vom Nutzen für sich und andere zu halten.

Höhere Ansprüche

Warum aber wird die Freude und die Lust am Engagement in kirchlichen Kreisen oft so verschämt behandelt? Entspricht sie etwa nicht der protestantischen Ethik? Dabei wusste man doch schon zu biblischen Zeiten: "Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er es mit Lust." (Römerbrief 12,8)

Nicht zuletzt: Anerkennung ist wichtig. Der Satz "Nicht getadelt ist Lob genug" sollte der Vergangenheit angehören. Und: Je konkreter die Anspra­che, umso höher die Aussicht, jemand für ein Ehrenamt zu werben. Dem, der andere motivieren will, hilft manchmal schon ein Perspektivwechsel.

Was könnte die Freiwilligen interessieren? Dazu muss man die Berufe und Lebenssituatio­nen der Leute kennen. Ein eigener Ansprechpartner sollte die Brücken schlagen: für eine ehrenamtliche Arbeit, die geplant, organi­siert und koordiniert, ganz einfach professionell sein muss. Die Organisation von Freiwilligenarbeit kostet viel Zeit, Kreativität und Kraft. Das zahlt sich aber aus, denn Freiwillige leisten vieles, was sonst liegen bliebe. Nicht nur des­halb sind sie das unverzichtbare Ferment der Gemeindearbeit. Es zu aktivieren, heißt wahrlich mit dem Pfunde zu wuchern, im allerbesten Sinne

Kathrin Jütte

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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