Mahlgemeinschaft

Es gibt gute theologische Gründe für ein gemeinsames Abendmahl
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Wichtig erscheint Hasenhüttls klare Differenzierung zwischen Konzelebration, Interkommunion und Offener Kommunion. Er führt er nicht nur gute theologische Gründe an, sondern auch eine durch römisch-katholische Bischöfe akzeptierte Praxis in Frankreich.

Wer dieses Buch mit ökumenischer Begeisterung liest, stimmt von ganzem Herzen zu: Jesus war ein "Anwalt der menschlichen Freiheit", ihm ging es um Mahlgemeinschaft mit allen, "Eucharistie will Lebensvermittlung sein". Das alles kann ich auch als evangelische Theologin sehr gut nachvollziehen. Wir vertreten ja den Grundsatz, dass Christus der Einladende ist und nicht die Kirche. Deshalb kann jeder getaufte Christ und jede getaufte Christin an jeder evangelischen Abendmahlsfeier teilnehmen.

Auch was der ehemals als Theologieprofessor und katholischer Priester tätige Gotthold Hasenhüttl an Exklusivität und Magisierung der Eucharistie beklagt, klingt in meinen Ohren gut lutherisch. Da ist es wichtig, die Mahnung des Theologen Fulbert Steffensky in seinem Vorwort im Ohr zu behalten, dass niemandem geholfen sei, wenn Hasenhüttl nun evangelisch würde. Denn nicht von außen, sondern nur von innen können wir Veränderungen bewirken. Steffensky kritisiert dabei aber nicht nur die römisch-katholischen Amtsträger scharf, sondern auch die evangelischen - aufgrund der "Weichheit, mit der sie auf alle römischen Diktate reagieren". Sie ist für ihn ein "Verrat an ihrer eigenen Erkenntnis und vor allem an den Christen ihrer Kirche".

Hier liegt nun ein grundsätzliches Dilemma, das ich als ehemals kirchenleitende Person gut nachvollziehen kann. Evangelische können aus theologischer Grundüberzeugung Abendmahl und Eucharistie teilen. Wie aber gehen sie damit um, dass die römisch-katholischen Partner das nicht können?

Christus als der Einladende

Die Spannung kann sich ganz praktisch zeigen: Gehe ich bei einem römisch-katholischen Gottesdienst nach vorn und empfange die Eucharistie, bringe ich den katholischen Amtsträger in Verlegenheit. Und ich weiß, ich bin nicht eingeladen - mich hat das meistens abgehalten.Bleibe ich hingegen sitzen, fühle ich mich ausgeschlossen aus der ökumenischen Gemeinschaft. Verlasse ich den Gottesdienst vor der Eucharistie, kappe ich das ökumenische Band. Eine ausweglose Situation auf der Suche nach einer Balance zwischen ökumenischer Geduld und ökumenischer Ungeduld.

Wichtig erscheint Hasenhüttls klare Differenzierung zwischen Konzelebration, Interkommunion und Offener Kommunion. Er sagt deutlich, dass die Feier, die er als Priester beim Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 mitgestaltete, ein Akt eucharistischer Gastfreundschaft war, offene Kommunion also. Hiefür führt er nicht nur gute theologische Gründe an, sondern auch eine durch römisch-katholische Bischöfe akzeptierte Praxis in Frankreich.

An vielen Punkten kann ich tief mitfühlen mit den Gedanken von Gotthold Hasenhüttl. An manchem Punkten habe ich mich allerdings gefragt, wie er mit diesen Überzeugungen noch seiner Kirche angehören kann. Und an einzelnen Punkten hätte ich mir gewünscht, Aufschluss zu bekommen zu jenen so grundlegenden Differenzen: Dass unter den Zwölf gemäß den Evangelien keine Frauen waren - war das rein symbolisch? Oder wie begründen wir Frauen im priesterlichen Amt? Wie gehen wir um mit den theologischen Differenzen von Transsubstantiation und Konsubs­tantiation?

"Was ist zu tun?", fragt Hasenhüttl in seinem letzten Kapitel. Er plädiert für Kirchengemeinschaft mit offener Kommunion. Als Lutheranerin will ich dem gern zustimmen.

Das letzte Drittel des Buches ist eine Dokumentation der Suspendierung Hasenhüttls vom Priesteramt und der Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis. Das ist deprimierend zu lesen. Denn die ökumenische Geduld wird bei der Lektüre all dieser so paragraphenlastigen Schreiben arg strapaziert. Zurück bleibe ich mit Fragen. So viele römisch-katholische Theologen - und auch Theolo­innen - sehen gute Begründungen für eucharistische Gastfreundschaft. Wie nur sollen wir nach all den Jahrzehnten des Dialogs vorankommen, wenn die gegenseitige Anerkennung als Kirchen derart ausgeschlossen scheint, wie "Communio Sanctorum" es im Jahr 2000 formuliert hat? So beschließt die evangelische Theologin die Lektüre der ihr sehr einleuchtenden Gedanken des katholischen Theologen etwas verzagt.

Gotthold Hasenhüttl: Christen gegen Christen. Radius Verlag, Stuttgart 2010, 237 Seiten, Euro 15,-.

Margot Kässmann

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