Banking für eine bessere Welt

EKD-Kammer legt Impulspapier für eine Reform der Finanzwirtschaft vor
Geldbaum
Denise / pixelio.de

Glaube und Zweifel sind wichtige Themen für die Kirche. Gilt das aber auch für die steigende Skepsis gegenüber der Finanzwirtschaft ? Ja, meint die Kammer für nachhaltige Entwicklung der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie hat ein Papier vorgelegt, das erklärt, wie die Banken für eine bessere Welt sorgen könnten.  

Geld ist eine Sache des Glaubens. Denn schließlich müssen bedrucktes Papier oder die Zahlenreihen auf der Kontenübersicht mit Vertrauen aufgeladen werden. Vertrauen darauf, dass damit tatsächlich reale Dinge im entsprechenden Gegenwert erworben werden können und darauf, dass dieser Wert möglichst stabil bleibt. Doch was ist, wenn das Vertrauen brüchig wird, etwa durch Finanzkrisen oder Skandale wie Wirecard und betrügerische Cum-Ex-Geschäfte? Glauben und Zweifel sind ja wichtige kirchliche Themen. Gilt das aber auch für die Finanzwirtschaft? Ja, meint die Kammer für nachhaltige Entwicklung der Evangelischen Kirche in Deutschland: „Es ist nicht Aufgabe der Kirche, Finanz- und Steuerpolitik zu machen. Aber wo das Vertrauen in politische Gestaltungskraft und finanzwirtschaftliche Verantwortung erodiert ist, da wird die Kirche nicht schweigen.“

So steht es im neuesten Impulspapier der Kammer, das in dieser Woche veröffentlicht wurde. Wer sich nun darüber ärgert, dass Kirche sich mal wieder dem Zeitgeist anbiedert und sich politisch äußert, den verweisen die Autoren und Autorinnen des Papiers in einem ganzen Kapitel ausführlich auf die Historie der ethischen Aussagen zur Kreditwirtschaft. Sie ziehen den Bogen vom Alten Testament über die Kritik der Reformatoren am Wucherzins bis hin zu Papieren aus der kirchlichen Ökumene, der katholischen Kirche und der EKD aus den vergangenen Jahren. Und wem das immer noch nicht als Legitimation reicht, der sei darauf verwiesen, dass die kirchlichen Institutionen als zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland über Pensionen und andere Geldanlagen geschätzt einen zweistelligen Milliardenbetrag in den Finanzkreislauf einbringen. Und zu guter Letzt entscheidet natürlich jeder Mensch mit der Wahl seines Kontos und seiner Geldanlage auch darüber, wie sehr die Finanzwirtschaft dem sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft, der „Großen Transformation“, dient oder nicht.

Denn um nichts weniger geht es, erklärte der Kammervorsitzende Uwe Schneidewind, ehemals Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie, bei der Vorstellung des Papieres: „Die Kammer spricht sich für eine sozial-ökologische Transformation der Finanzwirtschaft aus. Der Impulstext bietet eine evangelische Orientierung für die dafür benötigten Reformschritte.“ Und die sind zahlreich und weitreichend. Nachhaltige ökofaire Geldanlage von kirchlichen Geldern, etwa im FairWorldFonds, der vor gut zehn Jahren von „Brot für die Welt“ und dem „Südwind-Institut“ mitentwickelt wurde und mittlerweile rund 1,3 Milliarden Euro verwaltet. Ein solcher Schritt ist noch leicht umzusetzen, was den Erfolg nicht schmälern soll.

Komplizierter hingegen klingt die geforderte Überprüfung jedes Finanzprodukts auf seine Kompatibilität mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Das klingt zunächst schwer durchzuführen. Allerdings hat etwa die Evangelische Bank bereits ein Instrument entwickelt, mit dem jeder Kredit auf seine Klimawirkung hin überprüft wird. Es geht also, wenn man will.

An anderen Stellen ist der lange Atem der Diplomatie gefragt. Unter anderem wird in dem Papier eine international abgestimmte Steuerpolitik gefordert, die sogenannte Steuerparadiese verhindern und eine Mindestbesteuerung von global agierenden Konzernen sichern soll. Auch eine stärkere Regulierung und Kontrolle, etwa von Rating-Agenturen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, zur Vermeidung von Finanzskandalen steht auf der Liste. Eine Stärkung der Position von Entwicklungsländern in den internationalen Finanzorganisationen wie dem IWF, ein Schuldenerlass für die ärmsten Länder und auch der mehrfach angekündigte und noch immer nicht umgesetzte Klassiker „Finanztransaktionssteuer“ in möglichst strenger Form – alles das fordern die Kirchen nicht zum ersten Mal.

Der inhaltliche Überraschungseffekt des Papieres ist in der Tat gering, was aber nicht gegen die Reformvorschläge spricht. Es ist ja nicht so, dass niemand wüsste, wie es besser ginge. Es müsste halt nur gemacht werden. Und damit das geschieht, soll das Papier nun gerade auch mit den Fachleuten aus der Branche und der Politik diskutiert werden, etwa am 15 Juli während einer digitalen öffentlichen Veranstaltung von 14 bis 16 Uhr. In den internationalen Diskurs soll das Papier ebenfalls in englischer Sprache eingebracht werden.

Wer sich als Laie an die nicht ganz unkomplizierte Materie wagen will, findet in dem Papier viele erklärende und rückblickende Passagen, die eine Einordnung erleichtern. Zudem wertvoll: Ein umfangreiches Glossar am Ende, das den Vorgang der Geldschöpfung ebenso verständlich erläutert wie die Hintergründe von Staatsverschuldungen, ethischer Geldanlage und internationaler Entwicklungsfinanzierung. Und das alles zum kostenlosen Download hier. Lohnt sich!

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.
Foto: Rolf Zöllner

Stephan Kosch

Stephan Kosch ist Redakteur der "zeitzeichen" und beobachtet intensiv alle Themen des nachhaltigen Wirtschaftens. Zudem ist er zuständig für den Online-Auftritt und die Social-Media-Angebote von "zeitzeichen". 


Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Kirche"